«Kaulitz & Kaulitz» auf NetflixDer androgyne Alien und Klums «perfektes Hubby-Material»
Von Lukas Rüttimann
1.7.2024
Kaum ein anderes Brüderpaar ist so präsent wie Bill und Tom Kaulitz – ein Mysterium sind die Zwillinge dennoch. Auch aus der Doku «Kaulitz & Kaulitz» wird das Publikum nicht schlauer. Unterhaltsam ist sie allemal.
Es ist eine bezeichnende Szene, und sie kommt schon früh in der achtteiligen Netflix-Doku «Kaulitz & Kaulitz».
Tom Kaulitz leidet unter Tournee-Kater und hat miese Laune. Sein Bruder Bill will ihn aufmuntern und sagt: «Kopf hoch, gute Laune kannst du dir antrainieren. Kennst du meine Lachtherapie? Einfach ganz laut lachen, und schon geht es dir wieder gut.»
Daraufhin stösst der Sänger sein penetrant und aufgesetzt wirkendes Lachen aus – ein Lachen, das sich in der Folge durch die ganze Serie ziehen wird.
Heidi Klum nur in einer Nebenrolle
Tatsächlich wird in «Kaulitz & Kaulitz» oft und laut gelacht. Fraglich bleibt, ob diese Fröhlichkeit – vor allem bei Bill – echt oder möglicherweise doch eher Teil der eingangs erwähnten Selbsttherapie ist.
Dazu passt, dass die ganze Serie trotz ihres Reality-Anspruchs konsequent inszeniert daherkommt:
Shopping-Trips in Beverly Hills, die Geburtstagsparty der Zwillinge in einem Hightech-Bau im Joshua Tree National Park, der Kauf eines Appartements in New York – alles ist eine einzige grosse Show mit dem Ziel, das Luxusleben der ehemaligen Teenie-Stars Bill und Tom Kaulitz möglichst überlebensgross abzubilden.
Selbst Heidi Klum, die Gattin von Tom, stellt sich hinten an. «Hi, ich bin Heidi Kaulitz, die Gattin von Tom Kaulitz», stellt sich die Chefin der TV-Show «Germany's Next Topmodel» unterwürfig, mit ihrem Status als Star kokettierend, vor.
Doch der Scherz der weltberühmten Modelmama passt wie die Faust aufs Auge. Denn Heidi Klum spielt in der Doku «Kaulitz & Kaulitz» tatsächlich nur eine Nebenrolle.
Bill Kaulitz: «Nein, ich bin nicht schwul»
Im Zentrum steht dafür Bill Kaulitz. Dieses genderfluide Alienwesen, das seine sexuelle Orientierung lange Zeit verheimlichen musste und das erst in jüngster Zeit als jene homosexuelle Diva auftritt, die man jetzt auch auf Netflix bestaunen kann.
Der Sänger redet oft und offen über seine Jugend, die vom «Wegrennen und Angsthaben» geprägt gewesen sei.
Auch Lügen gehörte offenbar dazu, denn die Plattenfirma zwang das Teenie-Idol der Nullerjahre, seine sexuellen Vorlieben zwecks besserer Vermarktbarkeit bei der weiblichen Zielgruppe zu verleugnen.
«Nein, ich bin nicht schwul», sagt er in der fünften Folge als 16-Jähriger in die Kamera – und lächelt dabei sein auffälliges Lachen. Nicht so laut wie heute als 34-Jähriger, aber ähnlich aufgesetzt.
Überhaupt: Wer wirklich hinter dem Menschen Bill Kaulitz steckt, das vermag auch die neue Netflix-Serie nie so richtig aufzudecken.
Der Sänger bleibt der androgyne Alien – nicht umsonst verkleidet er sich bei seiner Geburtstagsparty als Ausserirdischer –, der auf Fans eine faszinierende Wirkung hat.
Auf der anderen Seite steht sein Bruder Tom. Der scheint seine L.A.-Lektion verinnerlicht zu haben und gibt in «Kaulitz & Kaulitz» den relaxten Surfer-Dude.
Einen sympathischen Jason-Momoa-Verschnitt mit langen Haaren, dem die Privatsphäre und die Familie heilig sind, und der die Kameras im Gegensatz zu Bill nie in die eigenen vier Wände lässt.
«Perfektes Hubby-Material», wie Heidi Klum sagt. Ein «Spiesser, aber in Gross», nennt ihn Bill.
Oberflächlich, aber unterhaltsam
Um Musik geht es in «Kaulitz & Kaulitz» übrigens eher weniger. Ob jemand Tokio Hotel mag oder nicht, ist bei dieser Serie ohnehin zweitrangig.
Musikalisch war die Band schon immer eher belanglos. Der USP der Band sind und bleiben die geheimnisvollen Popstar-Zwillinge samt ihrer kongenialen Doppelpack-Inszenierung.
Dass diese beiden Vollprofis eine gute Show auf Knopfdruck liefern können, versteht sich von selbst. Und genau das tun sie in den acht rund 45 Minuten langen Episoden dann auch.
Das bringt zwar ein gewisses Manko an Substanz und Authentizität mit sich. Dafür bietet «Kaulitz & Kaulitz» einen hohen Unterhaltungswert – und viele laute Lacher, die nie so richtig nach wirklich guter Laune klingen.
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