Anordnung aus China? Zoom sperrte Account von Demokratie-Aktivisten

dj

11.6.2020

Die Studentenproteste am 4. Juni 1989 wurden blutig niedergeschlagen.
Die Studentenproteste am 4. Juni 1989 wurden blutig niedergeschlagen.
Keystone

Der Videokonferenzdienst Zoom sperrte den Account eines Demokratie-Aktivisten. Dieser hatte eine Online-Gedenkveranstaltung zum Massaker in Peking 1989 abgehalten.

Der populäre Videokonferenzdienst Zoom hat den Account eines amerikanisch-chinesischen Demokratie-Aktivisten gesperrt, nachdem dieser zum 31. Jahrestag des Massakers vom Platz des Himmlischen Friedens eine virtuelle Gedenkveranstaltung abhielt.

Zhou Fengsuo war einer der Anführer der am 4. Juni 1989 brutal niedergeschlagenen Studentenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Er lebt im US-Exil und hat inzwischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft.

Wie «Axios» berichtet, organisierte Zhou die Veranstaltung am 31. Mai mit rund 250 Teilnehmern über den Zoom-Account seiner Organisation Humanitarian China. Am 7. Juni bekam er eine Mitteilung von Zoom, dass der Account geschlossen wurde. Zhou sagte «Axios», dass das Unternehmen nicht auf seine E-Mails reagiert habe. Erst nach Anfrage des Online-Mediums wurde der Zoom-Account schliesslich wiederhergestellt.

«Örtliche Gesetze» sollen verletzt worden sein

In einem Statement sagte das in den USA beheimatete Zoom, dass man sich als globale Firma an die Gesetze in den Ländern halten müsse, in denen man operiere. Wenn Zoom-Meetings länderübergreifend stattfinden, müssten die Teilnehmer in diesen Ländern ihre «örtlichen Gesetze» beachten. Zoom erklärte nicht, welche «örtlichen Gesetze» der US-Staatsbürger Zhou mit seiner Zoom-Veranstaltung gebrochen haben soll.

Auch wie es überhaupt zu der ursprünglichen Sperrung kommen konnte, wurde nicht erklärt. Zoom behauptet, dass alle Meetings verschlüsselt würden und nicht «proaktiv» überwacht werden. Man gäbe keine Informationen an «Strafverfolgungsbehörden weiter, ausser unter Umständen wie bei sexuellem Missbrauch von Kindern». Wie die Beschwerdeführerin, bei der es sich um die chinesische Regierung handeln dürfte, Kenntnis von Inhalt und Teilnehmern des Zoom-Meetings erlangte, bleibt unklar.

China übt massive Zensur

China greift zu extremen Mitteln, um jegliche Diskussionen um das Massaker aus 1989, bei dem Schätzungen zu Todesopfern zwischen einigen Hundert bis zu mehreren Tausend schwanken, zu unterbinden. Selbst verklausulierte Anspielungen werden von der heimischen Zensur unterdrückt, obwohl es offiziell gar kein chinesisches Gesetz gibt, das Erwähnungen der Ereignisse vom 4. Juni 1989 verbieten würde.



Bürgerrechtsorganisationen verurteilten Zooms Vorgehen. «Zoom gibt vor, die Plattform der Wahl für Firmen, Schulen und verschiedenartige Organisationen zu sein, die eine virtuelle Art der Kommunikation inmitten eines globalen Lockdowns brauchen. Aber es kann diese Rolle nicht ausführen und zugleich als langer Arm der chinesischen Regierung auftreten», sagte Suzanne Nossel, die Chefin der Literaten-Gruppe PEN America, zu AFP.

Die Angelegenheit ist bereits Zooms zweite Kontroverse innert weniger Wochen. So sagte Zoom-CEO Eric Yuan Anfang Juni bei der Vorstellung der Quartalszahlen, dass man die Videoanrufe von nicht zahlenden Kunden nicht Ende-zu-Ende verschlüssele, weil man sich die Kooperation mit dem FBI und anderen Polizeibehörden offenhalten wolle. Später hiess es von Zoom dazu, man biete die Ende-zu-Ende-Verschlüssung für Gratis-Nutzer nicht an, weil man nicht «genügend Informationen zur Überprüfung der Identität» habe.

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite