«Project 2025» Der radikale Plan für Trump in vier Punkten erklärt

dpa/dmu

18.7.2024 - 04:30

Parteitag der US-Republikaner: Haley und DeSantis stellen sich hinter Trump

Parteitag der US-Republikaner: Haley und DeSantis stellen sich hinter Trump

STORY: Drei Tage nach dem Attentat auf Donald Trump haben sich seine ehemaligen Hauptkonkurrenten im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, Nikki Haley und Ron DeSantis, auf dem Parteitag der Republikaner in Milwaukee demonstrativ hinter den Ex-Präsidenten gestellt. Haley, die Trump im Wahlkampf als unwählbar und ungeeignet für das Amt bezeichnet hatte, rief ihre Anhänger dazu auf, Trump anstelle des demokratischen Kandidaten Joe Biden zu wählen – «zum Wohle unserer Nation», wie sie sagte. «Sie müssen nicht hundertprozentig mit Trump übereinstimmen, um ihn zu wählen», sagte die ehemalige UN-Botschafterin und Gouverneurin von South Carolina. «Glauben Sie mir. Ich war nicht immer einer Meinung mit Präsident Trump. Aber wir stimmen öfter überein, als dass wir es nicht tun.» Floridas Gouverneur DeSantis bezeichnete bei seinem Auftritt Biden als zu alt für das Amt und schwor seine Anhänger auf Trump ein. Die demonstrative Geschlossenheit der Republikaner steht im Kontrast zu den seit Wochen mit internen Spannungen kämpfenden Demokraten. Nach einem schwachem Auftritt von US-Präsident Joe Biden in der Debatte gegen Trump am 27. Juni mehrten sich die Stimmen, die den 81-Jährigen zum Verzicht auf eine erneute Kandidatur aufforderten. Biden wies in seiner ersten Wahlkampfrede nach dem Attentat auf seinen Vorgänger erneut die Rücktrittsforderungen zurück. Er bekräftigte seine Entschlossenheit, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Bei einem Auftritt vor afroamerikanischen Wählern in Las Vegas erklärte er: «Ich bin voll dabei.» Der viertägige Parteitag der Republikaner wird am Donnerstag mit einer Rede von Trump zur besten Sendezeit seinen Höhepunkt erreichen. Trump wird dabei offiziell die Nominierung der Partei annehmen, um bei der Wahl im November gegen Biden anzutreten.

18.07.2024

Als Trump nach der Wahl 2016 ins Weisse Haus einzog, konnte er viele Ideen nicht umsetzen – ihm fehlte ein richtiger Plan. Das könnte bei einer möglichen zweiten Amtszeit anders sein.

dpa/dmu

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • «Project 2025» ist ein Plan zur Umgestaltung der Exekutive der US-Regierung im Fall eines Siegs von Donald Trump.
  • Das Handbuch umfasst radikale Ideen, darunter detaillierte Pläne für die Migrationspolitik.
  • Trump distanziert sich vom «Project 2025», tut dies allerdings wenig glaubwürdig.

Wer wissen will, was die USA bei einem Wahlsieg Donald Trumps erwarten könnte, kann das einfach nachlesen. Ein bisschen Zeit muss man sich allerdings nehmen, denn das Manifest «Mandat für Führung. Das konservative Versprechen» hat mehr als 900 Seiten. 

Obwohl für ihn entworfen, geht Donald Trump zumindest öffentlich auf Distanz zum «Project 2025».
Obwohl für ihn entworfen, geht Donald Trump zumindest öffentlich auf Distanz zum «Project 2025».
Bild: Keystone/AP/Evan Vucci

Besser bekannt ist das Handbuch der rechtskonservativen Denkfabrik Heritage Foundation als «Project 2025». Es handelt sich um einen radikalen Politik-Entwurf für den nächsten republikanischen Präsidenten. Zwar versucht Trump offiziell Abstand zu der Schrift zu nehmen. Doch die Stiftung und die Republikanische Partei sind eng miteinander verbunden – sie gehört zu den Sponsoren des Parteitags in Milwaukee. 

Das ist das «Project 2025»

«Es reicht nicht aus, dass die Konservativen die Wahlen gewinnen», heisst es in der Anpreisung des Projekts. «Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen.» Dem «Project 2025» haben sich zahlreiche konservative Organisationen angeschlossen. Es bietet eine Blaupause für die Gestaltung der ersten 180 Tage nach Amtsantritt.

Es handelt sich dabei nicht um Trumps Plan, aber es ist ein Plan, der für Trump gemacht ist. Die Heritage Foundation hat bereits in der Vergangenheit solche Strategiepapiere veröffentlicht – auch vor Trumps Wahlsieg 2016. Nach dem Amtsantritt des Republikaners herrschte damals allerdings in erster Linie Chaos im Weissen Haus. Sollte Trump bei der Präsidentenwahl im November gewinnen, soll es nach der Vorstellung der Denkfabrik dieses Mal anders laufen.

Das «Project 2025» hat detaillierte Pläne für die Migrationspolitik.
Das «Project 2025» hat detaillierte Pläne für die Migrationspolitik.
Bild: Keystone/AP/Jae C. Hong

Die vier Hauptziele

1. «Die Wiederherstellung der Familie als Kernstück des amerikanischen Lebens und Schutz unserer Kinder»

Das «Project 2025» vertritt gesellschaftspolitisch erzkonservative Positionen. Die Autoren lehnen Abtreibung ab, fordern ein Verbot von Pornografie und machen sich für Massnahmen stark, die «Ehe, Arbeit, Mutterschaft, Vaterschaft und die Kernfamilien» fördern sollen. 

2. «Abschaffung des Verwaltungsstaates und Rückgabe der Selbstverwaltung an das amerikanische Volk»

Die Autoren des «Project 2025» wollen die Beamten in Bundesbehörden und Ministerien weitgehend durch politische Angestellte ersetzen. Dahinter steht der Deep-State-Mythos, wonach in Washington eigentlich im Verborgenen Regierungsbeamte regieren, die angeblich Trump in seiner Amtszeit entgegenwirkten. Die Macht des Präsidenten soll ausgeweitet, der Kongress geschwächt werden.

US-Wahlen 2024 im Fokus

Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.

Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde, zu der auch der Wetterdienst oder das US-Hurrikanzentrum gehören, soll aufgelöst werden, weil sie «einer der wichtigsten treibenden Kräfte der Klimawandel-Alarmindustrie» sei. Ihre Funktionen sollen auf andere Behörden übertragen oder privatisiert werden.

3. «Verteidigung der Souveränität, der Grenzen und des Reichtums unserer Nation gegen globale Bedrohungen»

Der Schutz der US-Grenze wird in dem Manifest als eine Priorität genannt. An der Südgrenze zu Mexiko soll Trumps Grenzmauer fertig gebaut und die Einwanderungsgesetze sollen verschärft werden. Die Inhaftierung und Abschiebung illegal Eingereister sei von «entscheidender Bedeutung, wenn wir die Kontrolle über die Grenze zurückgewinnen» wollen.

4. «Sicherung unserer gottgegebenen individuellen Rechte auf ein freies Leben»

Die Autoren sprechen sich für sogenannte Religionsfreiheit aus. Anders als es klingen mag, bedeutet das eigentlich, dass christliche Werte mit öffentlichen Geldern gefördert und im Alltag eine zentrale Stellung einnehmen sollen. Das Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste soll für eine «eine biblisch begründete, sozialwissenschaftlich untermauerte Definition von Ehe und Familie» einstehen. 

Die Delegierten haben das neue Parteiprogramm beim Parteitag in Milwaukee abgesegnet.
Die Delegierten haben das neue Parteiprogramm beim Parteitag in Milwaukee abgesegnet.
Bild: Keystone/AP/Nam Y. Huh

Trump geht auf Distanz

Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden warnen im Wahlkampf eindringlich vor «Project 2025». Die Blaupause gebe Trump mehr Macht über das tägliche Leben der Menschen und schaffe demokratische Kontrollmechanismen ab. Das hat den Republikaner auf den Plan gerufen. Er wisse nichts von «Project 2025», schrieb der 78-Jährige auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. «Ich stimme mit einigen der Aussagen nicht überein, und einige der Aussagen sind absolut lächerlich und katastrophal.» 

Trumps Versuch, sich von dem Manifest zu distanzieren, ist nicht wirklich glaubwürdig. Verbündete des Republikaners und frühere Mitarbeiter seiner Regierung haben daran mitgearbeitet. Trumps Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, J.D. Vance, hat enge Verbindungen zur Heritage Foundation. Der Senator versuchte zuletzt auch auf Abstand zu gehen. «Ich garantiere Ihnen, dass es Dinge gibt, die Trump an diesem 900-seitigen Dokument gefallen und nicht gefallen.»

Es gibt ausserdem grosse Überschneidungen zwischen dem Manifest und Trumps Politikversprechen sowie dem Parteiprogramm der Republikaner. Beim Parteitag in Milwaukee, bei dem Trump offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt wurde – wurde auch das Parteiprogramm verabschiedet. 

Darin werden in Versalien 20 «Versprechen» genannt – etwa: «Durchführung der grössten Abschiebungsaktion in der amerikanischen Geschichte» oder «Ende des Mandats für Elektrofahrzeuge und Aufhebung teurer und belastender Vorschriften». 

Trump reckt beim Parteitag die Faust in die Höhe und wird in der Veranstaltungshalle von den Delegierten bejubelt.
Trump reckt beim Parteitag die Faust in die Höhe und wird in der Veranstaltungshalle von den Delegierten bejubelt.
Bild: Keystone/AP/Charles Rex Arbogast

Streitpunkt Abtreibung

Auffällig ist, dass das Thema Abtreibung nicht in den Versprechen vorkommt und im Programm nur einmal Erwähnung findet. «Wir werden Spätabtreibungen ablehnen», heisst es da. Von strikten Abtreibungsverboten ist keine Rede – religiöse Unterstützer hat das verärgert. Mit der Ernennung drei rechtskonservativer Richter für das Oberste Gericht der USA hat Trump es möglich gemacht, dass das landesweite geltende Recht auf Abtreibung gekippt wurde. 

Trump feierte das zunächst als Erfolg. Eine Mehrheit der Menschen in den USA unterstützt allerdings das Recht auf Abtreibung. Deshalb windet sich Trump mittlerweile bei dem Thema und vermeidet klare Bekenntnisse. 

Das zeigt sich auch beim Parteiprogramm und mit dem Versuch, zu der Blaupause auf Distanz zu gehen. Trump will gemässigtere Konservative nicht mit diesen radikalen Positionen verschrecken. «Project 2025» dürfte Trump nach einer möglichen Wiederwahl allerdings Inspiration für seine Politik bieten – mindestens. 


Mehr Videos zum Thema

Lebensgefährliches Amt: Diese US-Präsidenten wurden ermordet

Lebensgefährliches Amt: Diese US-Präsidenten wurden ermordet

Ob John F. Kennedy, Abraham Lincoln oder der eher unbekannte US-Präsident James Garfield: Seit 1865 gab es mehrfach Mordversuche an US-Präsidenten. Einige starben, nicht alle waren politisch motiviert.

15.07.2024

dpa/dmu