Muslime machen Jagd auf Israelis Verletzte bei antisemitischem Vorfall auf Flughafen in Dagestan

dpa/dor

30.10.2023 - 01:08

Zahlreiche Verletzte bei Übergriffen auf Flughafen in Dagestan

Zahlreiche Verletzte bei Übergriffen auf Flughafen in Dagestan

Bei mutmasslich antisemitischen Übergriffen an einem Flughafen in der russischen Republik Dagestan am Sonntagabend sind mindestens 20 Menschen verletzt worden.

30.10.2023

Russland ist offiziell ein Land vieler Völker und Religionen. Doch die russischen Muslime halten zu den Palästinensern. In einer aufgeheizten Stimmung machen Muslime Jagd auf vermeintliche Juden.

DPA, dpa/dor

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  • Wegen des Kriegs im Nahen Osten kommt es in Russlands muslimisch geprägtem Nordkaukasus verstärkt zu antisemitischen Übergriffen.
  • In Machatschkala in der Teilrepublik Dagestan drang eine Menschenmenge am Sonntagabend in den Flughafen ein, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war, in der angeblich Flüchtlinge aus Israel sassen. 
  • Am Samstag umringte auch eine Menge aufgebrachter Menschen ein Hotel in der Stadt Chassawjurt in Dagestan, weil es das Gerücht gab, dort seien Flüchtlinge aus Israel untergebracht.
  • Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Evakuierungsflüge für russische Staatsbürger aus Tel Aviv ausgerechnet im Nordkaukasus landen. Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern halten die russischen Muslime zu ihren palästinensischen Glaubensbrüdern.
  • In Naltschik wurden am Sonntag Reifen neben einem jüdischen Kulturzentrum im Bau angezündet, wie die Nachrichtenagentur Ria meldete. Das Gebäude wurde nach Angaben der Sicherheitsbehörden der Teilrepublik Kabardino-Balkarie mit extremistischen Losungen beschmiert. Fotos zufolge stand dort «Tod den Juden».
  • In der Teilrepublik Karatschajewo-Tscherkessien riefen Demonstranten dazu auf, die örtliche jüdische Bevölkerung auszusiedeln.

Wegen des Gaza-Konflikts kommt es in Russlands muslimisch geprägtem Nordkaukasus verstärkt zu antijüdischen Übergriffen. In Machatschkala in der Teilrepublik Dagestan drang eine Menschenmenge am Sonntagabend in den Flughafen ein, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war, in der angeblich Flüchtlinge aus Israel sassen. Zahlreiche Menschen liefen auch auf das Flugfeld.

Ein Mob drang bis auf das Flugfeld des Flughafens von Machatschkala vor, wo das Flugzeug aus Tel Aviv gelandet war. (30. Oktober 2023)
Ein Mob drang bis auf das Flugfeld des Flughafens von Machatschkala vor, wo das Flugzeug aus Tel Aviv gelandet war. (30. Oktober 2023)
Bild: Keystone/AP Photo

Bei dem Vorfall seien mehr als 20 Menschen verletzt worden, darunter Einsatzkräfte der Polizei sowie Zivilisten. Zehn Menschen seien im Spital behandelt worden, zwei von ihnen befänden sich in kritischem Zustand, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zum Montag unter Berufung auf das örtliche Gesundheitsministerium.

Der Flugplatz wurde vorübergehend geschlossen, ankommende Flugzeuge wurden auf andere Flughäfen umgeleitet, wie die staatliche Flugaufsicht Rosawiazija der Agentur Tass zufolge mitteilte. Später teilte Rosawiazija mit, Sicherheitskräfte hätten das Gelände geräumt. Der Flughafen bleibe aber bis zum 6. November geschlossen.

«Mehr als 150 aktive Teilnehmer an den Unruhen wurden identifiziert, 60 von ihnen wurden festgenommen», erklärte das russische Innenministerium am Montag. Neun Polizisten seien verletzt worden, zwei von ihnen seien ins Krankenhaus gebracht worden.

Weitere Übergriffe auf Juden

Am Samstag umringte auch eine Menge aufgebrachter Menschen ein Hotel in der Stadt Chassawjurt in Dagestan, weil es das Gerücht gab, dort seien Flüchtlinge aus Israel untergebracht. Die staatliche Agentur Ria bestätigte diesen Vorfall. Nach örtlichen Berichten drangen mehrere Dutzend Männer in das Hotel ein, um angeblich die Pässe der Hotelgäste zu kontrollieren. Die Polizei riegelte das Hotel ab.

Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Evakuierungsflüge für russische Staatsbürger aus Tel Aviv ausgerechnet im Nordkaukasus landen, nämlich auf den Flughäfen Machatschkala, Mineralnyje Wody und Sotschi. Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern halten die russischen Muslime zu ihren palästinensischen Glaubensbrüdern.

In Naltschik wurden am Sonntag Reifen neben einem jüdischen Kulturzentrum im Bau angezündet, wie die Nachrichtenagentur Ria meldete. Das Gebäude wurde nach Angaben der Sicherheitsbehörden der Teilrepublik Kabardino-Balkarie mit extremistischen Losungen beschmiert. Fotos zufolge stand dort «Tod den Juden». In der Teilrepublik Karatschajewo-Tscherkessien riefen Demonstranten dazu auf, die örtliche jüdische Bevölkerung auszusiedeln.

Israel fordert von Russland Sicherheit

Der Republikchef von Dagestan, Sergej Melikow, rief die Bevölkerung auf, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen, die die Lage destabilisieren wollten. «Wegen der Fakes, die von unseren Feinden verbreitet werden, waren einige noch ganz junge Leute drauf und dran, die Gesetze zu verletzen», schrieb er auf Telegram. Auch die islamische Geistlichkeit der Region stellte klar: «Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus.»

Wegen der Gewalt im Nahen Osten hatte sich der russische Präsident Wladimir Putin vergangene Woche mit den Oberhäuptern der in Russland vertretenen Religionen getroffen. Dabei beschwor er ein friedliches Zusammenleben der Völker und Religionen in dem grossen Land.

Menschen versammelten sich vor dem Flughafen von Machatschkala, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war, und skandierten antisemitische Parolen. (30. Oktober 2023)
Menschen versammelten sich vor dem Flughafen von Machatschkala, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war, und skandierten antisemitische Parolen. (30. Oktober 2023)
IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA/Ramazan Rashidov

Israel hat die russischen Behörden zum Schutz seiner Staatsbürger aufgefordert. Es werde erwartet, «dass die russischen Strafverfolgungsbehörden die Sicherheit aller israelischen Bürger und Juden gewährleisten und entschlossen gegen Randalierer und wilde Aufwiegelung gegen Juden und Israelis vorgehen», teilten das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie das israelische Aussenministerium gemeinsamen mit.

«Israel nimmt Versuche, israelischen Bürgern und Juden irgendwo zu schaden, sehr ernst» und beobachte die Ereignisse in Dagestan, hiess es in der Mitteilung. Der israelische Botschafter in Russland, Alex Ben Zvi, arbeite mit den russischen Behörden zusammen, «um das Wohlergehen von Juden und Israelis vor Ort zu gewährleisten».

USA verurteilen «energisch» Sturm auf Flughafen

Die USA verurteilen die «antisemitischen Proteste» am Hauptstadtflughafen in Dagestan «energisch». «Die USA stehen unmissverständlich an der Seite der gesamten jüdischen Gemeinschaft angesichts des weltweiten Anstiegs des Antisemitismus», erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, am Sonntagabend (Ortszeit) im Onlinedienst X, ehemals Twitter.