Hape Kerkeling blickt zurück Sein grösster Kult-Moment war der Auftritt als Königin Beatrix

Eric Leimann/Teleschau

15.12.2024

Die Dokumentation «Total normal» ist eine filmische Reise in den beruflichen und persönlichen Kosmos von Entertainer, Komiker und Bestsellerautor Hape Kerkeling.
Die Dokumentation «Total normal» ist eine filmische Reise in den beruflichen und persönlichen Kosmos von Entertainer, Komiker und Bestsellerautor Hape Kerkeling.
Bild: WDR/Florianfilm GmbH

Hape Kerkeling pfeift auf die Gesetze des Showgeschäfts: Der deutsche Entertainer hat das Fernsehen und den Humor revolutioniert.  Jetzt blickt ein Dokumentarfilm auf die Karriere des 60-Jährigen zurück.

Eric Leimann/Teleschau

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  • Entertainer, Komiker und Bestsellerautor Hape Kerkeling wurde diese Woche 60 Jahre alt.
  • Kerkeling hat mit seinen Figuren wie Horst Schlämmer oder Königin Beatrix Fernsehgeschichte geschrieben.
  • Die ARD-Doku «Hape Kerkeling – Total normal» von Filmemacher Eric Friedler ist eine Reise in den beruflichen und persönlichen Kosmos von Hape Kerkeling.

Im 90-minütigen Dokumentarfilm «Hape Kerkeling - Total normal» (in der ARD-Mediathek), mit dem das Erste Deutsche Fernsehen Hape Kerkeling an seinem 60. Geburtstag feiert, gibt es eine kleine Szene, die bezeichnend für das Talent des Entertainers und Komikers ist:

Die Filmcrew befindet sich in einem Strassencafé an einer der Grachten Amsterdams. Vielleicht die Lieblingsstadt Kerkelings, mit der er viel Persönliches verbindet.

Er erzählt aus seinem Leben, als die Bedienung bestellte Getränke bringt. Man sieht drei Gläser Weisswein und etliche Flaschen Wasser. Etwas viel für eine Person.

Hape Kerkeling bedankt sich freundlich und weist die Zuschauer*innen auf den Bruch der Illusion hin, dass er da alleine im Café sässe. Natürlich ist er von einem Filmteam umgeben, das offenbar ebenfalls durstig ist. Kerkeling aber zählt die auf dem Tisch stehenden Getränke auf und sagt in Richtung Servicekraft: «Ja, was weiss ich, wann die noch einmal kommt?»

Es ist das Gespür für den Witz, der überall im Alltag lauert, das Hape Kerkeling so populär gemacht hat. Neben seinem überragenden Talent für Menschenbeobachtungen, Parodien, Sprache und was sonst noch alles.

Deutschlands einflussreichster Komiker der letzten 30 Jahre

Am vergangenen Montag, 9. Dezember, vollendete Deutschlands einflussreichster Komiker der letzten 30 Jahre, dazu Bestsellerautor und Multikünstler sein 60. Lebensjahr.

Wenn sich in der sehenswerten Doku, in der Kerkeling auf berührende Art viel von sich selbst erzählt, Prominente wie Günther Jauch, Otto, Campino oder Anke Engelke mit einem Strahlen im Gesicht über das Geburtstagskind äussern, muss dieses einiges richtig gemacht haben.

Wie ihm das gelungen ist, kann man aufgrund der charmanten Selbstmoderation ahnen, die überhaupt nicht aufgesetzt, sondern ebenso freundlich wie intim wirkt.

So nimmt Kerkeling die Filmcrew mit in seine Lieblingsstadt Amsterdam. Die Familie, sowohl vonseiten der Mutter als auch des Vaters, gehörten hier einst zur wohlhabenden Klasse – bevor beide verarmten.

Später fand Hape hier eine grosse Liebe, die sehr jung an Aids starb, wie der 1991 Zwangsgeoutete heute sagt.

Die Älteren erinnern sich: Regisseur Rosa von Praunheim erzählte 1991 in der RTL-Talkshow «Der heisse Stuhl» in einer umstrittenen Aktion, welche deutschen Prominenten «heimlich» schwul wären: darunter Hape Kerkeling und Alfred Biolek.

Kerkelings Status als Wunderkind

Ein Merkmal Hape Kerkelings ist sein Status als Wunderkind. Schon als Kind zeigte er sein parodistisch-komisches Talent – zu sehen in der wunderbaren Fiktionalisierung Caroline Links von «Der Junge muss an die frische Luft». In Passau erhielt er 1983 noch als Gymnasiast das Scharfrichterbeil verliehen, einen Preis für Nachwuchs-Kabarettisten.

Es folgten die TV-Shows «Känguru», die der Junge aus dem Ruhrpott Anfang 1985 mit 20 Jahren erhielt, «Total Normal» oder «Darüber lacht die Welt».

Vor allem «Total Normal», von dem Radio Bremen zwischen 1989 und 1991 gerade einmal sieben Folgen produzierte, gilt bis heute als visionäres Unterhaltungsformat, das seiner Zeit weit voraus war.

Der berühmte «Prank» mit Kerkeling in eher liederlicher Königin Beatrix-Maske, als diese zum Staatsbesuch bei Bundespräsident Richard von Weizsäcker am Schloss Bellevue vorfuhr, ist ebenso legendär wie die Kulturbetrieb-Persiflage «Hurz», die Kerkeling mit seinem Musikpartner Achim Hagemann aufführte.

Sowohl «Total Normal»-Kreativpartner Hagemann als auch die Redakteurin der Sendung, Birgit Reckmeyer, erinnern sich ausführlich im Interview. 1993 folgte der – ebenfalls bis heute in Sachen Humor stilprägende – Film «Kein Pardon» mit dem Superhit «Das ganze Leben ist ein Quiz».

Laut Günther Jauch existiert bis heute kein klügerer und genauerer Film über die deutsche Unterhaltungsbranche, ihren Humor und den Hang zum Klamauk.

«Gebt mir etwas Zeit: Meine Chronik der Ereignisse»

Im Gegensatz zu anderen Wunderkindern beging Hape Kerkeling nicht den Fehler, sein kreatives Paradepferd – Parodien und entgrenzte TV-Unterhaltung – zu Tode zu reiten.

Relativ jung zog er sich von der Comedyfront zurück und agierte im Hintergrund:

War er in den 90ern noch öfter in TV-«Pranks», Sketchen oder als Moderator grosser Fernsehgalas zu sehen, wurde es ab den Nullerjahren ruhiger um Deutschlands Comedy-Toptalent. Nach der Entfernung seiner Gallenblase und einem Hörsturz brauchte er dringend eine Auszeit.

Im Sommer 2001 pilgerte Kerkeling 630 Kilometer auf dem nordspanischen Jakobsweg nach Santiago de Compostela, woraus das Buch «Ich bin dann mal weg» (2006) entstand. Es ist eines der meistverkauften Werke deutscher Sprache, die Auflage liegt bei rund fünf Millionen Exemplaren.

2014 folgte Hape Kerkelings berührende Kinder- und Jugendbiografie «Der Junge muss an die frische Luft», die 2018 kongenial von Caroline Link verfilmt wurde. Jung-Schauspieler Julius Weckauf, heute 16 Jahre alt, spricht in der Doku vom damaligen Casting und den Dreharbeiten.

Hape Kerkeling – das deutsche Humorwunderkind

Ende September, sozusagen als Vorgriff auf seinen eigenen 60. Geburtstag, erschien Hape Kerkelings neues Buch «Gebt mir etwas Zeit: Meine Chronik der Ereignisse».

Darin schildert er nicht nur entscheidende Etappen seines Lebens, sondern taucht tief in die bewegte Geschichte seiner Vorfahren ein.

Man kann nur hoffen, dass Hape Kerkeling – das deutsche Humorwunderkind von einst – auch als kluger, humanistischer Erzähler, der es als einer der wenigen schafft, noch so etwas wie Konsens und positiv gestimmten Kitt unter den Deutschen zu erzeugen, noch viele Jahre weitermacht.

Nach seinem 60. Geburtstag könnte da noch eine Menge kommen. Dass man bei ihm jedoch nie genau weiss, was genau es sein wird – auch das macht die Faszination Hape Kerkelings aus.


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