«The Bubble»«The Bubble»: Alles zum NBA-Restart am «schlimmsten Ort der Welt»
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18.7.2020
Die NBA will ihre Saison ab dem 30. Juli auf dem Gelände von Disney World in Florida fortsetzen. Die Spieler bereiten sich abgeschottet von der Aussenwelt vor, die Partien finden ohne Zuschauer statt. Es ist ein Unterfangen mit vielen Risiken.
Was dem Europäer der Fussball bedeutet, so sind dem Amerikaner Basketball, Football, Baseball und Hockey heilig. Während auf dem Alten Kontinent bereits fleissig die Wettbewerbe ausgespielt werden und die grössten Investitionen in den Sport damit zumindest teilweise wieder zurückfliessen, ist in den USA das Geschehen immer noch von Stillstand geprägt. Trotz täglich neuer Corona-Höchststände arbeiten die grossen Ligen des Landes aber mit Hochdruck an einer halbwegs geregelten Wiederaufnahme der Spielbetriebe.
Im Basketball soll es am 30. Juli wieder losgehen, in einem Hochsicherheitstrakt-ähnlichen Setting auf dem Gelände des Vergnügungsparks Disney World in Orlando. Die Teams haben den Stützpunkt in den letzten Wochen bezogen, doch der Restart steht infolge der alarmierenden Corona-Situation in Florida und unter keinem besonders guten Stern. Rund 70 Spieler wurden zudem seit dem 11. März positiv auf Covid-19 getestet. Zuletzt wurde am Montag bekannt, dass sich Russell Westbrook, Starspieler bei den Houston Rockets, angesteckt hatte und sich jetzt in Selbstisolation befindet.
«Delivery Gate»
Die Regeln auf der abgeschirmten Anlage in Florida sind denn auch äusserst strikt. Nach dem «Einrücken» musste jeder Spieler zunächst zwei Tage in Zimmer-Isolation und durfte erst nach zwei negativen Corona-Tests das Training aufnehmen. Wer gegen das Schutz- und Sicherheitskonzept verstösst (es umfasst 113 Seiten), darf gleich wieder auf sein Zimmer.
So wie etwa Richaun Holmes. Der Spieler der Sacramento Kings hatte eine Essenslieferung vor der Anlage entgegengenommen und sitzt nun seine 10-tägige «Haft» ab. Während Holmes’ Mutter das Ganze mit Humor nimmt («Grenzen übertritt man nur, wenn Mama kocht. Und ich war nicht in Florida, junger Mann», schreibt sie auf Twitter), zeigt die «Tragweite des Ereignisses», das in den USA als «Delivery Gate» den Weg in die Nachrichtensendungen schaffte, vor allen Dingen eines: In der Blase von Orlando ist die Lage vor dem Restart angespannt. Ein Scheitern des Mega-Projekts kann sich die Liga kaum leisten.
Charles Barkley: «Ich denke, wir haben keine Chance»
Einige Spieler äusserten sich bereits kritisch bezüglich des Restarts. Andere, wie der Schweizer Thabo Sefolosha, reisten gar nicht erst an. Auch Experten haben Vorbehalte, wie etwa Charles Barkley, der sagt: «So wie derzeit die Zahlen in die Höhe schiessen, ist Florida der schlimmste Ort der Welt – und wir bringen 22 NBA-Teams in diesen Hotspot. Ich denke, wir haben keine Chance, diese Saison zu Ende zu bringen.» Doch daran will im Moment noch keiner denken. Es bleibt rund eine Woche, bist es mit den Testspielen losgeht. Offizieller Restart ist dann der 30. Juli. 22 Teams kämpfen um die Meisterschaft. Alles was Sie dazu wissen müssen, erfahren Sie hier.
Spieler und Betreuer werden in einer so genannten Bubble (Blase) weitgehend von allen äusseren Einflüssen abgeschottet und regelmässig getestet. Aber die Corona-Lage in Florida ist besorgniserregend. Allein der US-Bundesstaat meldet seit zwei Wochen regelmässig Neuinfektionen von weit über 10’000 – binnen 24 Stunden.
Unterhaltung
Eines der beliebtesten Videos aus der Blase bislang: Die Mavericks-Profis als DJs ohne Publikum. Isoliert auf ihren Zimmern traten einige der Spieler auf ihren Mini-Balkon und simulierten mit Hilfe von Kopfhörern, Wasserflaschen und der passenden Bewegungen ein DJ-Set. Die Aufnahmen und der Zusammenschnitt hätten zwei Stunden gedauert, heisst es. Auch einige beeindruckende Trickwürfe von Dallas-Star Luka Doncic werden in die sozialen Medien gefeiert.
Nach einigen Testpartien sollen am 30. Juli die ersten Pflichtspiele starten, gleich zum Auftakt kommt es zum Topduell zwischen den Los Angeles Lakers und den Los Angeles Clippers. Die «NBA-Finals» sollen bis spätestens zum 13. Oktober beendet sein.
Maskenpflicht
Lediglich während des Trainings beim Essen und auf dem eigenen Zimmer, das niemand anderes betreten darf, gilt keine Maskenpflicht. Ansonsten sind Mund und Nase stets zu bedecken. Die NBA hat sogar eine anonyme Hotline eingerichtet, in der Regelverstösse gemeldet werden können.
Das Essen
Kaum waren die ersten Profis angekommen, gab es schon die ersten Proteste: Mit dem Essen während der Selbstisolation waren einige Basketballer überhaupt nicht zufrieden und beschwerten sich in den sozialen Netzwerken. Kleine Portionen, in Plastik abgepackt und überhaupt nicht das, was die Stars der Szene gewohnt sind. «Das Essen war eine grosse Hilfe bei meinem Plan, ein paar Pfunde zu verlieren», scherzte Nick Nurse, Coach von den Toronto Raptors.
In welchem Format wird das Turnier gespielt?
Die 22 verbliebenen Mannschaften nehmen ihre bisherige Bilanz der unterbrochenen Saison mit und absolvieren noch jeweils acht Partien der Hauptrunde. Die besten sieben Teams jeder Conference erreichen die Playoffs. Der Acht- und Neuntplatzierte spielen das letzte Ticket für die K.o.-Runde aus, sollten nur vier Siege zwischen ihnen liegen. Danach geht es im traditionellen Format mit vier Playoff-Runden weiter, bis zu sieben Partien pro Duell sind möglich.
Wer sind die Favoriten?
Vor der Saison waren sich eigentlich alle Experten einig, dass der neue NBA-Champion aus Los Angeles kommen wird. Die Lakers und die Clippers haben den besten Kader der Liga. Die Frage ist nun, in welchem Zustand die Spieler nach Orlando kommen und wie sie mit den besonderen Umständen wie Spielen ohne Zuschauern, keinen Kontakt zur Aussenwelt, etc. klar kommen. In der Eastern Conference dominierten vor der Corona-Pause die Milwaukee Bucks um Superstar Giannis Antetokounmpo.
Wo kann ich die Spiele im TV sehen?
NBA-Fans in der Schweiz können bei «DAZN» (App auch auf Swisscom TV verfügbar) regelmässig ganze Partien und die kompletten Highlights schauen. Keine Partie aus Orlando verpasst, wer sich einen «League-Pass» der NBA zugelegt hat.
Gibt es schon Pläne für die neue Saison?
Erst einmal wollen die NBA-Verantwortlichen das Mammutprojekt in Orlando stemmen. Geht alles gut und die Entwicklung in der Corona-Krise ist positiv, soll die Spielzeit 2020/21 im Dezember starten. Was wiederum gravierende Auswirkungen auch für Olympia haben könnte. Denn plant die NBA eine komplette Saison mit 82 Hauptrundenspielen und anschliessenden Playoffs, würde bis weit in den Sommer 2021 hinein gespielt werden. Dass die NBA-Stars dann in Tokio dabei sind, wäre eher unwahrscheinlich.