Intelligente BlechpolizistenNeue KI-Radare büssen Franzosen – kommen diese auch bei uns?
Martin Abgottspon
13.11.2024
Intelligente Radarsysteme sollen in Frankreich künftig weit mehr registrieren als nur Geschwindigkeitsüberschreitungen. Das könnte teuer werden. Auch für Schweizer?
Martin Abgottspon
13.11.2024, 10:30
13.11.2024, 11:35
Martin Abgottspon
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Frankreich führt 2025 KI-basierte Radaranlagen ein. Diese sollen automatisiert auch Sicherheitsabstand, Gurtpflicht und Handy-Nutzung erfassen.
Kritiker werfen der Regierung vor, durch die neue Technik vor allem mehr Bussgelder eintreiben zu wollen.
Die Kantonspolizeien Zürich und Bern erklären, dass KI-gestützte Radarkontrollen derzeit kein Thema sind und es keine Pläne zur Einführung gibt.
Verkehrssünder soll es in Frankreich künftig noch mehr an den Kragen gehen. Dazu plant die Regierung bis 2025 die Zahl der Radargeräte auf 4160 zu erhöhen. Ein Grossteil dieser Geräte soll ausserdem aufgerüstet werden und dank KI-basierter Technologien mehrere Verstösse gleichzeitig registrieren. Dazu gehören nebst Geschwindigkeitsüberschreitungen Vergehen wie das Nicht-Einhalten des Sicherheitsabstands, Verstösse gegen die Gurtpflicht oder das Benutzen eines Handys am Steuer.
Die Massnahmen kosten Frankreich 46,3 Millionen Euro und sollen sich über erhöhte Bussgelder schnell amortisieren. Tatsächlich rechnet die Regierung bereits in ihrem Budgetplan mit einer höheren Zahl an Bussgeldscheinen und damit auch mit steigenden Ausgaben für deren Druck und Versand.
Nur Geldmacherei?
Diese Pläne stossen aktuell auf heftige Kritik. Der Automobilklub «40 Millions d'automobilistes» spricht von einem «Rückschritt für die Verkehrssicherheit» und wirft der Regierung vor, hinter dem Vorwand der Sicherheit finanzielle Interessen zu verfolgen. «Die neuen Radargeräte haben keine echten Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, sondern dienen lediglich der Verfolgung grösserer finanzieller Interessen», so ein Sprecher des Automobilclubs.
Die strikte Automatisierung der Überwachung könnte laut den Kritikern zudem zu Fehlentscheidungen führen: Ein Beispiel wäre ein Autofahrer, der beim Überholtwerden vorübergehend zu wenig Abstand zum vorderen Fahrzeug hat – ein Verstoss, für den eigentlich der Überholende verantwortlich wäre.
Bei der Schweizer Polizei kein Thema
In der Schweiz ist von einer Aufrüstung der Radaranlagen im ähnlichen Stil derzeit nichts zu spüren. Die Kantonspolizei Zürich antwortet auf Anfrage von blue News kurz und knapp. «Bei der Kantonspolizei Zürich sind solche Geschwindigkeitsmessgeräte mit KI, wie auch andere Einsatzmittel im Strassenverkehr mit KI, zurzeit kein Thema. Zu Geräten anderer Polizeien nehmen wir keine Stellung.»
Auch aus dem Kanton Bern ist Ähnliches zu hören. «Bei uns im Kanton Bern bestehen aktuell keine Überlegungen hinsichtlich der erwähnten Aufrüstung von Radarkontrollen mit KI.»
Nur eine Frage der Zeit?
Dennoch stellt sich die Frage, ob auch in der Schweiz eines Tages eine ähnliche KI-basierte Verkehrskontrolle Einzug halten könnte. Automatisierte Systeme haben das Potenzial, den Verkehrsfluss und die Sicherheit zu verbessern, könnten aber auch rechtliche und ethische Fragen aufwerfen, wie die Kritik aus Frankreich zeigt. Bleiben automatische Strafen gerecht und angemessen, wenn es keine direkte menschliche Kontrolle gibt? Und wie kann sichergestellt werden, dass KI-Systeme tatsächlich den richtigen Verkehrsteilnehmer ins Visier nehmen?
Aktuell scheint es, als wolle die Schweiz diesen Fragen erst begegnen, wenn die Technologie weiter ausgereift ist und es deutliche Anzeichen für deren Nutzen im Verkehrsbereich gibt. So lange bleibt es beim traditionellen Radar.