Bezahlte Propaganda Twitter macht Reibach mit China-Geschäften

Dirk Jacquemien

14.9.2022

China schickt viel Geld zu Twitter.
China schickt viel Geld zu Twitter.
Getty Images

Obwohl Twitter in China blockiert ist, ist das Land zu einer der wichtigsten Einnahmequellen des sozialen Netzwerkes geworden. Vor allem die chinesische Regierung lässt viel Geld liegen.

Dirk Jacquemien

Soziale Netzwerke, in denen Bürger*innen ihre Meinung frei kundtun können, sind dem Regime der Kommunistischen Partei Chinas ein Dorn im Auge. Und so haben 1,4 Milliarden Chines*innen natürlich keinen Zugriff auf Twitter. Wer dennoch, etwa durch die Nutzung eines VPN-Dienst, auf die Plattform zugreift und dort regierungskritische Inhalte veröffentlicht, muss mit langjährigen Haftstrafen rechnen.

Doch für staatliche Organe, Propaganda-Medien und viele regierungstreue Kommentator*innen gilt dieses Verbot nicht. Sie sind fleissig auf Twitter aktiv und richten sich meist auf Englisch an die Weltöffentlichkeit. Und um ihre Ansichten einem möglichst breiten Publikum nahezubringen, kaufen sie auch massiv Werbung auf Twitter, wie «Reuters» enthüllte.

China am schnellsten wachsender Markt

China ist dadurch nun der schnellste wachsende Markt für Werbeeinnahmen bei Twitter und inzwischen eine der grössten Einnahmequellen des Unternehmens ausserhalb der USA. Seit 2014 haben sich die Twitter-Werbeeinnahmen in China verachthundertfacht.

Seit 2019 verbietet Twitter eigentlich staatlich kontrollierte Accounts vom Platzieren von Werbung in der Form von gesponserter Tweets. Ausnahmen gab es für Inhalte zu «Unterhaltung, Sport und Reisen». Davon wurde rege Gebrauch gemacht.

Tourismuswerbung für Wuhan während Pandemie

Ein gesponserter Tweet des Accounts @Visit_Wuhan proklamierte etwa: «Das Leben ist ungewöhnlich brillant, denn wir sind in Wuhan». Ein Tweet eines offiziellen Accounts der Provinz Shaanxi rief die Nutzer*innen auf, «nach Shaanxi zu kommen und seinen Charme zu spüren».

Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass es sich um das reine Werben um internationale Tourist*innen handelt. Denn durch die harten Corona-Regeln sind touristische Reisen nach China seit über zwei Jahren faktisch unmöglich. Vielmehr erscheint es wie PR-Kampagne, um das Image Chinas im Westen aufzupolieren. 

Im März dieses Jahres verbot Twitter dann sämtliche gesponserte Tweets von staatlich-kontrollierten Accounts. Nach einer Analyse von «Reuters» sind allerdings weiterhin eine Fülle an gesponserten Tweets von einschlägigen Accounts, unter anderem jenen der Parteizeitung Renmin Ribao, aktiv.

Chinesische Agenten bei Twitter?

Das grosse Geschäft mit China sorgt innerhalb Twitters für Unruhe. Mitarbeiter*innen waren besorgt, wie es «aussehen» würde, dass das Unternehmen in Zeiten steigender Spannungen zwischen den USA und China so sein Geld verdient.

Der gestern vor dem US-Kongress erschienene Twitter-Whistleblower Peiter Zatko fügte noch einen weiteren Vorwurf hinzu. Twitter sei vom FBI über einen chinesischen Agenten unter seinen Angestellten informiert worden. Diese hätte Zugriff auf sensible Daten gehabt.

Bereits 2018 wurden zwei saudi-arabische Agenten unter den Twitter-Angestellten identifiziert. Sie hatten Daten von Dissidenten an den saudischen Geheimdienst weitergeleitet. Einer der beiden floh in sein Heimatland, der andere wurde dieses Jahres von einem US-Gericht verurteilt.