Seit Jahrzehnten füllt Boris Becker die Klatschspalten. Zuletzt geriet seine finanzielle Situation in den Fokus. Nun könnte ihm theoretisch sogar Gefängnis drohen. Kann er sich aus dem Schlamassel befreien?
Angespannt, aber nicht panisch – so hatte Boris Becker noch vor Kurzem seinen Gemütszustand angesichts des Strafverfahrens gegen ihn in London beschrieben.
Nun steht der Prozess vor der Tür.
Von Montag, 21. März, an muss sich der ehemalige Tennisstar bis zu drei Wochen lang vor Gericht in London dem Vorwurf stellen, er habe in seinem Insolvenzverfahren Teile seines Vermögens nicht ordnungsgemäss angegeben und Trophäen nicht ausgehändigt.
Becker bestreitet das. Grund, angespannt zu sein, gibt es durchaus: Dem dreimaligen Wimbledon-Sieger könnten theoretisch bis zu sieben Jahre Haft drohen.
«Die härtesten fünf Jahre meines Lebens»
Eigentlich könnte das Insolvenzverfahren, das seit 2017 läuft, bereits beendet sein. Doch die Saga scheint kein Ende zu nehmen. Der «Bild am Sonntag» sagte Becker im Februar in einem Interview, die vergangenen fünf Jahre seien «verdammt lang» und «die härtesten meines Lebens» gewesen.
Für das Strafverfahren will der 54-Jährige die Hilfe eines Übersetzers in Anspruch nehmen. Der Grund dafür ist nicht ganz klar, denn der Wahl-Londoner spricht eigentlich einwandfrei Englisch und trat auch immer wieder als Tennis-Experte im BBC-Fernsehen auf.
«Wenn er etwas zum Ausdruck bringt, könnte es besser sein, er tut das auf Deutsch und es wird dann ins Englische übersetzt», sagte sein Verteidiger Jonathan Laidlaw der Nachrichtenagentur PA zufolge bei einer Voranhörung vor Gericht.
Mehr als 20 Anklagepunkte
Zu den mehr als 20 Anklagepunkten konnte sich Becker vor Prozessbeginn gegenüber Medien nicht konkret äussern. Es wird aber erwartet, dass er vor Gericht ausführlich vernommen wird. Dann werde «eine ganze Menge persönlicher Dinge» zur Sprache kommen, hatte sein Anwalt angekündigt.
Unter anderem soll Becker laut Anklage Teile seines Vermögens an seine Ex-Partnerinnen Barbara und Lilly überwiesen und damit dem Zugriff des Insolvenzverwalters entzogen haben.
Ein anderes Thema dürften die vermissten Pokale sein. Becker hatte in allen Punkten auf unschuldig plädiert. Einen Teil seiner Pokale und weitere persönliche Gegenstände hatte der Insolvenzverwalter bereits im Sommer 2019 versteigert. Darunter sogar Tennissocken des ehemaligen Spitzensportlers.
Becker zeigte sich tief getroffen. «Bei dieser Versteigerung geht es nur darum, mir persönlich wehzutun, weil ich natürlich emotional an den Trophäen hänge», sagte Becker einmal der «Bild am Sonntag». Teilweise war das Insolvenzverfahren von bizarren Wendungen geprägt.
«Ich bin ein Mensch, der niemals aufgibt»
Eine Zeit lang behauptete Becker, er könne rechtlich nicht belangt werden, weil er Diplomat der Zentralafrikanischen Republik sei. Tatsächlich wurde er auf der Homepage der Botschaft des Landes in Brüssel als «Attaché für die Beschaffung von Mitteln für sportliche, kulturelle und humanitäre Angelegenheiten» aufgeführt.
Der dortige Botschafter pflichtete ihm bei. Doch mehrere Regierungsmitglieder des bitter armen Landes widersprachen. Schliesslich verzichtete Becker auf die umstrittene Argumentation. In dem Strafverfahren gibt es bislang keine Anzeichen dafür, dass der auch auf dem Tennisplatz stets als hartnäckig bekannte Becker aufgeben könnte.
«Wenn alles gegen mich läuft, habe ich ein Problem. Aber ich bin ein Mensch, der niemals aufgibt und immer bis zum Ende kämpft», hatte der frühere Weltranglisten-Erste noch im Februar betont.