Ukraine-Überblick Prigoschin will weitere 30'000 Mann für Söldnertruppe Wagner anwerben +++ Kiew wirft Putin Zynismus vor

red

19.3.2023

Selenskyj verspricht Befreiung von Mariupol

Selenskyj verspricht Befreiung von Mariupol

Kiew, 17.03.23: Am Jahrestag der Bombardierung des Theaters von Mariupol hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Rückeroberung der Stadt und ein Kriegsverbrechertribunal gegen Russen angekündigt. Selenskyj sagte am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache: «Der Tag wird kommen und wir werden Mariupol befreien.» Zugleich erinnerte der 45-Jährige an den russischen Luftangriff vor einem Jahr auf das Theater in der damals schwer umkämpften Hafenstadt, in dem zu der Zeit viele Zivilisten Unterschlupf gefunden hatten. O-TON «Russische Bomben zerstörten das Theater in Mariupol.» Moskau bestreitet die Verantwortung für den Angriff und behauptet, das Theater sei vom nationalistischen ukrainischen Regiment Asow in die Luft gesprengt worden. Selenskyj bezeichnete die Bombardierung des Theaters als eins von vielen Kriegsverbrechen Russlands. Der Tag werde kommen, an dem ein Tribunal eingerichtet wird, um Gerechtigkeit herzustellen, versprach er. Seinen Angaben nach arbeitet die ukrainische Justiz an der Aufklärung der Fälle.

19.03.2023

Nun will auch die Ukraine Sanktionen gegen Russland ergreifen, während der russische Machthaber erstmals seit Beginn des Angriffskriegs in die Ukraine reiste – alle Ereignisse findest du im Tages-Überblick.

red

Das Wichtigste in Kürze

  • Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnt davor, unrealistische Erwartungen an einen EU-Beitritt der Ukraine zu haben.
  • Auch die Ukraine will Sanktionen gegen Russland ergreifen, die Teil des globalen Drucks auf Russland sein sollen.
  • Erstmals seit Kriegsbeginn besuchte Kreml-Chef Putin besetztes Gebiet. Er reiste in die Hafenstadt Mariupol.
  • Alles Wichtige von Samstag findest du hier.

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  • 22.00 Uhr

    Wir beenden unseren Live-Ticker vom 19. März 2023

  • 16.33 Uhr

    Prigoschin will weitere 30'000 Mann für Söldnertruppe Wagner anwerben

    Der russische Söldnerführer Jewgeni Prigoschin will bis Mai weitere 30 000 Freiwillige für seine private Truppe Wagner rekrutieren. Bei einer Werbekampagne in russischen Sportclubs unterzeichneten täglich 500 bis 800 Männer einen Vertrag, teilte Prigoschin am Samstag im Telegram-Kanal seines Pressestabs mit. «Die Rekruten werden in Trainingslager geschickt.»

    Am Sonntag erinnerte Prigoschin daran, dass Wagner-Kämpfer vor genau einem Jahr am 19. März in die Kämpfe in der Ukraine eingegriffen hätten. (Archiv)
    Am Sonntag erinnerte Prigoschin daran, dass Wagner-Kämpfer vor genau einem Jahr am 19. März in die Kämpfe in der Ukraine eingegriffen hätten. (Archiv)
    IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA

    Zur Perspektive des russischen Angriffskrieges sagte er: «Einstweilen sind die Aussichten nebulös.» Die russischen Kräfte sollten sich auf eine Offensive der Ukraine vorbereiten. Für einen Sieg sei Einigkeit notwendig. Deshalb müsse man «Meinungsverschiedenheiten, Kränkungen und alles andere» hinter sich lassen, forderte er. Dabei kritisiert Prigoschin selbst immer wieder die Strategie der regulären Streitkräfte bis hinauf zu Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Er beklagt, dass die Armee seinen Kämpfern zu wenig Munition liefere.

  • 15.36 Uhr

    Ukraine wirft Putin nach Besuch in Mariupol Zynismus vor

    Die ukrainische Regierung hat den Besuch von Kreml-Chef Wladimir Putin in der von Russland besetzten, ukrainischen Hafenstadt Mariupol scharf verurteilt. «Verbrecher kehren immer an den Tatort zurück», schrieb der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Michailo Podoljak, am Sonntag auf Twitter. «Der Mörder von Tausenden von Familien in Mariupol kam, um die Ruinen der Stadt und ihre Gräber zu bewundern. Zynismus und mangelnde Reue», fügte er hinzu.

    Das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, Putin habe die durch russische Bombardements weitgehend zerstörte Stadt im Schutze der Nacht besucht, «so wie es sich für einen Dieb gehört». Die Dunkelheit habe es ihm ermöglicht, die Stadt «und ihre wenigen überlebenden Einwohner vor neugierigen Blicken» zu schützen.

    Auch der Exil-Stadtrat von Mariupol erklärte, Putin habe die Stadt offenbar bei Nacht besucht, «um die durch seine ‹Befreiung› vernichtete Stadt nicht bei Tageslicht zu sehen».

  • 14.37 Uhr

    Putin: Russland war 2014 noch nicht gerüstet für Krieg

    Russland ist laut Kremlchef Wladimir Putin nach der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 nicht für einen grossen Krieg gegen die Ukraine gerüstet gewesen. «Wir hatten damals keine Hyperschallwaffen, aber jetzt haben wir sie», sagte Putin in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des russischen Staatsfernsehens. Russland setzt die Hyperschallwaffen bisher gelegentlich ein. «Es gibt auch noch andere moderne Systeme, 2014 gab es noch nichts Vergleichbares», sagte er und behauptete erneut, Russland habe den Konflikt um die Ukraine damals friedlich lösen wollen.

  • 12.13 hr

    Finnlands Präsident verteidigt möglichen Nato-Beitritt ohne Schweden

    Der finnische Präsident Sauli Niinistö hat den sich abzeichnenden Nato-Beitritt Finnlands ohne Schweden verteidigt. «Hätten wir der Türkei die Ratifizierung verweigern sollen? Das klingt etwas verrückt», sagte Niinistö nach der Ankündigung der Türkei am Freitag, zunächst nur den Beitritt Finnlands, nicht aber den Schwedens, ratifizieren zu wollen. «Es wäre eine sehr schwierige Situation gewesen, wenn wir Nein zu Ankara gesagt hätten», sagte Niinistö.

    Er habe immer betont, man gehe «Hand in Hand» mit Schweden, soweit es in den Händen der nordischen Länder liege, sagte der finnische Präsident weiter. «Aber die Ratifizierung der finnischen Nato-Mitgliedschaft liegt in den Händen der Türkei und Ungarns.»

    Finnlands Präsident Sauli Niinisto (links) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan während der Pressekonferenz nach ihrem Treffen im Präsidentenpalast in Ankara, am 17. März 2023.
    Finnlands Präsident Sauli Niinisto (links) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan während der Pressekonferenz nach ihrem Treffen im Präsidentenpalast in Ankara, am 17. März 2023.
    NECATI SAVAS/KEYSTONE

    Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatten sich Finnland und Schweden im vergangenen Frühjahr gemeinsam um eine Mitgliedschaft in dem westlichen Verteidigungsbündnis beworben. Dem Beitritt müssen alle Nato-Mitglieder zustimmen.

    Die Türkei sperrt sich aber bislang gegen einen Beitritt Schwedens. Ankara fordert von dem Land die Auslieferung von 120 Personen, die aus Sicht der Türkei «Terroristen» sind. Auch die Zustimmung Ungarns zu dem Antrag Schwedens steht noch aus. Den finnischen Beitritt will das ungarische Parlament dagegen am 27. März ratifizieren.

  • 10.54 Uhr

    London: Russlands Handeln in Saporischschja gleicht Eingeständnis

    Russland ist sich nach Einschätzung britischer Geheimdienste wahrscheinlich bewusst, dass es einige seiner grossen Ziele in nächster Zukunft nicht erreichen wird. Das zeige sich etwa daran, dass die Behörden in dem von Russland kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja Anfang März Melitopol zur Hauptstadt des Gebiets erklärt hätten, hiess es in einem Tweet des britischen Verteidigungsministeriums am Sonntag. Laut Russland sei dies eine vorübergehende Massnahme, bis die Stadt Saporischschja komplett unter Kontrolle gebracht sei.

    Saporischschja ist eins der vier Gebiete, die der russische Präsident Wladimir Putin im September 2022 völkerrechtswidrig annektiert hatte. Die Industriestadt Saporischschja mit 700 000 Einwohnern haben russische Truppen aber bislang nicht besetzen können. «Die stille Erklärung einer alternativen Hauptstadt ist wahrscheinlich ein stillschweigendes Eingeständnis innerhalb des russischen Systems, dass die Streitkräfte geplante grosse Ziele in der nahen Zukunft nicht einnehmen werden können», hiess es in London.

    Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

  • 10.00 Uhr

    Russischer Botschafter stellt sich hinter Berset

    Versuchen die USA und Russland die Schweiz zu beeinflussen? Zuerst forderte US-Botschafter Scott Miller in einem Interview in der «Neuen Zürcher Zeitung» mehr Einsatz im Kampf gegen den von Russland angezettelten Krieg in der Ukraine. Die Schweiz solle die Wiederausfuhr von Waffen erlauben, ungeachtet ihrer Neutralität. Jetzt schlägt der russische Botschafter Sergei Garmonin zurück. Er wirft den USA vor, die Schweiz zu erpressen. Er halte es für «unangemessen», dass der US-Botschafter die Schweiz «öffentlich belehrt oder ihr sogar vorwirft, ihre Aussenpolitik stimme nicht mit den Vorstellungen aus Washington überein». Der russische Botschafter ist zudem überzeugt, dass diverse Schweizer Politiker die Einmischung der USA ebenso kritisch sehen wie er. Insbesondere die umstrittene Äusserung von Bundespräsidenten Alain Berset, gewisse Kreise befänden sich «in einem Kriegsrausch» interpretierte er als Kritik an den Amerikanern und deren Verbündeten. Garmonin sagte: «Man kann der Aussage Bersets nur zustimmen.»

  • 09.13 Uhr

    Juncker sieht keinen schnellen EU-Beitritt der Ukraine

    Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat davor gewarnt, bei der Ukraine unrealistische Erwartungen auf einen raschen Beitritt zur Europäischen Union zu wecken. «Ich glaube, aus gegebenen Gründen braucht die Ukraine eine Beitrittsperspektive, aber ich bin sehr verstimmt über die Unvorsichtigkeit vieler auch im Westen handelnden Politiker, die der Ukraine einen schnellen Beitritt in Aussicht stellen, das sehe ich nicht», sagte Juncker im Podcast «Wortwechsel» der Zeitung «Luxemburger Wort».

    Ukraine könne sich im Reformwillen nicht entfalten, so Jean-Claude Juncker.
    Ukraine könne sich im Reformwillen nicht entfalten, so Jean-Claude Juncker.
    KEYSTONE/EPA/STEPHANIE LECOCQ

    Es sei kein «gangbarer Weg», ein Land, das sich im Kriegszustand befinde und sich deshalb «im Reformwillen nicht voll entfalten kann», einfach so und aus übergeordneten politischen Gründen in die EU aufzunehmen, sagte Juncker. «Aber dass auf lange Sicht die Ukraine zu der Europäischen Union stossen wird, halte ich nach den jüngeren Ereignissen für höchstwahrscheinlich.»

    Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigte sich Juncker besorgt. Er selbst habe immer den Dialog mit Russland gesucht, genauso mit China. Auch jetzt sei er noch der Meinung, «dass wir mit Russland und mit China Kontakte halten müssen und Gesprächsbereitschaft signalisieren müssen.» Tatsache sei aber, dass der russische Präsident Wladimir Putin «keinerlei Willen» für «wirkliche Friedensgespräche» erkennen lasse, so Juncker weiter.

    Zu einem Diktatfrieden in der Ukraine dürfe es nicht kommen, mahnte Juncker. «Unrecht ist Unrecht.» Im übrigen sei Frieden nicht der höchste Wert, den es zu verteidigen gelte, sagte Juncker. «Freiheit ist ein höher einzustufender Wert.»

  • 07.55 Uhr

    Selenskyj kündigt Sanktionen gegen Russland an

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat neue Sanktionen seines Landes gegen Russland und dessen Verbündete Iran und Syrien angekündigt. «Die ukrainischen Sanktionen sind Teil des globalen Drucks auf Russland», sagte der 45-Jährige am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. 400 Personen und Firmen seien von der Massnahme betroffen, sagte Selenskyj.

  • 06.07 Uhr

    Putin besuchte ukrainische Hafenstadt Mariupol

    Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin die besetzten Gebiete des Nachbarlandes besucht. Wie der Kreml in der Nacht zum Sonntag mitteilte, hatte Putin der in schweren Kämpfen zerstörten Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer einen «Arbeitsbesuch» abgestattet. Nach seiner Ankunft in einem Hubschrauber habe er sich bei einer Rundfahrt über die Lage informiert und sich auch mit Bewohnern der Stadt unterhalten, berichtete die Staatsagentur Tass weiter. Russlands stellvertretender Regierungschef Marat Chusnullin habe Putin über den Stand der Wiederaufbauarbeiten informiert.

    Putin hatte am Samstagnachmittag die 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim besucht. Das Staatsfernsehen verbreitete Bilder, auf denen der Kremlchef bei der Eröffnung einer Kunstschule für Kinder in Sewastopol zu sehen war.

    Russland hatte den Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar des Vorjahres begonnen. Mariupol wurde von russischen Truppen belagert und geriet erst am 20. Mai unter vollständige Kontrolle des russischen Militärs. Die Stadt wurde während der Kämpfe weitgehend zerstört.