Nicht nur Heinz Hoenig Darum bringt die Krankenkasse deutsche Schauspieler oft in Not

bb/dpa

10.6.2024

Heinz Hoenig liegt seit Ende April mit schweren gesundheitlichen Problemen im Spital.
Heinz Hoenig liegt seit Ende April mit schweren gesundheitlichen Problemen im Spital.
Bild: IMAGO/Gartner

Der Fall des schwerkranken Heinz Hoenig beschäftigt seine Fans seit Wochen. Weil der Schauspieler nicht krankenversichert ist, ist er im Spital auf Spenden angewiesen – ansonsten wird er nicht weiter behandelt.

bb/dpa

10.6.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Heinz Hoenig wurde am 30. April mit dem Rettungshelikopter ins Spital geflogen.
  • Das grosse Problem: Der 72-jährige Schauspieler ist nicht krankenversichert.
  • Damit Hoenig überhaupt behandelt wurde, mussten Schauspielkolleg*innen für ihn eine Spendenaktion ins Leben rufen.
  • Aber wieso gibt es heute in Deutschland überhaupt noch Menschen ohne Krankenversicherung?

Die Krankheitsgeschichte von Heinz Hoenig bewegt die Menschen im deutschsprachigen Europa schon seit mehreren Wochen.

Nur dank der Hilfe von grosszügigen Spender*innen wird der 72-jährige Schauspieler aktuell im Spital behandelt.

Ein Spendenaufruf, den die Familie im Mai startete, brachte ein grosses Problem ans Licht: Als freischaffender Künstler ist Heinz Hoenig, der einst mit dem Film «Das Boot» bekannt wurde, nicht krankenversichert.

Ein Antrag zur Wiederaufnahme in die gesetzliche Krankenkasse wurde gemäss seiner Frau Annika abgelehnt. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben.

«Altersarmut ist, wenn man nicht aufpasst, leider typisch»

Nun wurde bekannt: Heinz Hoenig ist unter den deutschen Schauspieler*innen kein Einzelfall.

«Es ist ein typischer Verlauf. Die Altersarmut ist, wenn man nicht wahnsinnig aufpasst, leider typisch», sagt Schauspieler Heinrich Schafmeister im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Schafmeister setzt sich als Vertreter des Bundesverbandes Schauspiel BFFS für gerechte Bezahlung und Versicherung in der Film- und Fernsehbranche ein.

«Es ist ein typischer Verlauf. Die Altersarmut ist, wenn man nicht wahnsinnig aufpasst, leider typisch»: Heinrich Schafmeister.
«Es ist ein typischer Verlauf. Die Altersarmut ist, wenn man nicht wahnsinnig aufpasst, leider typisch»: Heinrich Schafmeister.
Bild: IMAGO/Sven Simon

Dass viele Menschen aus der Schauspielbranche im höheren Lebensalter in Schwierigkeiten gerieten, habe auch strukturelle Gründe, sagt der 67-Jährige.

Neubauer: «Macht Krankenkassenbeiträge unerschwinglich»

Aber wieso gibt es in Deutschland überhaupt Menschen ohne Krankenversicherung?

Christine Neubauer sagte dieser Tage in der MDR-Talkshow «Riverboat», dass nicht nur Heinz Hoenig in prekären Verhältnissen leben würden, wenn es um die Krankenversicherung gehe.

Der Grund: Zeiten der Beschäftigung wechseln sich bei freischaffenden Künstler*innen öfter mit Zeiten der Erwerbslosigkeit ab. Deshalb passen sie in kein Schema und stehen oft zwischen allen Versicherungsangeboten.

Als selbstständige Künstler*in seien nicht immer Jobs da, die Geld bringen, so Neubauer. «Das macht die Beiträge an die Krankenkasse irgendwann unerschwinglich und kann einem im Fall einer Krankheit in finanzielle Not bringen.»

Schauspieler*innen erhalten Gagen nur im Erfolgsfall

Christine Neubauer beschreibt das Problem anhand der Produktionsbedingungen für ihren Film «Hundswut», bei dem sie als Schauspielerin und auch als Produzentin engagiert war.

«Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Bild und der Realität des Schauspielerberufs»: Christine Neubauer.
«Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Bild und der Realität des Schauspielerberufs»: Christine Neubauer.
Bild: IMAGO/STAR-MEDIA

In solchen sogenannten «Low Budget, no Budget»-Projekten erhielten die Schauspieler*innen ihre Gagen meist erst nachträglich – aber auch nur dann, wenn der Film erfolgreich sei.

«Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Bild und der Realität des Schauspielerberufs», so Christine Neubauer weiter.

Als eine Möglichkeit, um diese Engpässe besser zu überwinden, sieht die 61-Jährige in der Vermarktung eines Films – also zum Beispiel den Verkauf an einen Streamingdienst wie Netflix.

Weniger Glamour, als manch ein Fan erwarten würde

Neben den komplizierten Beschäftigungsverhältnissen bei freischaffenden Schauspieler*innen sind auch immer wieder Lücken in der Versicherung ein Problem.

Gerade wenn weitere grosse Rollen ausbleiben, sprich der Erfolg, könne das ungute finanzielle Folgen, sagt Heinrich Schafmeister gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Nicht nur für Schauspieler*innen gelte deshalb: «Wer in Altersarmut gerät, kann womöglich die Privatversicherung nicht mehr bezahlen.» Das passiere häufiger, als viele denken würden, gibt Schafmeister zu bedenken.

Fazit: Das Rampenlicht ist oft mit weniger Glamour verbunden, als wahrscheinlich manch ein Fan erwarten würde.


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