Kolumne am MittagCharlie Sheen – #winning, diesmal aber wirklich
Von Fabian Tschamper
5.8.2020
Er hat die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen erlebt: Charlie Sheen hat sich nach seinem Kollaps am Riemen gerissen – keine Drogen mehr, keine Skandale. Zum Glück hast du's gepackt, Charlie!
Wer könnte je das Interview vergessen, das Charlie Sheen dem US-Sender ABC gegeben hat: Er versucht dort, seine Manie mit seiner Persönlichkeit, Drogen und seiner «Winning»-Mentalität zu rechtfertigen – mit wirrem Geschwätz und möglicherweise einem Gottkomplex.
Das war vor neun Jahren, kurz nach seinem Rauswurf aus der Sitcom «Two and a half Men».
Sheen war perfekt für die Rolle in der Serie: Er musste nichts anderes tun, als sich selbst zu spielen – er hiess sogar gleich wie im echten Leben. Den reichen, trinkenden Playboy zu mimen, schien ihm aber zu Kopf zu steigen, und so begann langsam, aber sicher der berüchtigte «Meltdown» – der komplette Kollaps.
Nach dem Rausschmiss feierte Sheen auf einem Hausdach in Los Angeles. «Endlich frei», juchzte er, schwang eine Machete und trank aus einer Flasche, auf der «Tigerblut» stand – ja, jedes dieser Worte ist wahr. Das «Tigerblut» hatte er offensichtlich selbst draufgekritzelt. Er behauptete damals, dass dies durch seine Adern pumpe – das Blut eines Alphatiers.
Ist derjenige, der sich als «Alpha» ankündigt, aber wirklich das Leittier? Wahrscheinlich nicht.
Über vier Jahre dauerte Sheens Megalomanie – von 2011 bis 2015. Während dieser Zeit lebte er mit einer Pornodarstellerin und einem Model in einer Dreiecksbeziehung, rauchte, soff und stumpfte seine Sinne mithilfe von illegalen Rauschmitteln ab.
Es sah nicht gut aus für Onkel Charlie.
2015 dann das ernüchternde Geständnis: Sheen hat sich mit dem HI-Virus infiziert, dies machte er in der US-amerikanischen «Today»-Show bekannt. Er wusste von der Diagnose bereits seit vier Jahren.
Vier Jahre, hm? Könnte dies seine Eskapaden erklären?
Er überkompensierte, weil er wusste, dass sich seine wilden Zeiten dem Ende zuneigten? Es wäre eine wirklich unreife – trotzdem menschliche? – Reaktion auf eine lebensverändernde Krankheit.
«Vertraut mir, je früher, desto besser», sagte Sheen dazu. Und wenn dies von Charlie Sheen kommt, dann haben diese Worte Gewicht.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.