Tech-Milliardär Twitter-Chef Musk kündigt Nachfolgerin an

Von Andrej Sokolow und Hannes Breustedt, dpa

12.5.2023 - 04:26

Twitter-Nutzer: Elon Musk soll als Unternehmenschef zurücktreten

Twitter-Nutzer: Elon Musk soll als Unternehmenschef zurücktreten

Twitter-Nutzer: Elon Musk soll als Unternehmenschef zurücktreten

19.12.2022

Ende 2022 erklärte Elon Musk, den Spitzenposten bei Twitter räumen zu wollen – allerdings erst, wenn die Nachfolge geregelt sei. Nun ist eine neue Chefin gefunden. Wer es ist, liess er offen.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ende 2022 hat Twitter-Chef Elon Musk angekündigt, seinen Posten zu räumen.
  • Jetzt twitterte Musk, dass er eine Nachfolgerin für sich gefunden habe.
  • Weil Musk keinen Namen nannte, wird nun spekuliert.
  • Verschiedene Medie berichteten unterdessen, dass Linda Yaccarino werden soll. Sie ist bislang Anzeigenchefin des Medienkonzerns NBCUniversal.

Tech-Milliardär Elon Musk will nach einem chaotischen halben Jahr bald den Chefposten bei Twitter aufgeben. Eine Nachfolgerin sei gefunden und werde in rund sechs Wochen übernehmen, kündigte Musk in einem Tweet an. Einen Namen nannte Musk zunächst nicht. Laut Berichten soll es Linda Yaccarino werden, die Anzeigenchefin des Medienkonzerns NBCUniversal.

Auf sie käme die Aufgabe zu, das Verhältnis zu Twitters Werbekunden zu kitten, das durch Musks zum Teil erratische Führung Schaden genommen hat. Er selbst will sich künftig als Technikchef um Produkte und Software kümmern. Offen ist allerdings, wie viel Handlungsfreiheit die neue Top-Managerin neben Musk bekommen kann.

Linda Yaccarino bei einer Fachmesse für Marketing und Werbung in Köln. (Archivbild)
Linda Yaccarino bei einer Fachmesse für Marketing und Werbung in Köln. (Archivbild)
Bild: Imago/Future Image

Musk hatte Twitter im Oktober für rund 44 Milliarden Dollar gekauft, alle Top-Manager gefeuert und selbst die Führung übernommen. Danach brachen die Werbeeinnahmen ein - die zentrale Geldquelle von Twitter. Viele Anzeigenkunden befürchteten ein negatives Umfeld für ihre Produkte bei dem Dienst. Im Dezember liess Musk nach Kontroversen um seinen Führungsstil Twitter-Nutzer darüber abstimmen, ob er den Chefposten räumen soll - und gut 57 Prozent der 17,5 Millionen Teilnehmer sprachen sich dafür aus.

Frustrierte Tesla-Investoren

Danach passierte zunächst einmal nichts, obwohl Musk versichert hatte, dass er sich an den Ausgang der Abstimmung halten werde. So sagte er, er müsse erst jemanden finden, der «irre» genug sei, das Jobangebot anzunehmen. Im Februar stellte er in Aussicht, den Chefposten Ende des Jahres zu übergeben. Im April sagte er dem Sender BBC dann, sein Hund sei Twitter-Chef.

Zugleich betonte Musk immer wieder, er sei überlastet und wolle auf lange Sicht die Führung bei Twitter abgeben. Der 51-Jährige ist unter anderem auch Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla und der Weltraumfirma SpaceX. Vor allem unter Tesla-Investoren gab es Murren, dass Musk zu viel Zeit mit Twitter-Belangen verbringe.

Musks bislang rund halbes Jahr als «Head of Twitter» war von Chaos und Krisen geprägt. Nach einer Reihe höchst umstrittener Entscheidungen wurde der Gegenwind immer stärker. Zuletzt sorgte er für Chaos mit der Entscheidung, die alten Verifikationshäkchen zu löschen, mit denen der Kurznachrichtendienst einst die Echtheit der Accounts von Prominenten bestätigte. Die gleichen Symbole werden jetzt Abo-Kunden zugestanden - aber ohne verlässliche Prüfung ihrer Identität.

Chaos, Kontroversen und erratische Regeländerungen

Musks Twitter-Kauf hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der Multimilliardär stellte die Übernahme als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit dar. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform. Sie sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelten Hassbotschaften, Desinformationen und Hetze führen könnte.

Musk gelang es bislang nicht, diese Bedenken auszuräumen. Im Gegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er das Online-Netzwerk und verschreckte Anzeigenkunden. Das Abo-Geschäft bringt hingegen nach Einschätzung von Marktbeobachtern nur wenig Geld ein.

Die Tech-Journalistin Kara Swisher tippte deshalb schon kurz nach Musks Tweet darauf, dass Werbe-Expertin Yaccarino die wahrscheinlichste Kandidatin für den Twitter-Chefposten sei. Wenig später berichtete das «Wall Street Journal», die Managerin sei in Gesprächen über den Job. Es folgten das Hollywood-Blatt «Variety» und die Website «Puck». Musk präsentierte die Berufung einer neuen Chefin allerdings bereits als vollendete Tatsache. Ein Sprecher von NBCUniversal sagte dem «Wall Street Journal», Yaccarino probe derzeit eine Präsentation für Werbekunden.

Twitter-Kauf ein finanzieller Misserfolg

Yaccarino verantwortet das globale Anzeigengeschäft von NBCUniversal. Zum Konzern gehören unter anderem die US-Senderkette NBC und der Streamingdienst Peacock. Zuvor arbeitete sie lange im TV-Geschäft von Warner. NBCUniversal ging jüngst einen Deal mit Twitter rund um Material von den Olympischen Spielen in Paris 2024 ein. «Variety» schrieb unter Berufung auf Yaccarinos Umfeld, sie habe schon länger ihre Bewunderung für Musk zum Ausdruck gebracht. Mitte April interviewte sie ihn auf der Bühne einer Branchenkonferenz.

Elon Musk spricht am 18. April 2023 auf einer Marketing-Konferenz in Florida mit Linda Yaccarino.
Elon Musk spricht am 18. April 2023 auf einer Marketing-Konferenz in Florida mit Linda Yaccarino.
Bild: Keystone/AP Photo/Rebecca Blackwell

Der 44 Milliarden Dollar teure Kauf, den Musk zwischenzeitlich wieder abblasen wollte und letztlich nur unter hohem rechtlichen Druck durchzog, war bislang auch finanziell ein grosser Misserfolg. Bei der jüngsten Ausgabe von Aktien an Mitarbeiter wurde der Firmenwert nur noch halb so hoch angesetzt, wie Musk in einem BBC-Interview bestätigte. Zugleich behauptete er in einer E-Mail an die Belegschaft, Twitter könne einmal 250 Milliarden Dollar wert sein.

Die Andeutungen, der Dienst könne die Basis für eine Super-App nach dem Vorbild etwa von WeChat in China werden, gingen bisher aber nicht über blosse Gedankenspiele hinaus. Von einst rund 8000 Mitarbeitern blieben noch rund 1500 übrig. Musk hat Twitter stark verändert. Eine grosse Umwälzung mit noch ungewissen Folgen für die Glaubwürdigkeit der Plattform war etwa die Umwidmung der blauen Symbole, die einst einen von Twitter einwandfrei verifizierten Account auswiesen.

Von Andrej Sokolow und Hannes Breustedt, dpa