Unendliche Weiten Nasa hat Handbücher für Raumsonde verlegt

Von Dirk Jacquemien

16.7.2022

Voyager 1 reist seit 45 Jahre durch die Galaxie.
Voyager 1 reist seit 45 Jahre durch die Galaxie.
Keystone

Die Voyager 1-Sonde ist das am weitesten von der Erde entfernte menschengemachte Objekt. Jetzt macht sie Probleme, doch die Nasa findet die Handbücher zur Fehlerbehebung nicht mehr.

Von Dirk Jacquemien

Das Problem ist allgemein bekannt. Plötzlich will der Rasenmäher nicht mehr anspringen oder die Mikrowelle gibt komische Töne von sich. Also kramt man in der untersten Schublade nach dem Handbuch. Findet man es dort nicht, gibt es meist noch gute Chancen, eine digitale Kopie im Internet aufzuspüren.

Problematischer wird es, wenn das zu reparierende Gerät nur zwei Mal hergestellt wurde, 45 Jahre alt ist und sich 23 Milliarden Kilometer weit weg befindet, so wie die interstellare Sonde Yoyager 1. Sie sendet seit Mai komische Daten an die Nasa zurück, die diese nicht richtig auswerten kann, unter anderem, weil sie die Handbücher nicht mehr findet.

Navigationssystem spinnt herum

Die-Voyager 1-Sonde und ihr Zwilling Voyager 2 machten sich 1977 auf die Reise. Primäres Ziel waren die Gasplaneten, danach wurde beide auf eine das Sonnensystem verlassende Flugbahn geschickt. Voyager 1 erreichte 2012 den interstellaren Raum und ist derzeit das am weitesten von der Erde entfernte menschengemachte Objekt.

Seit Mai ergeben die vom Navigationssystem der Sonde an die Erde zurück gesendeten Daten keinen Sinn. Sie machen offensichtlich falsche Angaben über die Bewegung und Orientierung der Sonde, denn die Tatsache, dass überhaupt Daten ankommen, beweist, dass die Antenne von Voyager 1 in die richtige Richtung zeigt.

Strahlung setzt Voyager zu

Daten der diversen Instrumente an Bord kommen ebenfalls weiterhin an, aber die Sorge ist gross, dass sich die Sonde durch die Fehler im Navigationssystem selbst sabotieren könnte und der Kontakt zur Erde abbrechen würde. Die Ursache sei bisher ein «Mysterium», teilte die Nasa mit. Das hohe Alter und die starke Strahlung im interstellaren Raum könnten aber natürlich den Bauteilen der Sonde zugesetzt haben.

Eine Erklärung für die seltsamen Daten könnte in den Handbüchern der Voyager-Sonden liegen. Doch die hochkomplizierten Systeme der Sonde wurden von Tausenden Ingenieur*innen entwickelt, eine zentrale Dokumentation gab es nicht, sondern unzählige einzelne Anleitungen und Handbücher.

Handbücher vergammeln in Garagen

Auch das Archiv-System der Nasa liess zu wünschen übrig, so nahmen viele Ingenieur*innen bei Eintritt in den Ruhestand ihre Dokumente jeweils mit nach Hause. Dort liegen sie möglicherweise noch in Garagen herum, aber viele der am Voyager-Programm beteiligten Personen sind bereits verstorben, was das Auffinden der Handbücher erschwert.

Wie die Nasa-Projektmanagerin Suzanne Dodd «Insider» sagte, musste erst recherchiert werden, wer damals an welchem Voyager-System gearbeitet hatte, um dann hoffentlich die passenden Handbücher zu finden.

Unabhängig von dem aktuellen Problem sind die Tage der Voyager-Sonden wohl aber so oder so gezählt. Denn der Mini-Nuklearreaktor an Bord liefert immer weniger Strom. Noch dieses Jahr sollen daher einige Instrumente an Bord abgeschaltet werden, damit zumindest noch bis etwa 2030 der Kontakt zur Erde aufrechterhalten werden kann.