Der deutschen Popstar-Gruppe No Angels verdanke ich das Trauma meines Berufslebens. Deshalb war ich lange nicht gut auf sie zu sprechen – bis zum Comeback.
Es gibt Momente, die brennen sich für immer ins Gedächtnis ein. Einer davon war der erste Auftritt samt Autogrammstunde der No Angels 2001 im Shoppingcenter Tivoli in Spreitenbach.
Nadja Benaissa, Lucy Diakovska, Sandy Mölling, Vanessa Petruo und Jessica Wahls waren damals die Görls der Stunde, ihr Hit «Daylight» wurde von allen Sendern pausenlos rauf- und runtergenudelt. Ihre Fan-Community war intergalaktisch gross – auch in der Schweiz.
Mit Block, Stift und Kamera bewaffnet fuhr ich zum Angel-Encounter ins Shoppi Tivoli. Als junge People-Reporterin einer Pendlerzeitung freute ich mich aufs engelhafte Mini-Konzert im Shoppingtempel. Gut gelaunt machte ich mich auf nach Spreitenbach.
Doch bei der Ankunft verging mir die gute Laune schlagartig. Das Tivoli war zum Bersten voll, der Schrei-Pegel der (hauptsächlich jungen, weiblichen) Fans gefährlich nah an der Tinnitus-Grenze.
Ich fluchte innerlich – sehr laut. Statt Block und Stift hätte ich mich besser in Eishockey-Montur auf Reportage begeben sollen. Aber auch damit wäre ich wohl nicht in die Nähe der Bühne gelangt. Also kämpfte ich mich mutig Schrittchen für Schrittchen nach vorn. Immer tiefer in die Menschenmasse hinein, der betörenden Wolke aus zu viel Parfüm und Deo. Der olfaktorische Tod.
Und so klang die Girlgroup damals. Vanessa Petruo, Sandy Mölling, Nadja Benaissa, Jessica Wahls und Lucy Diakovska sind die Gewinnerinnen der Castingshow «Popstars» auf RTL2 im Jahr 2000.
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Je weiter ich in die Fanmasse eintauchte, desto mulmiger wurde es mir. Die Kamera hatte ich wie einen Rugby-Ball festgekrallt, den Block und den Bleistift dazu auch – irgendwie. Not macht bekanntermassen erfinderisch.
Doch die Tortur zahlte sich nicht aus. Der angekündigte Mini-Gig musste abgeblasen werden. Das Einkaufszentrum hatte nicht mit solch einem Andrang gerechnet – die spärliche Security war völlig überfordert.
Glück im Unglück: Ich verlor in der Masse nur die Kamera-Hülle. Dafür gab's auf der Redaktion Schelte. Statt einer Konzertberichterstattung berichtete ich halt vom No-Angel-Konzert-Fiasko im aargauischen Nirgendwo.
Ein kontinuierliches Auf und Ab
Nach dem kometenhaften Aufstieg und zig eingeheimsten Preisen zerfällt die Band peu à peu bis zur Abschiedstournee 2003. 2007 gibt's ein erstes Comeback der legendären Girlgroup, 2008 einen Auftritt am Eurovision Song Contest in Belgrad. Ein Fiasko, sie landen mit ihrem Song «Disappear» auf Rang 23 von 25 Teilnehmern. Zwei Jahre später der Hammmer, Nadja Benaissa wird im April 2009 in Frankfurt festgenommen. Der Vorwurf? Ungeschützten Sex, obwohl sie um ihre HIV-Infektion wusste. Zu viel für die Popsängerin, sie verabschiedet sich im Juli 2010 von der Band.
Fortan geht man eigene Wege, konzentriert sich auf die eigene Karriere. Gemeinsame Auftritte gibt es nur wenige.
Und immer wieder spekulieren deutsche Medien über ein Comeback der gefallenen Nicht-Engel. Bis sich die Wunsch-Schlagzeile bewahrheitet.
Wie Phönix aus der Asche tauchen sie wieder auf. Stärker denn je und mit neuen Plänen im Gepäck. Nadja Benaissa, Sandy Mölling, Lucy Diakovska und Jessica Wahls – die Spice Girls made in Germany – arbeiten mit Hochdruck an einem neuen Album, wie sie kürzlich in einem Interview verraten haben. Wie das klingen und herauskommen soll? Da lassen sich die vier (B)Engel nicht zu sehr in die Karten gucken. Wäre ja auch langweilig.
Regelmässig gibt es werktags um 11.30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.