Vom Patrioten zum Verräter Wie ein Ukrainer seine Heimat an Putin verriet – und lebenslang büsst

Sven Ziegler

24.12.2024

Der Ukrainer verriet seine Landsleute – nun sitzt er im Gefängnis. (Symbolbild)
Der Ukrainer verriet seine Landsleute – nun sitzt er im Gefängnis. (Symbolbild)
KEYSTONE

Seine Vergangenheit und Überzeugungen machten ihn zum perfekten Ziel für Russlands Spionage: Ein Ukrainer verriet dem Kreml militärische Geheimnisse. Heute sitzt er lebenslang in Haft.

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein ukrainischer Staatsbürger spionierte für Russland und lieferte Informationen über militärische Ziele.
  • Die Sicherheitsdienste überführten ihn mithilfe von Zeugenaussagen und abgehörten Gesprächen.
  • Nun hofft er auf einen Gefangenenaustausch, um seiner lebenslangen Haft zu entkommen.

In einem Polizeigebäude in Saporischschja sitzt ein Mann, der einst an die Idee der «Russischen Welt» glaubte, heute jedoch als Verräter verurteilt ist. Der 52-jährige Oleh Kolesnikov wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er Informationen über militärische Ziele an Russland weitergab.

Reuters traf ihn im April, bevor das Urteil fiel, und erhielt Einblicke in die Beweggründe und das Vorgehen eines Mannes, der sich selbst als Patriot bezeichnete, aber gegen sein eigenes Land arbeitete.

Kolesnikov, ein ehemaliger Landmanager, wuchs in der Sowjetzeit auf und fühlte sich kulturell und historisch mit Russland verbunden. Diese Nähe nutzten russische Agenten, um ihn für Spionage zu gewinnen. «Ich tat es nicht für Geld, sondern aus Überzeugung», sagte er.

Doch die Realität des Krieges enttäuschte ihn: Statt eines schnellen Sieges erlebte er Zerstörung und Tod. Besonders schwer wogen für ihn die zivilen Opfer der Raketenangriffe, zu denen seine Informationen beitrugen.

Wie aus Überzeugung Verrat wurde

Im September 2022 lieferte Kolesnikov Koordinaten für ein Treffen lokaler Beamter im Sunrise Hotel in Saporischschja. Der Angriff auf das Gebäude tötete eine Zivilperson und verletzte mehrere andere. Solche Informationen sammelte er regelmässig – oft durch Beobachtungen an den Einschlagsorten russischer Raketen.

Doch sein Verhalten blieb nicht unentdeckt. Sicherheitskräfte identifizierten sein Auto an mehreren Orten von Angriffen und hörten Gespräche in seinem Fahrzeug ab, in denen er mit einem Komplizen Pläne schmiedete.

Sein Komplize, Vitaly Kusakin, ein Chauffeur, der ebenfalls Informationen sammelte, wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Für Kolesnikov selbst entschieden die Richter, dass seine Handlungen absichtlich und gezielt russischen Agenten halfen.

Ein Leben hinter Gittern – mit einer Hoffnung

Der Fall Kolesnikov ist einer von über 3200 wegen Hochverrats in der Ukraine eingeleiteten Verfahren seit Beginn der russischen Invasion, schreibt Reuters. Die ukrainischen Sicherheitsdienste (SBU) intensivieren ihre Bemühungen, russische Agenten zu enttarnen und Spionagenetzwerke zu zerschlagen. Laut Vasyl Maliuk, dem Chef der SBU, sei dies entscheidend für den Sieg der Ukraine.

Für Kolesnikov bleibt nur noch eine Hoffnung: Er will in einem Gefangenenaustausch mit Russland freikommen. «Ich würde gerne ausgetauscht werden», sagte er resigniert. «Aber das liegt nicht in meiner Hand.»


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