SRF auf den Spuren von Egli und Fischer «Die Schlager-Welt ist überhaupt nicht verstaubt»

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17.12.2024 - 04:30

Beatrice Egli ist für die grosse Veränderung im Schlager-Genre mitverantwortlich.
Beatrice Egli ist für die grosse Veränderung im Schlager-Genre mitverantwortlich.
Bild: IMAGO/Daniel Scharinger

Der Schlager hat sich neu erfunden: Einst belächelt, heute gefeiert – Künstlerinnen wie Beatrice Egli haben das Genre ins 21. Jahrhundert katapultiert. Das SRF zeigt, wie sich die Schlagerszene gewandelt hat.

Fabian Tschamper

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die SRF-Sendung «Kulturplatz» beleuchtet den Wandel in der Schlager-Welt, die heute von traditionellen Elementen bis hin zu queeren Künstler*innen reicht und generationsübergreifende Begeisterung schafft.
  • Experten betonen den Einfluss von Schlager auf die Pop- und Musikhistorie, während Stars wie Helene Fischer durch modernen Sound und gigantische Bühnenshows Rekorde brechen.
  • Schlager wird für seine einfache, positive Botschaft geschätzt, wobei Künstler*innen wie Kerstin Ott aktuelle Themen wie gleichgeschlechtliche Liebe behandeln und so gesellschaftliche Offenheit fördern.

«Ich spüre, dass es mich wirklich glücklich macht – und spüre, dass es die Menschen auch glücklich macht», erzählt Beatrice Egli dem «Kulturplatz» von SRF.

In der Sendung wird die Schlager-Welt beleuchtet, wie es hinter den Kulissen abläuft – und auch, wieso sich dieses beliebte Musik-Genre in einem Wandel befindet. Seit Jahrzehnten wird diese «simpel gestrickte» Musik schon gefeiert – heute gibt es Tradition mit Lederhosen – aber eben auch die queeren Schlager-Stars.

Moderatorin Eva Wannenmacher bezeichnet sich selbst als Skeptikerin, was die Schlager-Musik angeht – doch sie holt sich Verstärkung aus der SRF-Fachredaktion. Luca Koch erklärt, dass Schlager eigentlich einen zu schlechten Ruf hat: «Ohne Schlager liesse sich die deutsche Pop- und auch Jazz-Geschichte nicht erzählen.»

Weniger künstlerische Ansprüche?

Im Vergleich zu Marlene Dietrich oder Udo Jürgens haben sich Schlagerstars heute ans aktuelle Musikgeschehen angepasst. Koch sagt, dass du überall in jenem Genre die DNA von Popmusik findest. Das sei nur einer der Gründe, warum jemand wie Helene Fischer so grosse Hallen füllen kann.

Bei einer Umfrage unter Schlager-Fans kommt heraus: Der Grund für ihre ewige Hingabe ist ein ganz simpler. «Bei Schlager hat man immer Spass», sagt etwa ein Befragter. Die Musik von Beatrice Egli verleihe einem gute Laune, man könne leicht mitsingen – und vor allem mittanzen.

Schlagerexperte und Musikwissenschaftler Martin Lücke nennt einige wichtige Faktoren, die in der Schlagermusik wichtig sind: «Ein Song muss die richtige Länge haben, den richtigen Zeitpunkt, bei welchem er erscheint, singbar muss es sein – und noch 1000 andere Sachen».

Häufige Kritik indes sei, Schlagermusik verlange vom Sänger, von der Sängerin weniger hohe künstlerische Ansprüche als andere Genres.

Die Preise der Tickets sei in den vergangenen Jahren schon angestiegen, bezeugen einige Konzertgängerinnen: Von 120 Euro auf 180 Euro für VIP-Tickets, das ein Meet-and-Greet mit Helene Fischer oder Beatrice Egli beinhaltet. In der Schweiz müsse man sogar 250 Euro für ein solches Ticket rechnen – das ist es den Fans aber wert.

Schlager ist längst ein Gigant

Schlager-König Bernhard Brink hatte 1972 seine Premiere im deutschen Fernsehen. Er ist bis heute aktiv und gibt zu: Einen Plan hatte er nicht. «Ich habe mich unglaublich bemüht von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Ich bin den Trends nicht nachgerannt, aber habe versucht, modern zu bleiben.»

Und wer jetzt behaupten will, Schlager sei noch nicht wirklich im Mainstream angekommen: Helene Fischer gehörte 2018 per «Forbes»-Magazin zu den zehn bestverdienenden Sängerinnen weltweit  – als einzige Europäerin. Satte 32 Millionen Dollar nahm sie in jenem Jahr durch ihre Musik ein, das reichte für Platz 8. Auf der Pole Position war da noch Katy Perry mit 83 Millionen.

Bernhard Brink kommentiert ihren Erfolg ganz klar mit den Worten: «Das ist eine Ausnahmeerscheinung.» Sie könne 250'000 Euro für ihr Bühnenbild ausgeben und das locker wieder reinholen. Mit diesem Geld würden andere Künstler*innen auf ganze Tourneen gehen.

Vom Erfolg, wie ihn Beatrice Egli oder Helene Fischer kennen, kann der 28-jährige Basler Vincent Gross nur träumen – noch jedenfalls. Er schwärmt beim Schlager vor allem davon, wie viele Menschen dieser verbinde: «Ich sehe in meinem Publikum Leute, die sind 8 oder 80 Jahre alt. Es ist wirklich schön zu sehen, wie Musik generationenübergreifend sein kann – wie eben Schlager».

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Kerstin Ott singt über gleichgeschlechtliche Liebe

Bei der «Beatrice Egli Show» stehen unterschiedliche Künstler*innen auf der Bühne und die Hauptsache dabei ist nicht etwa schlicht zuhören, es soll stets mitgesungen werden.

Dabei kümmert es das Publikum nicht, dass nicht live gesungen wird. Es will nur angesprochen werden, inhaltlich und durch die Melodie.

Die deutsche Sängerin Kerstin Ott und auch Andreas Gabalier singen deshalb über Themen, die in der Gesellschaft aktuell sind – immer am Nerv der Zeit. So singen Gabalier und auch Ott über gleichgeschlechtliche Liebe, letztere ist mit einer Frau verheiratet und räumt gleich mit den Klischees zu Schlager-Fans auf: «Es heisst immer, die Schlager-Welt ist verstaubt, doch das empfinde ich nicht so. Ich finde, sie ist sehr offen.»

Sie ist stolz darauf, wenn ihr Fans Briefe schreiben, die von Coming-outs berichten. Oder auch von Eltern, die ihre Kinder dank ihrer weltoffenen Musik nun besser verstehen.

Schlager soll immer von einem Ort der Liebe herkommen. Das bestätigt auch Beatrice Egli abschliessend bei SRF: «Wir sind in einer Zeit, wo viele Menschen mit Problemen zu kämpfen haben – auch global. Und da ist es um so wichtiger, dass wir Oasen erschaffen, die einem wieder Energie geben.»


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