Kolumne am Mittag Ein Schotte ist der grösste Patriot Amerikas

Von Fabian Tschamper

7.6.2021

Craig Ferguson während seiner Talkshow auf CBS: Der Entertainer führte immer sehr charismatisch und charmant durch die Sendung.
Craig Ferguson während seiner Talkshow auf CBS: Der Entertainer führte immer sehr charismatisch und charmant durch die Sendung.
Getty Images

Craig Ferguson ist Comedian, Talkshow-Host und Ex-Alkoholiker, er gab schon vor einer Weile seine Biografie «American on Purpose» heraus. Ein Buch, das sich zu lesen lohnt.

Von Fabian Tschamper

Bei den Amerikanern gibt es Late-Night-Talkshows wie Sand am Meer. Einige können sich einen Namen machen, Legendenstatus haben bisher nur wenige erhalten. Larry King, Jay Leno, David Letterman, das sind drei Herren, die auch bei uns gängig sind.

Craig Ferguson nicht.

Der mittlerweile 59-jährige Schotte schaut auf eine ziemlich interessante Lebensgeschichte, die er in seinem Buch «American on Purpose» («Amerikaner mit Absicht») in Form von Augenblicken niedergeschrieben hat – mitsamt dem Untertitel: Die unwahrscheinlichen Abenteuer eines unwahrscheinlichen Patrioten.

Craig Ferguson scherzt nicht. Nicht im Sinne des Witzes, sondern im Sinne der Aufrichtigkeit, der Authentizität. Das fiel mir auf, als ich die Seiten seiner Biografie umschlug. Wie viele seiner Kollegen könnte er auf den einfachen und billigen Gag setzen – auf die Muttermilch der Late-Night-Comedy quasi –, rennt dann aber in die komplett andere Richtung.

Veranschaulicht im Buch ist dies in der Anekdote, wie er den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush 2009 kurz vor dessen Abtritt beim Dinner im Weissen Haus trifft.

Ferguson war als Entertainer gebucht. Offensichtlich wäre es ein Kinderspiel, sich über die katastrophale Präsidentschaft Bushs zu mokieren. Doch was macht er stattdessen? Er sympathisiert mit Bush, einem ebenfalls trockenen Alkoholiker, stösst mit ihm mit einem Glas Blöterliwasser an.

Ein Buch eines Komikers, das mutig eröffnet und den klaren Ton für den Rest der Seiten setzt. Er will keine Witze reissen, eher Weisheit verbreiten.

Eine zwanghafte Persönlichkeit

Ferguson war während den 1980ern und zu Beginn der 1990er drogenabhängig und alkoholsüchtig. Sein exzessiver Konsum dieser Rauschmittel liessen seine Gesundheit und Karriere leiden. Nach einer erfolgreichen Rehabilitation wanderte er von Schottland in die USA aus – ein Neubeginn musste her, alles sollte hinter sich gelassen werden. Eine gute Entscheidung, wenn du mich fragst.

Das ist die Kurzfassung.

Der Schotte war schon während seines «Jahrzehntrauschs» in der Entertainment-Industrie tätig. So konnte er in den USA seine eigene Talkshow gründen: Die «Late Late Show» war eine einzigartige Sendung, die sich bis heute von der Konkurrenz abhebt. Er schaffte es nämlich, eine intime Beziehung mit seinem Publikum zu pflegen. Gleiches schafft er auch in seinem Buch. Er erzählt die Lebensgeschichte eines Komikers, ohne dass ihm der Witz in die Quere kommt.

«Ich habe eine zwanghafte, Sucht erzeugende Persönlichkeit», schreibt Ferguson über sich selbst. «Ich muss alles hundertmal probieren, einfach um sicher zu gehen, dass ich es nicht mag.»

Der wohl stolzeste Patriot der USA

Dem Alkohol hat er längt abgeschworen, doch eine Sucht bleibt: Er liebt Amerika. Das viel zitierte Land der unbegrenzten Möglichkeiten hiess einen «komisch sprechenden Schotten mit kaputter Vergangenheit und einem unheimlichen Lachen» willkommen und machte ihn berühmt.

Er schliesst das Buch mit einem patriotischen Satz, wie es wohl nur ein ehemaliger Nicht-Amerikaner schreiben könnte. Er sei so stolz, das Land der Freiheit seine Heimat zu nennen. Ich schliesse mit einem Craig-Ferguson-Zitat, das mir von all den Inhalten, die ich über ihn konsumiert habe, geblieben ist.

«Wir können uns auf etwas einigen: Ich bin mit Abstand der Coolste hier. Und warum? Weil ich alle Menschen – ob Leonardo DiCaprio oder den Gärtner – mit absolut gleichem Respekt behandle.» Eine Haltung, die sich auch in seinem Buch widerspiegelt.

Regelmässig gibt es werktags um 11.30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.