James-Webb-Teleskop Auf dieses Bild haben alle gewartet

sda/phi

11.7.2022 - 23:55

Forscher zum James-Webb-Teleskop: «Ich glaube an Leben ausserhalb der Erde»

Forscher zum James-Webb-Teleskop: «Ich glaube an Leben ausserhalb der Erde»

Adrian Glauser von der ETH Zürich arbeitet seit 18 Jahren am James-Webb-Teleskop mit. Ein Gespräch über den Urknall, ausserirdisches Leben und die Astronomie in der Zukunft.

13.05.2022

Das James-Webb-Teleskop wird die Wissenschaft auf den Kopf stellen, verspricht die Nasa. Die ersten Bilder haben den Schweizer Thomas Zurbuchen gerührt – und US-Präsident Joe Biden durfte spoilern.

Am heutigen Dienstag soll der vollständige Satz der ersten Bilder des Weltraumteleskops «James Webb» veröffentlicht werden. Das Teleskop verspricht einen Blick in die Urzeiten des Universums, als die ersten Sterne erhellten und Galaxien geboren wurden.

Einen ersten Vorgeschmack auf die Bilder gab es schon am 11. Juli: US-Präsident Joe Biden hat im Weissen Haus eines der ersten Bilder von «Webb» enthüllt. Bereits Anfang Jahr hatte das Teleskop erste Testbilder zur Erde geschickt – darunter Fotos von einem Stern und ein Selfie.

Die Nasa veröffentlichte am 11. Juli 2022 ein erstes Bild des James-Webb-Teleskops. Das Bild mit dem Namen «Webb’s First Deep Field» zeigt die Galaxiengruppe SMACS 0723.
Die Nasa veröffentlichte am 11. Juli 2022 ein erstes Bild des James-Webb-Teleskops. Das Bild mit dem Namen «Webb’s First Deep Field» zeigt die Galaxiengruppe SMACS 0723.
Bild: NASA/ESA/CSA via AP

Die für den 12. Juli geplante Veröffentlichung der Bilder soll nun «die vollen wissenschaftlichen Fähigkeiten von Webb demonstrieren». Auf diesen Aufnahmen sind demnach unter anderem der Carinanebel zu sehen, wo sich bizarr anmutende Staub- und Gasstrukturen türmen, die Galaxiengruppe «Stephans Quintett» sowie der Riesen-Exoplanet «Wasp-96 b».

«Was wir am 12. Juli sehen werden, ist nicht nur ein Bild», twitterte der Schweizer Nasa-Forschungsdirektor Thomas Zurbuchen kürzlich. Es sei eine neue Weltsicht auf die Natur. Seit Jahrzehnten, Jahrhunderten und Jahrtausenden verborgene Geheimnisse würden preisgegeben. Zurbuchen hat im Juni eingeräumt, die ersten Bilder des Teleskops hätten ihm die Tränen in die Augen steigen lassen.

«Webb» ist das bislang leistungsstärkste und teuerste je gebaute Teleskop. Es soll die Frühzeit des Universums vor 13 Milliarden Jahren erkunden und damit nur wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall zurückblicken. Astronominnen und Astronomen versprechen sich Rückschlüsse auf die Bildung der ersten Sterne und Galaxien.

Schweiz forscht mit

Webb-Aufnahmen sollen aber auch zeigen, ob es bewohnbare Planeten mit Wasservorkommen gibt. Nachdem das James-Webb-Teleskop im Dezember vergangenen Jahres seine 1,5 Millionen Kilometer lange Reise ins All hinter sich gebracht hatte, galt es, den riesigen Sonnenschutzschild auszufahren, den Spiegel auszurichten und die Instrumente zu kalibrieren und zu testen. Nun, sechs Monate später, kann die wissenschaftliche Mission beginnen.

James-Webb-Teleskop zeigt erstes Vollfarbbild ferner Galaxien

James-Webb-Teleskop zeigt erstes Vollfarbbild ferner Galaxien

Im Beisein von Präsident Biden präsentierte die Nasa das erste Foto des Weltraumteleskops präsentiert. Zu sehen ist der 4,6 Milliarden Jahre alten Galaxienhaufen SMACS 0723. Mindestens einer der Lichtflecken ist mehr als 13 Milliarden Jahre alt.

12.07.2022

Auch mehrere Teams von Schweizer Hochschulen konnten sich begehrte Beobachtungszeit mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sichern. Darunter der ETH-Astrophysiker Adrian Glauser und sein Team: Weil sie massgeblich an der Entwicklung an einem der Instrumente an Bord beteiligt waren, profitieren sie gar vom Privileg einer garantierten Beobachtungszeit, die sie für die Charakterisierung von Exoplaneten nutzen werden.

Das von ihnen entwickelte Instrument MIRI (Mid Infrared Instrument) arbeitet bei noch niedrigeren Temperaturen als die anderen drei Instrumente an Bord von «Webb». Deshalb bauten die Forschenden ein ausgeklügeltes Kühlsystem. Im April erreichte das Instrument seine endgültige Betriebstemperatur: minus 266 Grad Celsius.

Blick durch Staubwolken hindurch

Die extrem niedrigen Temperaturen der Instrumente sind nötig, damit die Beobachtungen im infraroten Bereich durchgeführt werden können. Dieses Lichtspektrum erlaubt unter anderem, extrem weit zurück in die Vergangenheit zu blicken sowie durch kosmische Staubwolken hindurchzuspähen.

Nasa-Ingenieure im James Webb Space Telescope Mission Operations Center in Baltimore im Januar 2022 bei der Arbeit.
Nasa-Ingenieure im James Webb Space Telescope Mission Operations Center in Baltimore im Januar 2022 bei der Arbeit.
Bild: AP

Unvorstellbar weit zurück möchten denn auch die Astrophysiker Robert Feldmann von der Universität Zürich und Pascal Oesch von der Universität Genf blicken: Als Teil des internationalen Programms «Uncover» wollen sie die ersten Galaxien im Universum aufzuspüren, die 300 bis 400 Millionen Jahre nach dem Urknall geboren wurden.

Die «Webb»-Mission ist eine Zusammenarbeit zwischen den Raumfahrtagenturen Esa, Nasa und der kanadischen Weltraumbehörde CSA. Das 1989 gestartete Projekt sollte ursprünglich Anfang der 2000er Jahre in Betrieb gehen. Immer neue Probleme verzögerten das Vorhaben jedoch jahrelang, die Kosten verdreifachten sich auf fast 10 Milliarden Dollar. Auch der Start musste mehrfach verschoben werden.

sda/phi