SRF-Moderatorinnen im Style-Check«So laufen Pensionärinnen herum»
Von Bruno Bötschi
3.12.2022
SRF-Moderatoren im Style-Check: «Vieles sieht sehr nach Mainstream aus»
Früher sorgten SRF-Moderatoren gewollt oder ungewollt mit ihren Outfits für Aufsehen. Und heute? Mode- und Stilexperte Jeroen van Rooijen beurteilt die Outfits für blue News.
25.11.2022
Ob klassisch oder modern: Bei den SRF-Moderatorinnen ist alles dabei. Mode- und Stilexperte Jeroen van Rooijen beurteilt die Outfits für blue News.
Von Bruno Bötschi
03.12.2022, 06:45
05.12.2022, 14:39
Bruno Bötschi
Jeroen van Rooijen, gestern haben wir über den modischen Auftritt der SRF-Moderatoren gesprochen. Heute möchte ich mit dir über die Kleiderwahl der Moderatorinnen reden.
Ich zeige dir nun nach dem Zufallsprinzip Bilder von zehn SRF-Moderatorinnen und einem -Moderator. Nach kurzer Bedenkzeit möchte ich von dir jeweils eine knackige Einschätzung zum Outfit hören.
Jennifer Bosshard, «G&G – Gesichter und Geschichten»-Moderatorin
«Mir gefällt der nicht mehr ganz neue Namen der Sendung ‹G&G – Gesichter und Geschichten› noch immer nicht. Zum alten Namen ‹Glanz & Gloria› hätte die silberne Rüeblihose von Jennifer Bosshard auf jeden Fall besser gepasst.
Die schwarzen High Heels sind etwas altbacken. Zum Glück trägt sie keine Strümpfe dazu, sonst wäre der Auftritt schon fast bieder.
Die Rüschen-Bluse hingegen sorgt für etwas Drama. Das ist cool. Sie passt auch gut zur frisch aus dem Lockenwickler gezogenen Glamourwelle. Fazit: Dieser Auftritt verursacht keinen Landschaden.»
Fabienne Gyr, «Samschtig-Jass»-Moderatorin
«Thematisch ist die Bluse von Fabienne Gyr gut gewählt. Das Oberteil hat etwas Trachtenmässiges, ist aber gleichzeitig modern geschnitten und trotz des Allover-Motivs fernsehtauglich.
Das Herz-Muster ist allerdings derart auffällig, dass diese Bluse wohl nicht allzu regelmässig in einer Fernsehsendung getragen werden kann – nachhaltig ist das also nicht.
Die halb lange Frisur mit dem Farbspiel zwischen Dunkel und Blond finde ich aber sehr sympathisch.»
Kathrin Winzenried und Bettina Ramseier, «Kassensturz»-Moderatorinnen
«Auf diesem Bild sehen die zwei wie strenge Lehrerinnen aus, die im Klassenzimmer auf ihre Schüler*innen warten. Doch das passt ganz gut zur Sendung ‹Kassensturz›, die ja auch gern Menschen auf die Finger klopft und erzieherisch wirkt.
Die Bluse von Kathrin Winzenried mit dem Minimal-Krägli ist gut gewählt. Allerdings würde ich sie nicht bis ganz oben zuknöpfen. Was ich nicht verstehe, sind die offen herumbaumelnden Ärmel-Manschetten.
Beim Anblick von Bettina Ramseier bin ich ambivalent: Die blaue ‹Mom›-Jeans ist gut gewählt. Die Bluse wäre es auch, doch der hellbraune Strickpullunder würde irgendwie besser zu einem Langarm-T-Shirt oder einem Rollkragenpulli passen.»
Sandra Boner, «Meteo»-Moderatorin
«Der Look von Sandra Boner ist etwas in die Jahre gekommen – so laufen Pensionärinnen herum. Die helle Biker-Lederjacke will auf sportlich-elegant machen, doch in der Kombination mit der weissen Capri-Hose und dem sommerlichen T-Shirt ist es an der Grenze zur Biederkeit.
Die Turnschuhe sind gut gewählt und passen zum Open-Air-Studio von ‹Meteo› auf dem Dach. Einen Extrapunkt gebe ich für die Frisur: Sie ist typengerecht und wirkt frisch.»
Angélique Beldner, «Tagesschau»- und «1 gegen 100»-Moderatorin
«Wow, solche Frauen sollte es beim Schweizer Fernsehen SRF mehr geben. Angélique Beldner ist für mich das Aushängeschild für Diversität bei unserem Staatsfernsehen.
Einfacher Anzug, adrette Bluse, spitze Ballerinas: Der Look ist erfrischend und total cool. Die kräftigen Farben passen zudem wunderbar zu Angélique Beldner. Ich finde auch schön, dass sie Schmuck trägt. Die meisten anderen SRF-Moderator*innen gehen damit deutlich zurückhaltender um.
Ich frage mich gerade, ob Angélique Beldner für diesen tollen Auftritt mit dem SRF-Stylingteam fighten musste? So oder so: Sie ist meine absolute Favoritin unter den SRF-Moderatorinnen.»
Andrea Vetsch, «Tagesschau»-Moderatorin
«Ein sehr lässiger Auftritt von Andrea Vetsch. Die blaue Seidenbluse zu der hellen Buntfalten-Hose ist eine gute Wahl; auch die Frisur mag ich sehr.
Einen kleinen Punktabzug gibt es für die eigenartige Brusttasche. Sie wirft genau dort einen Schatten, wo man sich keinen wünscht.»
Cornelia Boesch, «Tagesschau»-Moderatorin
«Moderiert Cornelia Boesch die ‹Tagesschau› wirklich in diesem Gucci-Kleid? Oder ist es ein Look-a-like-Gucci-Teil?
Mir ist dieses Kleid nun doch einen Tick zu festlich. Es würde besser zu einem Weihnachts-Special oder in die Silvester-Sendung passen.
Den schwarzen Nagellack hingegen mag ich, auch wenn der möglicherweise bei den älteren TV-Zuschauer*innen für Diskussionsstoff sorgen könnte – die kennen das noch von früher bei den Grufties und Emos.»
Bigna Silberschmidt, «10 vor 10»-Moderatorin
«Die Verantwortlichen beim SRF haben aktuell ein gutes Händchen für telegene Frauen – das zeigt auch dieses Beispiel. Mühe habe ich einzig mit der Bluse von Bigna Silberschmidt.
Sie ist ein eigenartiger Zwitter. Sie will festlich sein, wirkt aber zu voluminös – unter anderem auch wegen der beiden saloppen Brusttaschen. Ansonsten ist aber alles prima, also auch Frisur und Make-up.»
Gion-Duri Vincenz und Franziska Ramser, «Rundschau»-Moderatoren*in
«Jesses, wurden diese beiden Moderatoren als Altlast vom einstigen DDR-Fernsehen übernommen? Gion-Duri Vincenz und Franziska Ramser sehen auf diesem Bild so aus, als seien sie modisch vor längerer Zeit stehengeblieben.
Sorry, lieber Gion-Duri Vincenz, aber ein dunkles Hemd zu einem hellen Anzug sieht nie gut aus. Meines Erachtens ist das ein modischer Missgriff.
Der konservative Chic von Franziska Ramser mit dem High-Waist-Rock und der Seiden-Bluse dagegen finde ich bemerkenswert. Möglicherweise ist nur der Kragen zu stark mit dem Bügeleisen malträtiert worden.»
Damit sind wir mit den SRF-Moderatorinnen durch. Dein Fazit?
Jeroen van Rooijen, aufgewachsen in der Ostschweiz, hat er an der Zürcher Hochschule für Gestaltung Mode studiert. Das journalistische Handwerk erwarb in den 1990er Jahren bei Radio Zürisee, Radio 24, der «Annabelle» und der Modezeitschrift «Bolero». Ab 2003 prägte er während 15 Jahren die Lifestyle-Seiten der «NZZ» und der «NZZ am Sonntag». Von 2014 bis 2019 war er ausserdem regelmässig mit dem «Stiltipp» auf Radio SRF3 zu hören. Seit 2018 ist van Rooijen als freischaffender Entwickler von Content-Strategien tätig und schreibt Kolumnen.
Ich finde, der Look unserer Fernsehmoderator*innen reflektiert unsere Zeit und unser Land recht gut.
Das TV-Studio von SRF steht zwar am Rand der Stadt Zürich, die Kleider der Moderatorinnen tun es jedoch nicht. Ihr urbaner Charakter passt gut zu einer Schweiz, in der immer mehr Menschen in städtischen Agglomerationen leben. Die Zeit der helvetischen Land-Romantik ist bei SRF vorbei.
Wo kann SRF noch besser werden?
Was ich mit etwas Ernüchterung feststelle: Die Zeiten von auffälligen, blauhaarigen Moderatorinnen wie Mona Vetsch scheinen beim Schweizer Fernsehen SRF vorerst vorbei zu sein.
Es sieht stattdessen alles nett und nach Mainstream aus. Mir fehlen, das sagte ich bereits bei den SRF-Moderatoren, ein paar nicht-alltägliche Figuren, die Farbe ins Spiel bringen und aus der Reihe tanzen.
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Nagellack bei Männern? Ist plötzlich überall zu sehen. blue News Redaktor Bruno Bötschi wollte wissen, wie es sich anfühlt, auf der Bahnhofstrasse in Zürich Farbe zu zeigen.