Automatisierung in den ChefetagenMüssen sich Führungskräfte bald am meisten vor künstlicher Intelligenz fürchten?
Martin Abgottspon
5.6.2024
Die Kostenersparnis und Effizienzsteigerung durch den Einsatz künstlicher Intelligenz könnte bald auch Führungskräfte treffen. Eine aktuelle Diskussion beleuchtet die Potenziale und Risiken.
Martin Abgottspon
05.06.2024, 09:00
Martin Abgottspon
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Künstliche Intelligenz bedroht nicht nur einfache Jobs, sondern auch Führungspositionen.
Experten glauben, dass bis zu 80 Prozent der Tätigkeiten eines CEOs durch KI erledigt werden können.
Trotz beeindruckender Fähigkeiten hat KI auch ihre Grenzen und Voreingenommenheiten.
Intelligente Automatisierung wird Millionen von Arbeitsplätzen kosten, so lautet die Prognose seit Jahren. Diese Annahme klingt nicht nur plausibel, sondern macht bei vielen Tätigkeiten, insbesondere gefährlichen oder monotonen Arbeiten, auch Sinn.
Doch nun rückt eine neue Zielgruppe in den Fokus: Führungskräfte. Trotz der bereits hohen Automatisierung in vielen Fertigungsbereichen ohne den Einsatz von KI, wächst in Forschungskreisen die Erkenntnis, dass auch zahlreiche Chefposten durch KI ersetzt werden könnten.
Jetzt wird Intelligenz ausgelagert
Dies ist naheliegend, da Führungskräfte vielen Unternehmen erhebliche Kosten verursachen. Ihre Bezahlung reflektiert die Verantwortung, die mit Entscheidungsfindung einhergeht, sowie das nötige Feingefühl, Expertise und Erfahrung.
Vinay Menon von der Beratungsfirma Korn Ferry erklärte gegenüber der New York Times deshalb: «Wir haben schon immer Aufgaben ausgelagert. Jetzt lagern wir die Intelligenz aus.» Und Anant Agarwal, ehemaliger Direktor des Computer Science and AI Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT), ergänzt: «Mein erster Gedanke war, dass sie sagen würden: ‹Ersetze alle Mitarbeiter, aber nicht mich.› Aber nach gründlichem Nachdenken würde ich sagen, dass 80 Prozent der Arbeit eines CEOs durch KI ersetzt werden können.»
Noch fehlt wohl das nötige Feingefühl
In der Tat erscheint die Idee, Chefs durch KI zu ersetzen, in vielen Bereichen sinnvoll. Entscheidungen werden zunehmend datenbasiert getroffen, und eine Maschine kann mehr Daten schneller und ohne persönliche Vorurteile verarbeiten. Sie trifft die logischste Entscheidung, ohne ein übergrosses Ego zur Schau zu stellen. Allerdings würde eine KI auch keine moralischen Hemmungen haben, Tausende von Mitarbeitern zu entlassen.
Eine Umfrage der IT-Beratungsfirma AND Digital unter Führungskräften zeigt, dass 43 Prozent der Befragten glauben, dass eine KI ihre Arbeit übernehmen könnte. Weitere 45 Prozent geben an, bereits wichtige Geschäftsentscheidungen mit Hilfe von ChatGPT zu treffen.
Dennoch bleibt Skepsis angebracht. Wer intensiver mit ChatGPT gearbeitet hat, kennt deren Tücken und ihre Voreingenommenheit von den zugrunde liegenden Trainingsdaten. Entscheidungen basieren oft auf Impulsen und Ideen, die erst entwickelt werden müssen. Daher gibt es noch keinen Grund, die menschliche Intelligenz in den Chefetagen vorschnell zu ersetzen.