Vorwürfe gegen Neuralink Affen sterben bei Musks Gehirnchip-Experimenten

Dirk Jacquemien

14.2.2022

Dutzende der zur Gattung der Makaken gehörende Rhesusaffen sollen bei Neuralink-Experimenten zu Tode gekommen sein.
Dutzende der zur Gattung der Makaken gehörende Rhesusaffen sollen bei Neuralink-Experimenten zu Tode gekommen sein.
Getty Images

Eine Tierrechtsorganisation wirft dem vom Elon Musk gegründeten Neuralink vor, bei Experimenten mit Gehirnchips Versuchsaffen zu quälen. Die Firma wehrt sich.

Dirk Jacquemien

Die Ärzteorganisation Physicians Committee for Responsible Medicine (PCRM) hat dem von Elon Musk gegründeten Neuralink und der University of California, Davis vorgeworfen, bei Tierversuchen zur Entwicklung eines Gehirnchips Dutzende Rhesusaffen gequält und getötet zu haben. Das PCRM hat beim für die Aufsicht von Tierversuchen zuständigen US-Landwirtschaftsministerium eine Beschwerde eingereicht.

Ausserdem hat es Klage gegen die Universität eingereicht, um die Herausgabe von Dokumenten und Fotos zu erzwingen. Das PCRM steht der Tierrechtsorganisation PETA nahe und spricht sich anders als die meisten anderen medizinischen Fachverbände gegen jegliche Tierversuche in der Forschung aus.

Drittes Unternehmen von Elon Musk

Neuralink wurde 2016 hauptsächlich von Elon Musk gegründet, der auch der Hauptinvestor und CEO des Unternehmens ist – seine dritte Chefstelle neben seinen Rollen bei Tesla und SpaceX. Fokus von Neuralink ist derzeit die Entwicklung eines kleinen Gehirnchips, der etwa gelähmten Menschen die Steuerung von Hilfsgeräten durch Gedankenkontrolle ermöglichen soll.

2021 demonstrierte Neuralink den Chip an einem Affen, der mit seinen Gedanken den Klassiker Pong spielen konnte. Musk sagte vergangenes Jahr, dass Neuralink noch 2022 mit den ersten Versuchen an Menschen beginnen wolle.

16 Affen gestorben

Doch diese Fortschritte waren offenbar mit einem hohen Preis verbunden. Von 2017 bis 2020 hat Neuralink seine Tierversuche an der University of California, Davis – einer staatlichen Hochschule – durchführen lassen. Laut PCRM hätten nur 7 von ursprünglich 23 Makaken diese Experimente überlebt.

Während ihres Lebens hätten die Affen Qualen durchlaufen müssen. So seien Teile ihrer Schädel für die Implantation entfernt worden, sie seien einzeln in Stahlkäfigen eingesperrt worden und Stahlpfosten wären an ihren Kopf geschraubt worden. Nach der Implantation hätten zahlreiche der Affen Infektionen und Gehirnschläge bekommen, so das PCRM.



Affen seien schon vorher krank gewesen

Die Universität wehrt sich. Alle Gesetze zum Tierschutz seien befolgt worden, das Ethikkommitee der Hochschule habe zudem alle Experimente genehmigt. Inzwischen führt Neuralink seine Tierversuche in eigenen Einrichtungen durch. Dort würden die Tiere deutlich mehr Platz und Entfaltungsfreiheit haben als gesetzlich vorgeschrieben, schreibt Neuralink in einem Blogpost. Dort weist die Firma zumindest einige Vorwürfe des PCRM zurück.

So seien einige Affen bereits in schlechtem Gesundheitszustand von anderen Experimenten übernommen worden. Bei diesen seien dann sogenannte «Terminal procedures» durchgeführt worden, bei denen die Affen unmittelbar nach dem Einsatz des Chips wie vorab geplant «euthanisiert» wurden.

Zwei Affen, denen der Chip erfolgreich eingesetzt wurde, seien nach einer Beobachtungsphase geplant getötet worden, um bei einer Autopsie weitere Daten zu sammeln. Bei sechs Tieren habe es schliesslich eine medizinische Notwendigkeit für eine Euthanasie gegeben, etwa, weil sich um den Chip eine Infektion gebildet hatte.

«Es ist sicher angezeigt, dass wir unser Verhältnis zu Tieren überdenken»

«Es ist sicher angezeigt, dass wir unser Verhältnis zu Tieren überdenken»

Die Schweiz diskutiert so intensiv über Tierversuche wie nie. Sind Tierversuche noch zeitgemäss, und hat die Schweiz wirklich eines der strengsten Gesetze? Hanno Würbel, Präsident der Tierversuchsethik-Kommission und Professor für Tierschutz an der Uni Bern, gibt Antworten.

09.02.2022