Geschichte David Hasselhoff: «Lügen ist irgendwie normal geworden»

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6.11.2019

Mit «Looking for Freedom» hat David Hasselhoff eine der bekanntesten Hymnen der Wiedervereinigung geschaffen. Im Interview spricht er über den Mauerfall, geschmuggelte Ware und normale Lügen.

Man liebt oder hasst David Hasselhoffs «Looking for Freedom». Ganze 32 Wochen okkupierte die Hymne die Schweizer Chart-Spitze. Bis heute ist sein Auftritt vor 500'000 Menschen an der Berliner Mauer an Silvesterabend 1989 legendär.

Jetzt erzählt der «Baywatch»-Held in der TV-Sendung «Die unglaublichsten Mauerfallgeschichten» seine persönlichen Erlebnisse rund um den 9. November 1989.

Sat.1 hat «The Hoff» zum Interview getroffen und mit dem 67-Jährigen über den Schicksalstag der deutsch-deutschen Geschichte, Schmuggel am Checkpoint Charlie und seine politische Botschaft gesprochen.

Herr Hasselhoff, erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie erfuhren, dass die Berliner Mauer gefallen ist?

Mein guter Freund Eugen aus Deutschland rief mich an diesem Tag an und erzählte mir vom Mauerfall. Drei Monate zuvor hatte ich ihn noch gefragt: ‹Hey Eugen, wann verschwindet endlich diese Mauer?› Seine Antwort war nur: ‹Das werde ich nicht mehr erleben.› Keiner von uns konnte wissen, dass es nur kurze Zeit später so weit sein sollte!

Wie fiel Ihre erste Reaktion darauf aus?

Für mich war es eine grosse Überraschung. Ich konnte gar nicht genug Informationen bekommen. Die amerikanischen Medien haben zunächst ja gar nicht realisiert, welch enorme Bedeutung dieses Ereignis für die ganze Welt haben sollte. Aber ich wusste das sofort.

Und auch 30 Jahre später lässt Sie dieses Ereignis immer noch nicht los ...

Das stimmt. Ich gebe heute noch Interviews vor dem Brandenburger Tor. Die ‹New York Times›, die ‹Washington Post›, sie alle wollen wissen, wie ich den Fall der Mauer erlebt habe. Manchmal kommt es mir so vor, als würden wir in den USA erst jetzt verstehen, wie wichtig es war, Familien nach einer so langen Zeit der Trennung wieder zu vereinen und der Teilung Deutschlands ein Ende zu setzen.

Als einer von wenigen US-Künstlern waren Sie in der DDR. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Besuch?

Es fühlte sich damals wirklich an, als würde man von einer bunten in eine schwarz-weisse Welt wechseln – so gross war damals der Unterschied zwischen West- und Ostberlin. Ich erinnere mich noch an drei Mädchen, die mich auf der Strasse um ein Autogramm baten. Ich fragte sie: ‹Woher kennt ihr mich? Aus Knight Rider?› Sie antworteten: ‹Nein, du bist der, der von Freiheit singt!› Das hatte ich vorher noch nicht erlebt.

Wie ging es mit den Mädchen weiter?

Wir machten gemeinsam ein Foto, und ich versprach ihnen mit einem Geschenk zurückzukommen. Ein Journalist aus Westberlin veröffentlichte die Geschichte am nächsten Tag in einer Zeitung. Ich schmuggelte ein Exemplar an den DDR-Grenzern am Checkpoint Charlie vorbei und schenkte sie den drei Mädchen. Die waren vollkommen aus dem Häuschen, als sie sahen, dass sie es bis in eine Zeitung aus dem Westen geschafft hatten.

Pünktlich zum Jubiläum des Mauerfalls gehen Sie in Deutschland mit einem neuen Album auf Tour. Zufall?

Ich mache vor allem Musik, um die Menschen zu unterhalten. Meine Konzerte sollen wie gewohnt eine grosse Party werden. Aber mit meinem neuen Album (‹Open Your Eyes›) soll natürlich auch eine kleine Botschaft gesendet werden. Es geht darum, die Augen zu öffnen, für all die Lügen, die momentan auf der Welt verbreitet werden.

Welche Lügen fallen Ihnen spontan ein?

Das fängt beim Klimawandel an und hört mit dem Gefühl auf, dass Lügen irgendwie normal geworden ist. Viele Menschen sind immer noch auf der Suche nach Freiheit. Ich habe das Gefühl, dass diese im Moment an vielen Stellen eingeschränkt wird. Es ist nicht cool, Menschen zu belügen. Es ist cool, die Person neben dir zu umarmen, egal welche sexuelle Orientierung, Hautfarbe oder Religion sie hat.



Sie sehen sich als Künstler also auch in der Rolle, politische Verantwortung zu übernehmen?

Ich habe die tolle Möglichkeit durch meine Musik zu kommunizieren. Das beste Beispiel ist ‹Looking For Freedom›. Dieses Lied ging in die Köpfe der Menschen. Niemand in Westberlin wusste, wie der Text weitergeht, aber ‹Looking for Freedom› konnte sich jeder merken. Auch 30 Jahre später hat der Song immer noch dieselbe Botschaft. Gerade Musik und Sport haben eine grosse Kraft, Menschen zusammenzubringen.

Glauben Sie, wir bräuchten wieder mehr von diesem damaligen Spirit?

Wäre es nicht toll, wenn jeder von uns einen Tag lang sein Handy ausschalten würde? Wir wären dazu gezwungen wirklich miteinander zu reden. Die Welt hat aufgrund der fehlenden unmittelbaren Kommunikation an Menschlichkeit verloren. Leider muss wahrscheinlich erst etwas wirklich Schlimmes passieren, damit die Welt wieder zusammenfindet. Hoffentlich schaffen wir das auch anders, denn wir brauchen Zusammenhalt.

«Wahnsinn Wande!» läuft am Freitag, 8. November, um 20:15 Uhr auf Sat.1. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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