«Olga»-Darstellerin flieht nach Polen «Es ist schwierig, nicht zu verzweifeln»

Von Marlène von Arx

15.3.2022

Die ukrainische Turnerin Anastasia Budiashkina verkörpert die Titelfigur im Schweizer Film «Olga», der derzeit in den Kinos läuft. Die 20-Jährige konnte inzwischen nach Polen flüchten und schreibt uns, wie es ihr geht.

Von Marlène von Arx

Der Schweizer Spielfilm «Olga» erzählt die fiktive Geschichte einer jungen ukrainischen Kunstturnerin. Sie wird während der Euromaidan-Revolution 2013 von ihrer Mutter in die Schweiz geschickt, weil Kiew nicht mehr sicher ist. Anastasia Budiashkina spielt die Titelfigur im Erstlingswerk des Westschweizer Filmemachers Elie Grappe.

Jetzt hat die Realität die Fiktion überholt: Budiashkina, die sich zuletzt mit drei Artisten-Kollegen in einem Luftschutzbunker in Charkiw verschanzte, ist nach Polen geflüchtet. «Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich aus der Ukraine rauskomme», schreibt uns die 20-jährige Ukrainerin via Übersetzungs-App direkt auf Deutsch. «Es wurde zu beängstigend und traurig. Die Menschen gerieten in Panik.»

Jetzt ist sie in Krakau und fühlt sich sicher. Aber wie soll es weitergehen? «Es ist schwierig, in dieser Situation nicht zu verzweifeln. Ich halte mich viel in den sozialen Netzwerken auf und kommuniziere mit Freunden und Verwandten.»

«Olga» wird zum Fundraiser-Film

Aufmunternde Worte aus dem Ausland helfen ihr: «Ich habe Freunde hier und neue Bekannte. Elie ist immer in Kontakt mit mir und unterstützt mich. Ich bin dankbar für die Unterstützung der vielen Menschen aus anderen Ländern, die den Film gesehen haben und mir jetzt schreiben und danken. Das ist sehr cool.»

Und bald werden es wohl noch mehr: Der Filmverleiher 606 Distribution und das British Film Institute haben sich zusammengetan und organisieren ab dem 18. März in über 200 britischen Kinos Benefiz-Vorstellungen von «Olga»: Ein Teil des Ticketpreises geht an das Disaster Emergency Committee zugunsten der Ukraine. Auch in Deutschland sind Benefiz-Vorstellungen geplant. Der Erlös soll den SOS-Kinderdörfern zugutekommen.

«Der russische Präsident hat unser Leben ruiniert»

Anastasia Budiashkina ist nicht zum ersten Mal auf der Flucht: Als die Separatisten 2014 ihre Geburtsstadt Luhansk im Osten des Landes besetzten, zog sie mit der Familie nach Kyiv. «Das war schwierig für mich – es war eine Vorbereitung auf heute.»

In den Jahren seither wurde aus dem Teenager eine Spitzensportlerin. 2016 nahm sie mit dem ukrainischen Nationalteam an der Turn-Europameisterschaft in Bern teil, wo Elie Grappe sie für seinen Film entdeckte. «Olga» wurde schliesslich 2020 wegen des Lockdowns in zwei Etappen gedreht und 2021 in Cannes für das Beste Drehbuch der Semaine de la Critique ausgezeichnet.

Die Hoffnung nicht aufgeben

Diverse Filmfestivals, darunter auch Cannes, haben einen Boykott russischer Delegationen und Filmemacher mit Verbindungen zum Kreml verhängt: «Das finde ich richtig», so Anastasia Budiashkina. «Denn der russische Präsident hat unser Leben ruiniert. »

Sie will die Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende nicht aufgeben, bleibt aber realistisch: «Ich versuche wirklich, eine positive Einstellung zu bewahren, aber es ist uns allen klar, dass nicht alles so schnell und einfach enden wird.»