Die Nachwehen zu Meghan und Harrys Interview bei Oprah Winfrey drehten sich meist um Rassismus, die mentale Gesundheit und freilich den Megxit. Dabei wurde Wichtiges überhört.
Was assoziieren Sie mit dem Wort «König» oder «Adel»? Wahrscheinlich denken manche an Reichtum, Privileg, dass einem die Welt zu Füssen liegt. Eine Freiheit, die wir Normalsterblichen nicht kennen. Doch ist das wirklich so? Die «Gala» hat diesbezüglich recherchiert.
Harry widersprach im Interview dieser vermeintlichen Freiheit, sprach sogar von Gefangenschaft: «Mein Vater und mein Bruder sind gefangen. Sie dürfen nicht gehen. Und dafür tun sie mir leid», sagte der jüngere Royal-Bruder. Die glänzende Fassade des britischen Königshauses entspricht dem viel zitierten goldenen Käfig.
Nur weil er auf Fotos lächle, Leuten die Hand schüttle, geniesse er das Leben? Nein, versichert Harry. «Es ist die Rolle, die man spielt. Das wird von jedem Mitglied erwartet. Fährt das Auto vor, dann wischt man sich die Tränen weg und zeigt sich in Bestform.»
Prinz Harry ist es durch den Megxit gelungen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Er ist Nummer sechs der Thronfolge, würde sein Bruder William – seines Zeichens zweiter in der Thronfolge – Selbiges versuchen, löste er damit eine Staatskrise aus.
Eine, die in die Geschichte eingehen würde, vom Ausmass der Abdankung von König Eduard VIII. im Jahr 1936. Jener heiratete damals eine bereits zweimal geschiedene US-Amerikanerin, Wallis Simpson, was zur Verfassungskrise geführt hatte. Eduard dankte ab und blieb bis zu seinem Tod 35 Jahre später an Simpsons Seite.
Ein Zitat mit Gewicht
Im Interview mit Oprah Winfrey zeigte der TV-Sender nicht den ganzen Inhalt des Interviews, wie die «Gala» schreibt. Im Nachhinein veröffentlichte CBS allerdings noch mehrere Clips, in einem spricht Harry über seinen Bruder William: «Er kann das System nicht verlassen, ich habe es geschafft.»
Auf Rückfrage Oprahs, ob William dies denn überhaupt möchte, antwortet Harry: «Ich weiss es nicht. Ich kann nicht für ihn sprechen, aber mit dieser Beziehung und der Kontrolle der britischen Boulevardzeitungen – das ist eine giftige Umgebung.»
Offensichtlich begibt sich Prinz Harry damit auf gefährliches Terrain, schreibt «Gala». Eine Monarchie will und muss von einem König geleitet werden, der Freude, Stolz, Ehrfurcht, Hingabe und Demut an den Tag legt – dies gegenüber seines auferlegten Schicksals. Er muss sein Privileg nutzen und schätzen. Regiert ein König alleine aus dem Grund, weil er es muss, weil es seine Pflicht ist, dann verliert die Monarchie ihre Legitimation.
Sind die Royals des goldenen Käfigs überdrüssig, warum wird er dann nicht zugunsten einer Republik abgeschafft?
Wie die Mutter, so der Sohn
Schon vor vier Jahren äusserte sich Harry kritisch über den Thron. Im US-Magazin «Newsweek» sagte er damals, dass wohl niemand aus der königlichen Familie Monarch werden wolle. «Aber wir werden unsere Pflicht zur richtigen Zeit erfüllen.»
Prinzessin Diana, die Mutter von Harry, sagte im legendären Interview von 1995, Prinz Charles wäre wohl nicht sehr gut als König. «Ich kenne den Charakter von Charles, er mag seine Freiheit und diese Position würde ihn sehr einschränken. Ich weiss nicht, ob er sich darauf einstellen könnte.»
Diana, damals selbst hochrangiges Mitglied der Königsfamilie, zweifelte also öffentlich die Kompetenz des künftigen Königs an – ein No-Go. Die Prinzen Charles und William dürften darum nicht erfreut darüber sein, dass sie Harry dafür öffentlich bemitleidet und ihre Hingabe für das Amt infrage stellt.
William äusserte sich nicht öffentlich zu den Aussagen seines Bruders. Ganz im Sinne des obersten Gebots im Palast: «Beschwere dich nie, erkläre dich nie.»