20 Jahre Dschungelcamp «Blut trinke ich nicht, ich esse lieber Penis»

DPA/bb

9.1.2024 - 20:06

Neues Jahr, neues Dschungelcamp – und diesmal ein besonderes. Die TV-Show mit wimmernden C-Promis wird 20 Jahre alt. Was früher als Ekel-Fernsehen galt, ist längst zum Ritual geworden. Ein Rückblick.

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  • Das RTL-Dschungelcamp feiert heute seinen 20. Geburtstag.
  • Von Claudia Effenberg bis Rainer Langhans, von Dolly Buster bis Thomas Hässler wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten allerlei C- und B-Promis durch das Pritschen-Lager in Australien geschleust.
  • Und ein Ende ist nicht absehbar: Am Freitag, 19. Januar, startet die nächste Staffel. Im Jubiläumsjahr soll unter anderem Schauspieler Heinz Hoenig, honoriger Charakter-Mime in grossen Mehrteilern, durch die Urwald-Mühle gedreht werden.

Neil Armstrong war der erste Mensch auf dem Mond, Edmund Hillary und Tenzing Norgay die ersten auf dem Mount Everest – und Costa Cordalis der erste, der für das deutsche Fernsehen in die Schlangengrube stieg.

Im Januar 2004 leistete der 2019 verstorbene Schlagerbarde mit der schwarzen Prachtmähne («Ich fand sie irgendwo allein in Mexiko, Anita») Pionierarbeit.

Cordalis war damals der erste Kandidat, der für die ganz neue Show «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» im fernen Australien in eine sogenannte Dschungelprüfung ging und sich zur Erheiterung des Publikums malträtieren liess. Kaum absehbar war damals, wie viele seinem Vorbild folgen würden.

C-Promis werden durchs Pritschen-Lager geschleust

Mittlerweile wissen wir: 2024 gibt es das RTL-Dschungelcamp immer noch – heute wird die TV-Show exakt 20 Jahre alt. Von Claudia Effenberg bis Rainer Langhans, von Dolly Buster bis Thomas Hässler wurden seitdem allerlei C- und B-Promis durch das Pritschen-Lager geschleust.

Und am Freitag, 19. Januar, startet die nächste Staffel. Im Jubiläumsjahr soll unter anderem Schauspieler Heinz Hoenig, honoriger Charakter-Mime in grossen Mehrteilern, durch die Urwald-Mühle gedreht werden.

Tessa Bergmeier und Cosimo Citiolo sind am Tag drei des Dschungelcamps 2023 mit Schleim, Innereien, Melasse, Kakerlaken, Maden und Federn besudelt.
Tessa Bergmeier und Cosimo Citiolo sind am Tag drei des Dschungelcamps 2023 mit Schleim, Innereien, Melasse, Kakerlaken, Maden und Federn besudelt.
Bild: Stefan Thoyah/RTL/dpa

Bei karger Nahrung ausharren, mehr oder minder fiese Prüfungen überstehen – das Programm ist wohl erprobt. «Das Dschungelcamp ist neben «Wetten, dass..?» das letzte verbleibende Lagerfeuer des traditionellen Fernsehens, das eine grosse Reichweite besitzt», sagt Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher.

Und «Wetten, dass..?» wird je nach Entscheidung des ZDF möglicherweise nie wiederzusehen sein.  

Schon zu Beginn, 2004, wurden Top-Quoten eingefahren. Die erste Dschungel-Staffel kam nach RTL-Angaben auf einen fabelhaften Marktanteil von durchschnittlich 31,3 Prozent. Die Show war sofort das Gesprächsthema in Wohnzimmern, in Kantinen und auf Schulhöfen.

Die ersten Protagonist*innen ahnten dagegen selbst noch nicht so richtig, worauf sie sich eingelassen hatten. «Wir wussten gar nicht, was die mit uns vorhatten in diesem Camp», gab Cordalis 2015 zu.

Dabei gab es die Show eigentlich schon seit 2002 in Grossbritannien. Ins deutsche Camp zogen etwa Moderatorin Caroline Beil und Musiker Werner Böhm (Gottlieb Wendehals) ein. Aus damaliger Sicht C- und B-Prominente, von denen man annahm, dass sie im Januar einfach nichts zu tun hatten.

Spätestens aber als der DSDS-Teilnehmer Daniel Küblböck (1985 bis †2018), damals 18 Jahre alt, in einer Prüfung 30'000 Kakerlaken entgegenzitterte, war die Entrüstung gross.

Bis dato waren Promis im deutschen Fernsehen meist in sterilen TV-Studios ein wenig verulkt worden. Nun lagen sie wie Küblböck dem Wimmern nahe in einem Glassarg am anderen Ende der Welt.

«Ekel-TV» nannten es die einen, «Guantanamo Bay der deutschen Spassgesellschaft» («Der Spiegel») andere. Schon vier Tage nach dem Start sah sich die Katholische Elternschaft Deutschlands (KED) in der Pflicht, die Absetzung zu fordern.

RTL-Unterhaltungschef: «Nichts Vergleichbares im TV»

«Es gab damals nichts Vergleichbares im deutschen Fernsehen», erinnert sich RTL-Unterhaltungschef Markus Küttner. «Die Sendung war lauter und extremer als alle anderen TV-Sendungen zu dieser Zeit und hat daher recht stark polarisiert.»

Damals habe man sich auf das Dschungelcamp eingelassen, weil man an das Format geglaubt habe. «Aber dass die Quoten dann so durch die Decke gegangen sind, hat uns dann doch sehr überrascht», sagt er. In den ersten Jahren sei es auch viel schwieriger gewesen, Promis für die Show zu gewinnen. «Wir haben uns immer von Staffel zu Staffel gehangelt», sagt er.

Mit den Jahren änderte sich aber das Image des Dschungel-Zirkus, obwohl weiter Fisch-Eingeweide und «Kotzfrüchte» aufgefahren wurden. Was früher vermeintlich Doof-TV für schlichte Gemüter gewesen war, wurde zunehmend als Kammerspiel für ein vom grauen Januar ermattetes Bildungsbürgertum verkostet. Grosses Theater, nur eben mit Tierhoden.

Der Fernsehwissenschaftler Lothar Mikos schrieb schon 2004, dass der Clou an der Show sei, dass sie «differente Bedeutungsangebote» bereithalte. Spiel, Reality-Soap, Boulevard und Comedy vermischten sich. Das Publikum könne «abhängig von situativen und sozio-kulturellen Kontexten» unterschiedliche «Schwerpunkte» setzen. Anders gesagt: Für jeden, von oben bis unten, ist etwas dabei.

«Besonders ekelhaft finde ich behaarte Arschlöcher»

In Erinnerung blieb etwa die Staffel 2011, in der Model Sarah Knappik von Schauspieler Mathieu Carrière im Zuge grösster Ränkespiele auf Knien angefleht wurde, freiwillig auszusteigen («Sarah, bitte verlass uns!»).

In derselben Staffel geriet zudem eine Liaison zwischen der Bro'Sis-Sängerin Indira Weis und dem US5-Musiker Jay Khan unter akuten Heuchel-Verdacht.

In keiner Dschungel-Chronik fehlen darf auch die Schauspielerin Ingrid van Bergen, die 2009 mit damals 77 Jahren mit all ihrer Rest-Grandezza lebende Maden herunterwürgte – und gewann.

Costa Cordalis selbst, zeigte sich zeitlebens zufrieden mit seiner Entscheidung, mitzumachen – auch er gewann die Staffel. Die Schlangengrube war damals allerdings auch nicht das grösste Problem. Mit der Teilnahme habe er seine Ehe gefährdet, berichtete er später. Ehefrau Ingrid habe mit Scheidung gedroht.

Auch das neue Dschungelcamp, welches nächste Woche startet, wird Ekliges zu bieten haben. Bekannt ist etwa, dass Sänger und Influencer Twenty4tim frisch gebotoxt nach Australien reisen wird.

Angst scheint der 23-Jährige vor fast nichts zu haben, nur ein bisschen Ekel. Bei der Menüfolge der Essensprüfungen weiss er, was er futtern würde und was nicht. In der «Bild» verriet er, welche Widerlichkeit seinen Gaumen zum Tanzen bringt.

«Besonders ekelhaft finde ich behaarte Arschlöcher. Die würde ich auch im echten Leben nicht wollen. Was ich auch ekelhaft finde, sind Zungen, Gehirne und Augen. Also einen Penis würde ich essen. Blut würde ich nicht trinken, eher ein bisschen Tier-Sperma. Bei Pisse bin ich raus. Das würde ich nicht mal beim Sex machen. Anpinkeln, ja! Aber nicht trinken.»


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DPA/bb