Kontroverser Wahlkampfstart Nikki Haley flirtet mit der christlichen Rechten

Von Jan-Niklas Jäger

18.2.2023

Nikki Haley, ehemalige Gouverneurin von South Carolina und Botschafterin der Vereinten Nationen, stellt ihre Präsidentschaftskampagne 2024 vor.
Nikki Haley, ehemalige Gouverneurin von South Carolina und Botschafterin der Vereinten Nationen, stellt ihre Präsidentschaftskampagne 2024 vor.
Meg Kinnard/AP/dpa

Bei ihrer ersten Wahlkampfveranstaltung der Republikanerin Nikki Haley tritt ein fanatischer Pastor auf, der der christlichen Rechten angehört. Was wie Haleys nächster Fehltritt aussieht, könnte auch Kalkül sein.

Von Jan-Niklas Jäger

Eigentlich möchte Nikki Haley sich als vernünftige, moderate und junge Alternative zu Donald Trump präsentieren. Doch kaum hat sie ihre Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner im Jahr 2024 verkündet, stellen mehrere kleine Skandale dieses Bild infrage.

So machte kurz nach ihrer Ankündigung ein Video aus dem Jahr 2010 die Runde, in dem die ehemalige Gouverneurin von South Carolina fälschlicherweise behauptet, einzelne Staaten könnten sich aus der Union lösen.

Des Weiteren bezeichnet sie die Konföderation, die im Amerikanischen Bürgerkrieg unter anderem für den Erhalt der Sklaverei kämpfte, als «Teil der Tradition» South Carolinas.

Unterstützung von rechtsevangelikalem Fanatiker

Nun zieht Haley mit der Wahl eines Redners bei ihrer ersten Wahlkampfveranstaltung auf sich. Bevor die Kandidatin selbst auf die Bühne kam, sprach der fundamentalistische evangelikale Pastor John Hagee.

Hagee ist bekannt für eine ganze Reihe kontroverser Aussagen. So behauptete er, der Hurrikan Katrina, der 2008 New Orleans verwüstete, sei eine Strafe Gottes gewesen, weil die Stadt Gay Pride Parades erlaubt hatte.

Frauen sind für ihn dafür bestimmt, «Mütter zu sein und Kinder zu gebären», weswegen sich die Frage stellt, warum er sich für die Veranstaltung einer weiblichen Politikerin zur Verfügung stellt. Die Katholische Kirche bezeichnete er als «grosse Hure» – wofür er sich später entschuldigte.

Pastor unterstützte schon John McCain

Diese Statements werden durch eine Aussage, die Hagee 1999 tätigte, sogar noch in den Schatten gestellt. Damals behauptete der Pastor, Gott habe Adolf Hitler auf die Erde gesandt, um das jüdische Volk zu jagen, damit diese ihren Weg zurück in das Heilige Land Israel finden würden.

Nikki Haley ist nicht die erste republikanische Bewerberin für die Präsidentschaft, die sich mit Hagee eingelassen hat. John McCain versuchte 2000 zwar, sich von der evangelikalen Rechten zu distanzieren.

Doch verlor der damalige Senator Arizonas mit dieser Taktik gegen George W. Bush, der die christliche Rechte für sich gewinnen konnte.

Kontroverse Aussagen im Wahlkampf

Bei seinem nächsten Versuch im Jahr 2008 versuchte McCain, von seinem Fehler zu lernen und liess sich öffentlich von dem rechtsevangelikalen Pastor unterstützen.

Der 2018 verstorbene Senator John McCain liess sich 2008 von John Hagee im Wahlkampf unterstützen, um Boden mit rechtsevangelikalen Wähler*innen gutzumachen. (Archivbild)
Der 2018 verstorbene Senator John McCain liess sich 2008 von John Hagee im Wahlkampf unterstützen, um Boden mit rechtsevangelikalen Wähler*innen gutzumachen. (Archivbild)
Bild: AP Photo / Susan Walsh / Keystone

Hagee war damals schon eine kontroverse Figur, doch seine Aussagen über den Holocaust erreichten erst im Zuge von McCains Wahlkampf die breite Öffentlichkeit. Mit den Aussagen konfrontiert sah sich McCain gezwungen, sich von Hagee zu distanzieren.

McCain konnte zwar das Rennen um die republikanische Kandidatur für sich gewinnen, unterlag bei der Präsidentschaftswahl aber dem Demokraten Barack Obama.

Eine alte Tradition

Die Republikaner und die christliche Rechte stehen sich schon seit den Siebzigerjahren nahe. Als Reaktion auf die linke 68er-Generation begannen die Republikaner kulturelle Themen in den Vordergrund zu stellen, um bei Wähler*innen zu punkten, die der neuen Gegenkultur kritisch gegenüberstanden.

Ronald Reagan organisierte seinen Wahlkampf 1980 rund um kulturelle Themen wie Abtreibung und versprach seinen Wähler*innen, sich für die «traditionellen Werte» des Christentums einzusetzen, die von den von der Demokraten repräsentierten liberalen Eliten gefährdet seien.

Auch George Bush und dessen Sohn George W. Bush standen der christlichen Rechten nahe. Letzterer erhielt ein Drittel seiner Stimmen von Menschen, die diesem Lager zuzurechnen waren.

Gegen Abtreibung und Homosexualität

2012 und 2016 bewarb sich mit Rick Santorum ein prominenter Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur, der den Rechtsevangelikalen nicht nur nahestand, sondern ihnen sogar selbst angehörte.

So lehnt Santorum Abtreibungen in jedem Fall – inklusive Vergewaltigung und Inzest – ab und erklärte, dass er grundsätzlich «ein Problem mit homosexuellen Handlungen» habe. Besonders grosse Aufmerksamkeit zog der ehemalige Senator mit der Aussage auf sich, ein Vater im Gefängnis sei einem homosexuellen Vater vorzuziehen.

Statt Santorum zog 2016 jedoch Donald Trump für die Republikaner in den Wahlkampf. Trotz zahlreicher Gerüchte um Affären und anderes eher unchristliches Verhalten konnte auch Trump die christliche Rechte für sich einnehmen.

Pence gegen Haley

Das lag auch an seinem Vizepräsidenten: Wie Rick Santorum auch vertritt Mike Pence mehrere rechtsevangelikale Positionen. So sprach er sich für die Unterstützung von Camps aus, in denen schwulen Männern dabei geholfen werden soll, ihre Sexualität zu überwinden.

Gerichten zufolge möchte Pence seinen Hut ebenfalls in den Ring für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 werfen. Seine Chancen stehen allerdings schlecht.

Mit einem Zustimmungswert von 4 Prozent liegt er noch hinter Nikki Haley, die auf 5 Prozent kommt. Trump führt demnach knapp vor Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der einige Prozentpunkte an Haley verloren hat.

Ist es Kalkül?

Womöglich war es also auch gar kein Fettnäpfchen, in das Nikki Haley getreten ist, als sie John Hagee darum bat, ihre Wahlkampfveranstaltung zu eröffnen, sondern Kalkül. So könnte sie Wähler*innen, denen sie als zu moderat erscheint, ihre Bereitschaft signalisieren, ihnen entgegenzukommen.

Letzten Endes hat sie auch immer noch die Möglichkeit, es John McCain gleichzutun und sich von dem radikalen Pastor zu distanzieren. Das Signal nach rechts ist in diesem Fall trotzdem angekommen.