Oliver Keller arbeitet seit 1996 als Stuntman. Neben vielen Narben und sonstigen Verletzungen setzen sich Stuntfrauen und -männer auch lebensbedrohlichen Situationen aus.
Ein Stuntman soll auch wie der Schauspieler aussehen: Links Keller, rechts Joe Manganiello.
Der gross gewachsene Keller mit Oscar-Preisträgerin Kathy Bates.
Auch Superman zählt der Schweizer Stuntman zu seinen Freunden: Hier beim Selfie mit Henry Cavill.
Oliver Keller arbeitet seit 1996 als Stuntman. Neben vielen Narben und sonstigen Verletzungen setzen sich Stuntfrauen und -männer auch lebensbedrohlichen Situationen aus.
Ein Stuntman soll auch wie der Schauspieler aussehen: Links Keller, rechts Joe Manganiello.
Der gross gewachsene Keller mit Oscar-Preisträgerin Kathy Bates.
Auch Superman zählt der Schweizer Stuntman zu seinen Freunden: Hier beim Selfie mit Henry Cavill.
Der US-amerikanische Schauspieler Alec Baldwin erschiesst eine Kamerafrau während der Dreharbeiten zu «Rust». Wie kann ein solcher Unfall passieren? Im Interview versucht Stuntman Oliver Keller, den Vorfall zu erklären.
Der Schweizer Stuntman und -koordinator Oliver Keller arbeitet seit Jahren in Hollywood. Zu seinen Projekten gehören unter anderem «Wrath of Man» (2021), «Live by Night» (2016) und «Kiss & Kill» (2010).
Im Interview spricht er über Sicherheit an Filmsets und wer wohl die Schuld an der Baldwin-Tragödie trägt.
Oliver Keller, Hollywood-Star Alec Baldwin feuert beim Dreh mit einer Requisitenwaffe – die Kamerafrau wird tödlich getroffen, der Regisseur verletzt. Wie kann das passieren?
Es besteht die Möglichkeit, dass eine echte Waffe am Set war – genauer: eine Waffe mit durchgehendem Lauf. Film-Waffen haben eigentlich einen manipulierten Lauf, in welchem nicht genug Druck aufgebaut werden kann, um die Waffe abzufeuern. Eigentlich ist das Regel Nummer eins: Es sollte niemals eine echte Waffe am Set sein. Auch wenn sie nur herumliegt. Gleiches gilt für scharfe Munition.
Es ist bestimmt nicht Alec Baldwins Schuld, eher die des Waffenspezialisten.
Auf einem Set hat es also immer einen Waffenspezialisten, der die Waffen vorbereitet und die Schauspieler*innen instruiert?
Ich habe das in meinen über 20 Jahren in den USA immer so erlebt. Es gibt einen prop master, einen Requisiten-Chef, der sich auch um allfällige Requisitenwaffen kümmert. Sollte ein Film sehr waffenfokussiert sein, wird ein Spezialist dafür engagiert.
Wenn eine Waffe in einer Szene verwendet wurde, wird diese danach sofort wieder dem Spezialisten übergeben. Zumindest sollte dies so sein, es wird wohl nicht in 100 Prozent der Fälle zutreffen.
«Beim Waffenmeister ist wohl etwas schief gelaufen»
Die Filmbranche ist über den Schusswaffen-Vorfall von Alec Baldwin am Set von «Rust» tief bestürzt. Wie konnte so ein fataler Fehler passieren? blue-News-Filmexperte Fabian Tschamper hat mit dem erfahrenen Schweizer Stuntman Oliver Keller gesprochen.
22.10.2021
Wie werden die Waffen genau gehandhabt?
Sie werden oft geprüft. Jedes Mal wenn ein Schauspieler oder eine Stuntperson eine Waffe in die Hand gedrückt bekommt, wird diese kontrolliert. Dabei wird beispielsweise mit einer Taschenlampe in den Lauf geleuchtet, um sicherzugehen, dass dieser frei ist.
Diese prop guns gehen durch verschiedene Hände, bis sie beim Schauspieler*in landen. So ein Unfall darf schlicht nicht passieren. Trotz aller Vorkehrungen ist die Sicherheit am Set scheinbar nicht gegeben?
Alle Beteiligten wissen, wie die Szene aufgebaut ist, wie gross die Distanz zwischen Schütze und Ziel ist. Das wird getestet: Wie weit entfernt steht das Ziel, besteht die Möglichkeit, dass es wirklich getroffen wird. Der Waffenspezialist müsste die Waffe im Normalfall mit einer weissen Zielscheibe testen. Dabei schaut er darauf, ob etwas aus dem Lauf kommt und wie weit das allfällige Projektil fliegt.
Mit Ihrer Erfahrung, denken Sie, der Umgang mit Waffen an Sets ist zu locker?
Überhaupt nicht. Als ich an der Polizei-Serie «The Rookie» gearbeitet habe, waren die Sicherheitsmassnahmen sehr strikt: Mit den Waffen wird nicht gespielt, selbst wenn sie aus Plastik oder Gummi sind. Man soll sie immer behandeln und respektieren, als seien sie echt und geladen. Dabei gilt es auch, den Finger nie an den Abzug zu legen.
Diesen Fehler begehen Laien oft. Sobald sie eine Waffe für eine Szene in die Hand bekommen, ist der Finger sofort am Abzug.
In meiner Karriere habe ich den Umgang mit Waffen immer sehr professionell erlebt.
Haben Sie schon Unfälle bei der Arbeit erlebt? Auch tödliche?
Bei einem tödlichen Unfall war ich noch nie dabei. Und ich mache das bald seit 30 Jahren. Ein gewisses Risiko trägt man, das ist schlicht so. Es ist zusätzlich unfassbar wichtig, wen man als Stuntkoordinator*in oder Waffenspezialist*in engagiert.
Was könnte dieser Unfall beim Dreh von «Rust» nun für Konsequenzen haben?
Es ist schwierig zu sagen, wer wirklich Schuld hat. Der erste Regie-Assistent ist eigentlich verantwortlich für die Sicherheit am Set. Das ist ein unheimlicher Druck. Er muss die Drehpläne im Überblick behalten und Drehzeiten einhalten. Der First-Assisting-Director schaut, dass alle ihren Job machen und ist gerade bei einer Waffenübergabe an einen Schauspieler eines der letzten Crew-Mitglieder, das die Waffe nochmals kontrolliert.
Man nimmt das wirklich nicht auf die leichte Schulter. Das Risiko ist da, auch wenn in dem Zusammenhang in der Vergangenheit wenig passiert ist. Trotzdem: Ein Fall in 50 Jahren ist schlicht zu viel.
Möglicherweise ein fehlerhafter Umbau
Der deutsche Journalist und Fachdozent für Waffensachkunde Lars Winkelsdorf erklärte auf Twitter die Technik hinter einer solchen Requisitenwaffe. In seinem Tweet schreibt er etwa, solche Film-Waffen entstehen aus echten. Sie würden dabei entsprechend umgebaut, je nach Modell sei dies mehr oder weniger kompliziert.
Winkelsdorf hat die Theorie, dass beim Umbau von Baldwins Waffe ein Fehler passiert sein müsse. Scharfe Munition würde bei einer Requisitenwaffe dem Schützen mehr Schaden zufügen, da sie höchstwahrscheinlich beim Abdrücken kaputtgehe.
Weiter schliesst der Journalist die Möglichkeit eines Fremdmaterials im Lauf ebenfalls aus. Der Fremdkörper, etwa Sand oder Steinchen, würde dabei schlicht aus dem Lauf «herausgeblasen» und keine grosse Verletzungsgefahr mit sich bringen.
Winkelsdorfs komplette Erklärung findest du hier.