Kolumne am Mittag Alice Cooper – der Schock-Rocker und die Schoggimilch

Von Gil Bieler

4.8.2020

Alice Cooper sollte man nicht nach seinem Äusseren beurteilen.
Alice Cooper sollte man nicht nach seinem Äusseren beurteilen.
Bild: Keystone

Auf der Bühne ist Alice Cooper ein Grossmeister des theatralischen Schock-Rocks – privat dagegen lebt er frommer als ein Grosi. Sein neuestes Werk? Einfach nur süss. 

Er posiert gerne mit Würgeschlangen, sieht aus wie eine Horrorfilm-Figur und zockt mit Johnny Depp zum Plausch in einer Band. Auf der Bühne lässt er sich regelmässig von einer Guillotine enthaupten (keine Angst, alles nur Show).

Alice Cooper war der erste Schock-Rocker der Musikszene. Nun, im Herbst seiner Karriere, sorgt der 72-jährige Grusel-Gruftie mit einer neuen Veröffentlichung für Aufsehen: mit Schokoladenmilch.

Schoggimilch vom Schock-Rocker? Die Kooperation mit Danzeisen Dairy, einem Milchproduktehersteller aus seiner Heimat Arizona, kommt irgendwie unerwartet. Im Herbst sollen die Flaschen in dem US-Bundesstaat auf den Markt kommen.

Die Kooperation mag auf den ersten Blick irritieren, verbinden doch die meisten Bier oder Whiskey mit Rock’n’Roll-Mucke. Doch darf man nie vergessen, dass unter Coopers dicker Make-up-Schicht Vincent Damon Furnier steckt, ein ganz normaler Mensch. Und dieser lebt bereits seit fast vier Jahrzehnten abstinent – eine Konsequenz, die er aus seiner einstigen Alkohol- und Kokainsucht zog.

Man muss sehen: Als der junge Alice Cooper durchstartete, zählten Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison (The Doors) zu seinen Vorbildern. Sie alle liebten den Exzess – und starben jung. Der klischierte Rock'n'Roll-Lifestyle halt. Auch Cooper selbst glitt erst tief in die Sucht ab. Doch als er Blut erbrach, war es auch für ihn fünf vor Mitternacht: Er realisierte, dass es so nicht weitergehen konnte und schwor dem Suff erfolgreich ab.

Im modernen Rockzirkus fällt ein Abstinenzler nicht mehr auf. Viele bekannte Namen der Szene leben heute frommer als ein Büezer. James Hetfield von Metallica gehört dazu, Corey Taylor von Slipknot, Steven Tyler von Aersosmith ebenso. Selbst der berüchtigte Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards hat kürzlich … nun ja, nicht aufgehört, aber dem exzessiven Trinken abgeschworen. Ein Glas Roten gönne er sich noch ab und zu.

Coopers Schoggimilch-Deal bringt auch noch eine zweite Facette des Rockers an den Tag, die viele auf den ersten Blick nicht vermuten würden: Sämtliche Einnahmen gehen nämlich an die Solid-Rock-Stiftung, mit der Alice und seine Frau Sheryl die kreativen Talente von Teenagern fördern. Das soll Heranwachsende davon abhalten, auf die schiefe Bahn zu geraten.

Und wieso dieses Engagement? Weil der Herr ihm das aufgetragen habe, verriet Cooper dem «Spin»-Magazin. Ja, Alice Cooper, der alte Horror-Maestro, ist nicht nur trocken, sondern auch überzeugter Christ.

Was soll man sagen? Das Schockierendste am Schock-Rocker ist mittlerweile, wie krass sich die Privat- und die Bühnenperson voneinander unterscheiden. 

Regelmässig gibt es werktags um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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