Dank Künstlicher Intelligenz Chinesische Internet-Zensur erreicht neue Höhen

dj

28.5.2019

Beim Surfen schaut die chinesische Regierung ihren Bürgern immer über die Schulter.
Beim Surfen schaut die chinesische Regierung ihren Bürgern immer über die Schulter.
Getty Images

Kurz vor dem 30. Jahrestag des Massaker am Platz des Himmlischen Friedens ist die chinesische Internet-Zensur so streng und effektiv wie nie.

Am 4. Juni jährt sich die Niederschlagung der Studenten-Proteste am Platz des Himmlischen Friedens in 1989 zum 30. Mal. Der Jahrestag führt schon seit langer Zeit zu verstärkter Wachsamkeit bei den chinesischen Zensoren. Doch der alljährige Ausnahmezustand ist inzwischen fast zur Regel geworden, da die Internet-Zensur so streng wie nie ist.

Bei der Zensur helfen Fortschritte bei der Künstlichen Intelligenz, mit hochentwickelter Bild- und Spracherkennung. Dadurch lässt sich nicht nur Text anhand von verbotenen Phrasen und Wörter zensurieren, sondern auch Bilder und Videos können automatisch auf nicht zur staatlichen Ideologie passende Inhalte überprüft werden.

Selbstzensur bei Social Media

Für die Zensur in den sozialen Medien sind deren Betreiber wie ByteDance, Weibo oder Baidu selbst zuständig — nach von der Chinesischen Cyberspaceverwaltung, dem staatlichen Zensor, aufgestellten Richtlinien. Inzwischen verläuft die Zensur weitgehend automatisiert, wie Mitarbeiter des TikTok-Machers ByteDance zu «Reuters» sagen.

Dennoch stellt der 4. Juni die Zensoren immer noch vor besondere Herausforderungen, da im Netz immer wieder neue Codewörter und Anspielungen auftauchen, um sich auf das Ereignis zu beziehen. Während beispielsweise «35. Mai» als Ersatz für den 4. Juni noch relativ leicht herzuleiten ist, wurden auch schon Bilder einen Schwans vor einem LKW zensuriert — weil sie an das berühmte Foto des «Tank Man» erinnern sollen.

Bilder, deren Komposition auch nur entfernt an das berühmte «Tank Man»-Foto erinnern, werden zensuriert.
Bilder, deren Komposition auch nur entfernt an das berühmte «Tank Man»-Foto erinnern, werden zensuriert.
Keystone

Aber auch diese codierten Bezüge auf den 4. Juni werden weniger, da der Zensurapparat inzwischen eng einher geht mit dem allmächtigen Überwachungsstaat. So müssen chinesische Social Media-Accounts inzwischen mit dem Klarnamen und der Ausweisnummer der Nutzer verbunden werden. Wer also hier unvorsichtige Aussagen von sich gibt, kann schnell mit einem Besuch der Polizei rechnen.

Great Firewall so hoch wie nie

Ausländische Anbieter, die sich nicht dem Zensurregime unterwerfen, werden derweil konsequent durch die «Great Firewall» ausgeschlossen. Jüngst kam da etwa die Wikipedia hinzu. War zuvor nur die chinesische Sprachversion blockiert, sind inzwischen alle Sprachen des Online-Lexikons nicht in China abrufbar.

Bekannte Social Media-Anbieter, sei es Facebook, Twitter, Snapchat oder selbst Pinterest sind schon seit Jahren, teilweise Jahrzehnten blockiert. Auch Google kann keines seiner Dienste — von der Suchmaschine, über E-Mail bis zu Cloud-Speicher — in China betreiben. Einzig Apple kann in China relativ ungestört agieren — gerät dafür aber wiederum im Westen wegen vermeintlicher Kollaboration mit der kommunistischen Partei in die Kritik.

Auch Videospiele landen in der Zensur

Selbst eher unpolitische Videospiele werden zensuriert. Hier müssen sich ausländische Spielehersteller zum einen einen lokalen Partner suchen, da diese für den Betrieb von Servern für das Online-Gaming notwendig ist. Dann müssen es die Spiele aber noch durch vage definierte Zensurregeln schaffen, die etwa vorschreiben, dass Spiele die «traditionelle Kultur» fördern und «historisch akkurat» sind.

Relativ eindeutig ist aber das Verbot von expliziten Gewaltdarstellungen. Das beliebte Battle Royale-Spiel «PlayerUnknown’s Battlegrounds» wurde in China in einer Version namens «Game for Peace» lanciert. Hierbei gibt es bunte Laserstrahlen statt Blut, wenn ein Gegner im Spiel von Kugeln getroffen werden. Und «stirbt» in Spieler bei «Game for Peace», winkt er noch fröhlich Adieu.

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