Präzedenzfall für Künstliche Intelligenz«New York Times» verklagt OpenAI und Microsoft wegen Chatbots
Von Dirk Jacquemien
28.12.2023
Die «New York Times» verlangt von ChatGPT-Entwickler OpenAI sowie von Microsoft Milliarden Dollar an Schadenersatz, weil für das Trainieren derer Chatbots massenhaft urheberrechtlich geschützte Material der Zeitung verwendet worden sei.
Von Dirk Jacquemien
28.12.2023, 11:21
28.12.2023, 15:16
Dirk Jacquemien
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die «New York Times» glaubt, dass OpenAI und Microsoft in ihren Chatbots Millionen Artikel illegal verwenden.
Die Klage könnte zum Präzedenzfall für künstliche Intelligenz werden, dessen rechtlicher Status noch grösstenteils ungeklärt ist.
Die altehrwürdige «New York Times» hat OpenAI, den Entwickler von ChatGPT, sowie dessen Partner und Grossinvestor Microsoft verklagt. Die Zeitung wirft den Tech-Unternehmen vor, bei der Erstellung von Chatbots ohne Erlaubnis Millionen ihrer Artikel verwurstet zu haben. Sie verlangt Schadenersatz in Milliardenhöhe, wie «Reuters» berichtet.
Moderne Chatbots basieren auf sogenannten Large Language Models (LLM), also grossen Sprachmodellen, die selbstständig Texte erzeugen zu können. Um dafür überhaupt erst eine Basis zu haben, werden sie mit Milliarden an Texten gefüttert. Dazu gehören Weltliteratur, Social-Media-Beiträge oder eben journalistische Artikel.
Der bisherige Ansatz bei der Erstellung von LLMs war, sie mit soviel Material wie möglich zu füttern, Herkunft und Urheberrechtsstatus war grösstenteils irrelevant. Generative künstliche Intelligenz im Allgemeinen, zu der auch Bild- und Audiogeneratoren gehören, verfuhr ebenso. Das hat besonders in der Kreativbranche für einige Irritationen gesorgt.
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Hollywood-Stars klagen auch schon
So haben Künstler*innen und Autor*innen bereits Klage gegen diverse mit KI befasste Unternehmen erhoben. Auch Hollywood-Star Scarlett Johansson ging jüngst gegen ein Unternehmen vor, dass ein KI-generiertes Antlitz von ihr für Werbezwecke verwendete.
Die Klage der «New York Times» ist aber der erste Fall, bei dem ein grosses Medienunternehmen gegen KI vorgeht. Andere Unternehmen der Branche, etwa die Nachrichtenagentur Associated Press oder der Axel-Springer-Verlag, haben dagegen Lizenzvereinbarungen mit OpenAI und anderen Tech-Unternehmen geschlossen. Auch die «New York Times» war in Verhandlungen mit OpenAI, aber offenbar konnte man sich nicht einig werden.
Inwiefern das Trainieren von Chatbots mit urheberrechtlich geschütztem Material zulässig ist, ist juristisch noch völlig ungeklärt, der Ausgang des Verfahrens gilt als offen. Sollten Gerichte zu dem Schluss kommen, dass bei der Entwicklung von Chatbots systematisch Urheberrecht verletzt wird, dürfte das gesamte Geschäftsmodell der KI-Branche zusammenbrechen.
OpenAI und seine Pendants argumentieren, dass ihre Chatbots eine «transformative» Arbeit abliefern, das Ursprungsmaterial also nur verwenden, um etwas völlig Neues zu erschaffen. Das wäre als «Fair Use» nach US-Recht gestattet.
Die «New York Times »zählt auf den 220’000 Seiten Anhang zur Klage allerdings auch zahlreiche Beispiele auf, in den ChatGPT ihre Artikel fast Wort-für-Wort wiedergibt. Das dürfte nicht mehr als «Fair Use» gelten. Andere Rechtssysteme akzeptierten diese Doktrin zudem nicht oder nur eingeschränkt, sodass mindestens zu erwarten ist, dass es in unterschiedlichen Ländern widersprüchliche Urteile zur Legalität von Chatbots geben dürfte.