Planlos in die Zukunft DeSantis-Desaster ist weiterer Rückschlag für Musks Twitter

Von Dirk Jacquemien

25.5.2023

Es war kein guter Tag für Ron DeSantis, aber ein noch schlechterer für Elon Musk.
Es war kein guter Tag für Ron DeSantis, aber ein noch schlechterer für Elon Musk.
Imago

Elon Musk will Twitter zur zentralen Plattform für den politischen Diskurs machen. Doch nicht nur technische Probleme könnten diesem Plan einen Strich durch die Rechnung machen.

Von Dirk Jacquemien

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen.

  • Die Ankündigung der Kandidatur von Ron DeSantis auf Twitter wurde zum Fiasko.
  • Es ist unwahrscheinlich, dass auch andere Kandidat*innen nun stark auf Twitter setzen werden.
  • Eigentümer Elon Musk macht Twitter zur rein rechten Plattform und könnte so an Relevanz verlieren.

So hatte sich Floridas Gouverneur Ron DeSantis das wohl nicht vorgestellt. Nach monatelangen Spekulationen um seine Absichten war er endlich bereit, seine Kandidatur für das Präsidentenamt zu verkünden. Ausgesucht hatte er sich dafür Twitter, das unter dem neuen Eigentümer Elon Musk die neue Lieblingsheimat des politischen Rechtsaussenflügels in den USA geworden ist.

Dort liessen sich bestimmt viele republikanische Wähler*innen, die DeSantis in den wohl hart umkämpften Vorwahlen gegen Donald Trump braucht, finden, so der mutmassliche Hintergedanke seines Kampagnenteams. Doch diese Wähler*innen hörten wie alle anderen, zunächst nichts.

20 Minuten lang waren nur Statik und gelegentliche frustrierte Kommentare von Musk sowie von «Moderator» David Sacks, Musk-Intimus und DeSantis-Grossspender, zu hören. Die Ankündigung im Audiochat «Twitter Space» musste schliesslich über Sacks Accounts abgewickelt werden.

Schadenfreude in allen Ecken

Sowohl Donald Trump als auch Joe Biden machten sich in schnell zusammengeschnittenen Videos über das DeSantis-Twitter-Fiasko lustig. Und auch Berichte in den Leitmedien fokussierten sich fast genauso stark auf die Probleme bei der Ankündigung als auf DeSantis’ politische Botschaften.

Selbst «Fox News», die traditionelle Heimat von ambitionierten republikanischen Politiker*innen, konnte sich einen Seitenhieb auf Twitter nicht verkneifen. Der einstige «Fox News»-Star Tucker Carlson verliess den Sender schliesslich im Streit und plant auf Twitter eine neue Show.

Für DeSantis war der misslungene Start seiner Kampagne sicher ärgerlich, wahlentscheidend dürfte er kaum sein. Viel wichtiger für seinen Erfolg oder Misserfolg werden seine Auftritte in den kommenden Monaten und vor allem die Debatten gegen seine Konkurrent*innen sein. Für Musks Ambitionen, Twitter als zentrales Medium für den politischen Diskurs zu erhalten und auszubauen, ist das Fiasko aber ein schwerer Rückschlag.

Mehr Zuschauer bei virtuellen Konzerten

Musks und seine Lakaien bemühten sich danach um Schadensbegrenzung. Sacks sprach völlig faktenbefreit vom «grössten Raum», der jemals auf Social Media versammelt gewesen sei. Zu Spitzenzeiten haben allerdings nur 600’000 Menschen gleichzeitig die Ankündigung live verfolgt, eine am selben Tag abgehaltene Präsentation über neue Playstation-Spiele kaum auf 2 Millionen Zuschauer und virtuelle Konzerte im Online-Spiel Fortnite erreichen schon mal über 10 Millionen Interessierte.

Selbst ein traditionelles «Town Hall»-Interview mit Donald Trump auf CNN kam Anfang des Monats auf 3,3 Millionen Zuschauer. DeSantis gab nach seiner Twitter-Ankündigung auch noch Fox News ein Live-Interview, dessen Quoten noch nicht bekannt sind. Es werden allerdings mit Sicherheit mehr als 600’000 Menschen eingeschaltet haben.

Andere Kandidat*innen werden Abstand halten

Die technischen Probleme selbst bei vergleichsweise kleiner Zuhörerzahl sind dabei nur ein Faktor, den andere Kandidat*innen davon abhalten würden, es DeSantis nachzumachen. Musk hatte bereits vergangenes Jahr verkündet, dass er eine Kandidatur von DeSantis unterstützen würde. Nun betont er zwar, dass alle Präsidentschaftskandidat*innen auf Twitter willkommen seien, aber es ist unklar, warum diese Energie für die Plattform aufwenden sollten.

Sicher werden sie Twitter weiter bespielen, noch ist es eine wichtige Social-Media-Plattform. Aber dessen Eigentümer hat bereits deutlich gemacht, dass er auf der Seite eines ihrer Konkurrenten steht. Dass andere Kandidat*innen daher wie DeSantis irgendein Event exklusiv auf Twitter abhalten, ist schwer vorstellbar.

Musk hat Twitter zur rechten Plattform gemacht

Vor allem bei Demokrat*innen dürfte jegliche Aktion, die als Unterstützung für Musk angesehen werden könnte, bei den eigenen Wähler*innen ganz schlecht ankommen. Denn Musk hat sich in vergangenen Monaten bei quasi jedem politischen Thema ganz weit rechtsaussen positioniert und konnte neben Carlson etwa auch die konservative Medienorganisation «The Daily Wire» für Twitter gewinnen, die dort Bezahl-Inhalte veröffentlichten.

Musk macht Twitter also zu einer dezidiert rechten Plattform. Das Problem für ihn ist, dass es davon schon einige gibt. Zum einen tritt er in Konkurrenz zu Fernsehsendern wie Fox News und dessen relativen neuen, noch extremeren Konkurrenten Newsmax und OAN. Dann gibt es eher dahindümpelnde Social-Media-Plattformen wie Truth Social von Trump oder das auf Videos fokussierte Rumble.

Sie konnten bisher nicht den Beweis antreten, dass eine rechte Social-Media-Plattform auch ein profitables Unternehmen sein kann. Und ihre Ausgaben liegen natürlich meilenweit unter jenen von Twitter, das pro Jahr alleine 1 Milliarde Dollar für Kreditzinsen aufbringen muss. Kollabierende Werbeeinnahmen sind, gepaart mit massiven technischen Problemen und einer fragwürdigen Geschäftsstrategie, keine guten Vorzeichen für eine erfolgreiche Zukunft.