Regisseur Michael Steiner zum ZFF-Start «Ich darf machen, was ich liebe – aber reich werde ich damit nicht»

Von Lukas Rüttimann

28.9.2023

Eröffnet das ZFF: Michael Steiner und sein neuer Film «Early Birds».
Eröffnet das ZFF: Michael Steiner und sein neuer Film «Early Birds».
Bild: Michael Steiner

Der Zürcher Michael Steiner eröffnet mit seinem neuen Film «Early Birds» das Zurich Film Festival – und gleichzeitig den neuen Kino-Komplex «Frame». Im Interview erzählt er, warum das Langstrassen-Setting für die ZFF-Premiere so passend ist.

Von Lukas Rüttimann

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Heute startet das Zurich Film Festival.
  • Michael Steiners neuer Film «Early Birds» eröffnet das Festival und gleichzeitig den neuen Kino-Komplex «Frame».
  • Zuletzt hatte der Rgeisseur für Aufsehen gesorgt, als er die Schweizer Filmförderung kritisierte und seine Finanzprobleme schilderte.
  • Im Interview spricht er über seinen Film, das ZFF und seine Zusammenarbeit mit Netflix.

Michael Steiner, Ihr neuer Film «Early Birds» eröffnet das ZFF – so, wie das schon «Morgen seid ihr tot» 2021 und «Sennentuntschi» 2011 getan haben. Was ist diesmal anders?

Was anders ist? Vor allem der Spielort. «Early Birds» darf gleichzeitig das neue «Frame», das ehemalige «Kosmos»-Kino, eröffnen. Das ist eine unglaubliche Ehre. Wenn dein Film dann auch noch auf allen sechs Leinwänden läuft, ist das so ziemlich das Nonplusultra. Nicht zuletzt, weil das «Frame» technisch wahrscheinlich eines der besten Kinos der Schweiz ist.

Und der Umstand, dass Ihr Film das Festival eröffnet?

Das ist sozusagen die Kirsche auf der Torte. Für einen Filmemacher gibt es nichts Besseres, als wenn dein neues Werk ein Festival eröffnen kann. Ich habe ein gutes Gefühl mit «Early Birds», weil er ein unterhaltsamer, irgendwie aus der Hüfte geschossener Film mit einem sauguten Cast ist, der ein Publikum fesseln kann. Er hat keine grosse Botschaft, er will einfach unterhalten.

Wird das für das ZFF-Premierenpublikum funktionieren?

Da bin ich mir sicher, ja. Spannend wird, ob dieser für ein junges Zielpublikum produzierte Film bei einem eher älteren Publikum ankommt. Der Film richtet sich an 16- bis 35-Jährige, würde ich sagen. Aber ich freue mich, ihn einem älteren Publikum zu servieren. Zumal die Leute nach dem Ende der Premiere quasi auf dem Filmset stehen.

Wie meinen Sie das?

Nun, ich habe den Film hier um die Ecke gedreht, unter anderem in der «Olé olé»-Bar. «Early Birds» ist mein Langstrassenfilm, aber natürlich konnte niemand ahnen, dass er seine Premiere im «Frame», also gleich neben der Langstrasse, haben wird. 

Michael Steiners neuer Film «Early Birds» spielt an der Langstrasse.
Michael Steiners neuer Film «Early Birds» spielt an der Langstrasse.
Bild: ZFF

Welche Bedeutung hat das ZFF für Sie im Jahr 2023?

Eine enorm wichtige. Als ich angefangen habe, Filme zu drehen, hatte Zürich kein Filmfestival. Heute haben wir ein sehr etabliertes. Zürich ist mein Arbeitsort, Zürich ist meine Heimat. Meine Filme quasi vor der Haustür zeigen zu können, ist grossartig. In der heutigen Zeit sind Festivals als Events für die Kinobranche umso wichtiger.

Sie haben kürzlich ein aufsehenerregendes Interview in der NZZ gegeben, in dem Sie unter anderem die Fördergeldpolitik für Filme in der Schweiz kritisierten. Welche Reaktionen hatten Sie darauf?

Sehr viele positive. Ich glaube, den Leuten hat eingeleuchtet, dass man keine Schere im Kopf haben sollte, wenn es um künstlerische Entscheide geht. Es wurde auch verstanden, dass der Schweizer Film kaum für Nazifilme oder andere inhaltliche Entgleisungen steht – und dass die meisten Filme die Vorgaben ohnehin erfüllen. Also bitte, was soll das Ganze?

Gab’s auch Kritik?

Auf jeden Fall. Aber mir hat niemand etwas direkt ins Gesicht gesagt. (lacht)

Sie haben auch Ihre finanzielle Situation sehr offen dargelegt. Bereuen Sie das im Nachhinein?

Überhaupt nicht. Alle hatten immer das Gefühl, ich müsse steinreich sein. Aber das bin ich wirklich nicht. Ich verdiene mit einem Film so viel wie ein Sekundarlehrer. Wenn ich Pech habe, muss ich zwischen Projekten auch mal aufs Arbeitsamt, das ist die Realität. Zum Glück lief es mir die letzten Jahre recht gut.

Aber am Hungertuch nagen müssen Sie auch nicht.

Nein, natürlich nicht. Es ist klagen auf hohem Niveau. Ich will auch gar nicht klagen; ich darf machen, was ich liebe. Nur reich werde ich damit nicht.

Ort der Premiere: der neue Kino-Komplex «Frame», das ehemalige «Kosmos» in Zürich.
Ort der Premiere: der neue Kino-Komplex «Frame», das ehemalige «Kosmos» in Zürich.
Bild: ZFF

Welche Perspektiven bietet Ihnen Netflix, die «Early Birds» ab 2024 ins Programm aufnehmen?

Ein sehr spannende. Zum Drehen ist es enorm unbeschwert. Man muss durch keine Fördermühle; wenn du mal grünes Licht hast, kann es losgehen. Das war nicht zuletzt im Vergleich zu hiesigen Verhältnissen enorm befreiend. Wenn du für Netflix einen Film machen kannst, kriegst du ein gutes Budget und hast einen guten Flow.

Sehen Sie sich als Türöffner für Schweizer Filmschaffende, die für Netflix produzieren können?

Sagen wir es so: Es wäre schön, wenn ich das sein könnte.

«Early Birds» ab 12. Oktober im Kino


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