Kolumne am Mittag Das italienische Rock-Erdbeben 

Von Carlotta Henggeler

4.6.2021

Sie sind die Antithese zum italienischen Seicht-Pop à la Eros Ramazzotti und Laura Pausini: Die römischen Glam-Rocker und ESC-Gewinner Måneskin. Jetzt erobern sie Europa im Tempo eines Freccia-Rossa-Schnellzuges.

Von Carlotta Henggeler

So viel Aufregung um einen ESC-Gewinner gab es in der Geschichte der europäischen Sing-Contests schon lange nicht mehr. Zuletzt, als die finnischen Brachial-Musiker «Lordi» 2006 in hässlichen Masken den Sieg in Athen holten.

Und dieses Jahr wiederholt sich das Phänomen. In hautengen und knappen 70ties Klamotten, dafür mit umso mehr Schminke im Gesicht boten die römischen Rocker ein Kontrast-Programm zum oft gehörten Pop-Einheitsbrei vieler ESC-Teilnehmer.  



Mit ihrem Protest-Song «Zitti e  buoni» und ihrem eigenwilligen Style trafen sie – zur Überraschung vieler – den Geschmack der Jury und Zuschauer. Nur die 60 Millionen Einwohner Italiens spürten das Måneskin-Erdbeben wohl schon vorher anrollen.

Die Band um Leadsänger Damiano David, 22, ist in Bella Italia schon länger Kult. 2017 werden sie bei «X Factor» zweitplatzierte – und im März 2021 gewinnen sie das Musikfestival von San Remo. 

In Italien werden sie seitdem verehrt, auch Star-Fotograf Oliviero Toscani lässt sich von der Band einspannen. Jener Fotograf, der mit seiner Benetton-Kampagne für einen Skandal im bigotten Italien sorgte. 

Vom Schulsaal direkt zu den grossen Festivals

«X Factor», das Festival von San Remo. Quo vadis, Maneskin? Die ehemalige Schülerband erobert die Musikwelt im Eiltempo. In der Schweizer Hitparade sind sie mit «Zitti e buoni» auf Platz zwei. Auf dem Hit-Thron ist aber Gjon's Tears mit «Tout l'Univers».

Doch die Rechnung geht für die Italo-Rocker um Damiano David voll auf. Ihre italienischen Gigs sind dieses Jahr schon ausverkauft. Wer die Band sehen will, der hat 2022 wieder gute Chancen. Dann spielen sie sogar an den ganz grossen Festivals wie Rock am Ring oder Rock im Park.

«Zitti e buoni», also still sein und brav sein, das werden Måneskin noch lange nicht. Der Eurovision Song Contest, die Startrampe für die Schülerfreunde aus der ewigen Stadt für die grossen Bühnen der Welt. 

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.