Box-Legende Angehrn hat einen IQ von 142 «Ich kenne Trump persönlich und bin ein Fan von ihm»
Stefan Angehrn kennt Donald Trump persönlich, sass einst im Knast, wurde beschattet, hatte hohe Schulden, einen IQ von 142 und wird heute 60. Mit blue News blickt er auf sein bewegtes Leben und die Tiefschläge zurück.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Heute Dienstag, am Tag, wenn in den USA die 60. Präsidentschaftswahl über die Bühne geht, feiert die Schweizer Box-Legende Stefan Angehrn seinen 60. Geburtstag.
- Er sass einst neben Donald Trump an einem Tisch. «Donald war nett und er war mir wirklich sympathisch. Total anders als er jetzt teilweise am Fernsehen rüberkommt», sagt Angehrn.
- Im Interview mit blue News nimmt Angehrn kein Blatt vor den Mund und erzählt aus seinem verrückten Leben: Er kämpfte einst um WM-Titel, häufte einen Schuldenberg an, wurde beschattet und war sogar für eine Nacht im Gefängnis.
Stefan Angehrn, es heisst, Sie würden Donald Trump persönlich kennen. Stimmt das?
Ja, ich habe ihn vor einigen Jahren an einer Gala in New York kennengelernt, als ich mich auf den Kampf gegen Rocchigiani vorbereitet habe. Da war bis auf Mike Tyson und Muhammad Ali die ganze Box-Prominenz anwesend. Trump war als grosser Box-Mäzen natürlich auch da und sass am Tisch per Zufall direkt neben mir.
Über was haben Sie sich mit Trump unterhalten?
Vorwiegend übers Boxen und über die Schweiz. Donald war nett und er war mir wirklich sympathisch. Total anders als er jetzt teilweise am Fernsehen rüberkommt.
Hoffen Sie, dass Donald Trump oder Kamala Harris gewählt wird?
Ich bin ein Trump-Fan. Das war ich schon immer.
Ausgerechnet am 5. November, am Tag der 60. Präsidentschaftswahl der Vereinigten Staaten, feiern Sie Ihren 60. Geburtstag.
Ja, was für ein Zufall. Es wäre ein schönes Geburtstagsgeschenk für mich, sollte Trump gewählt werden.
Es gibt jedoch zig Gründe, Trump nicht zu wählen: Er diskriminiert Frauen, ist rassistisch, hat etliche Klagen am Hals…
… ja, er ist ja auch ein Dummschwätzer. Aber wenigstens ist er direkt. Ich mag es ‹fadengrad› und unkompliziert. So muss es für mich eigentlich sein. Und entscheidend ist doch seine Leistung der letzten Präsidialzeit. Besser hat es nie einer gemacht in den letzten 40 Jahren.
Stimmt’s, dass bei Ihnen ein Intelligenz-Quotient von 145 gemessen wurde?
Fast. Es waren 142. Weil ich im Militär Pilot werden wollte, musste ich mich noch vor der Rekrutenschule einem IQ-Test unterziehen. Den habe ich bestanden, aber weil mir dann bei den Aerodynamik-Übungen schwindlig wurde, musste ich den Pilotentraum wieder begraben.
Haben Sie nach all den Kopftreffern keine Schäden davongetragen?
Gott sei Dank gar nichts. Aber mir ist schon klar, dass jeder Schlag an den Kopf einer zu viel ist. Ich war aber vor einigen Jahren in einer Sendung im ARD, bei welcher ein berühmter Hirnforscher sagte, dass ein Alkohol-Vollrausch mehr Hirnzellen töten würde, als wenn man K.o. geht.
Waren Sie nach dieser Sendung beruhigt oder eher beunruhigt?
Eher beunruhigt. (Lacht). Während meiner ganzen Box-Karriere bin ich nie K.o. gegangen. Betrunken war ich über die Jahre schon sehr viel öfter, vor allem auch in meiner Jugend.
Tönt nach wilder Teenager-Zeit.
Ich war ein Wilder, aber ein liebevoller. Ich war ein «strategischer Schnurri». Das war aber auch mein Glück. Ich konnte mich als Teenager aus allem rausreden, hatte nie die ganz grossen Probleme.
Wie man’s nimmt. Immerhin sollen Sie zum Boxen gekommen sein, weil Sie von fünf Männern verprügelt wurden.
Stimmt. Sie müssen wissen, dass ich Gründer des «Töffklubs Wildborn» war. Am Ende war ich sogar der Präsident dieses Vereins. Wir hatten damals die Genehmigung der Angels, die Mitglieder waren jedoch eine Mischung aus Lausbuben wie mir, als auch aus gestandenen Männer. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr und wollte aussteigen. Das ist nicht gut angekommen. Fünf Mitglieder haben mir danach aufgelauert und wollten mich verprügeln.
Was ist dann passiert?
Ein Mann ist eingeschritten und hat mir geholfen. Er hat den Grössten umgehauen, den zweiten angeknockt, dann sind alle verduftet. Ich habe mich bedankt und gemeint: «Ich will das auch können, was Sie draufhaben.» Der Herr war Michael Oswald, Schweizer Meister im Leichtgewicht. Er hat mich ab dann in den Box-Keller mitgenommen und ich war sofort fasziniert. Ich wollte nicht nur grosse Reden schwingen, sondern auch abliefern. So nach dem Motto: ‹Grosse Klappe und was dahinter›. Boxen hat mich glücklich gemacht, mein Selbstwertgefühl stieg. Das war 1982, ich war damals 18.
Obwohl Sie so spät begonnen haben, wurden Sie zur Schweizer Box-Legende. Statistisch gesehen sind Sie mit Fritz Chervet der erfolgreichste Schweizer Boxer aller Zeiten. Was sind Ihre Highlights?
Die zwei Kämpfe gegen Ralph Rocchigiani um den WM-Titel 1996 und 1997 im Cruisergewicht, die ich nur knapp verloren habe. Und dann natürlich der Sieg gegen Thorsten May in Düsseldorf 1997. Ein Jahr später holte ich mir dann mit einem Sieg gegen Dan Ward den IBF-Intercontinental-Titel.
Nebst den sportlichen Erfolgen sorgten Sie auch privat immer wieder für Schlagzeilen. Sie hatten finanzielle Probleme. Der Tiefpunkt war, als Sie die Sparsäulis Ihrer Kinder plündern mussten. Im «Blick» erzählten Sie vor fünf Jahren, wie weh Ihnen das getan habe.
Das war der Tiefpunkt, aber es ging nicht anders. Wegen unserer Schulden wurde bei uns ein Stromkasten installiert, um den zu bedienen, brauchten wir jeden Fünfliber. Unser Motto war schon damals: «Alle für einen und einer für alle».
Ihr Schuldenberg soll bis auf eine halbe Million Franken angewachsen sein. Wie konnte es so weit kommen?
Am Schluss meiner Karriere hatte ich 434'000 Franken Schulden. Ein einziges Mal in meiner Karriere, nach dem Kampf mit Thorsten May, bei welchem ich mehr als 600’00 Franken verdient habe, war ich rund 20'000 Franken im Plus. Danach war ich immer wieder verletzt und musste drei Kämpfe absagen. Ich hatte ein Haus, Familie, vier Kinder und Fixkosten von rund 10'000 Franken. Da bist du sehr schnell wieder mit 200'000 im Hintertreffen. Ich hatte immer gehofft, dass ich irgendwann jemanden finden würde, der in mich investieren würde. Ich weiss jedoch auch, dass ich damals sicher auch oft naiv und beratungsresistent war.
Geht’s ein wenig detaillierter?
Mir wurde mehrfach empfohlen, einfach Konkurs zu machen. Aber ich habe mich immer geweigert, wollte das nicht. Am Ende habe ich mit Sicherheit mehr als eine Million Franken bezahlen müssen, wenn man alle Kosten und Anwälte zusammenzählt. Zum Beispiel eine Parkbusse von 40 Franken. Hast du nichts zu essen daheim, zahlst du diese nicht. Irgendwann summiert sich das und die Parkbusse kostet 840 Franken und die zahlst du dann entweder sofort oder gehst zu Tagessätzen von 40 Franken in den Knast, was ja dann nie eine Option war.
Sie haben es schlussendlich aus der Schuldenfalle rausgeschafft und ein Buch mit dem Titel «PLAN B – Wie man seine Schulden auf Null bringt» geschrieben. Ihre Tipps?
Regelmässig abzahlen, aber nicht zu viel. Das Dümmste, was man tun kann, ist sich nicht zu melden. Für Menschen, welche einem Geld schulden, die einfach im Erdboden verschwinden, hat man kein Verständnis. Ehrlich sein, ist das Beste. Mann sollte immer den Kontakt zum Gläubiger suchen und offen kommunizieren, was der Plan ist. Das heisst nicht irgendwelche Räubergeschichten erzählen, sondern sagen, wie es ist.
Im 2012 sassen Sie gar im Gefängnis, weil Sie beschuldigt wurden, Drahtzieher eines Drogenrings zu sein. Auf diese Erfahrung und Schlagzeilen hätten Sie sicher auch gerne verzichtet?
Wie es so weit kommen konnte, ist mir immer noch schleierhaft. Ein Mann, den ich vielleicht dreimal in meinem Leben gesehen habe, hat mich dessen beschuldigt. Komplett aus der Luft gegriffen. Ich hasse Drogen, schon seit ich denken kann. Aber ich musste dann eine Nacht im Gefängnis bleiben, weil derjenige, der mich beschuldigt hat, die Gegenüberstellung so sehr in die Länge gezogen hat, dass ich meine Aussage nicht mehr am selben Tag machen konnte. Lustig war die Nacht nicht. Aber im Nachhinein ist es ein Erlebnis, das man sonst so nicht buchen kann.
2014 wurde das Verfahren gegen Sie eingestellt.
Und dabei musste ich unterschreiben, dass ich zur Kenntnis nehme, dass ich die letzten zwei Jahre beschattet wurde. All meine Telefonate und diejenigen meiner Familie sind abgehört worden. Zudem waren über ein Jahr lang zwei und dann vier verdeckte Ermittler in mein persönliches Umfeld eingeschleust worden.
Wie haben Sie reagiert, als Sie das erfahren haben?
Ich dachte: Ich spinne. Der Gedanke, dass mir das passiert, war absurd. Aber im Endeffekt war es mir dann aber auch egal. Das Wichtigste war, dass ich endlich freigesprochen wurde. Ich wollte in Ruhe gelassen werden und die Polizei muss solchen Anschuldigungen ja auch nachgehen, das hatte ich schon verstanden.
Was waren das für Personen, die sich in Ihr Umfeld eingeschmuggelt haben?
Das habe ich mich oft schon gefragt, aber ich habe absolut keine Ahnung. Das war eine Zeit, in welcher wir Events mit vielen hundert Leuten organisiert haben. Da hatte ich viele Kollegen, Kolleginnen, die wieder aus meinem Umfeld verschwunden sind. Es ist auf jeden Fall ein sehr eigenartiger Gedanke und wir werden das wohl niemals herausfinden.
Jetzt mit 60 sind die wilden Zeiten vorbei. Wie geht es Ihnen?
Mir geht es hervorragend. Ich habe eine fantastische Frau, erwachsene Kinder, unterdessen sieben Enkelkinder und auch berufsmässig läuft es sehr gut. Abgesehen von einer temporären gesundheitlichen Herausforderung bei meinem Schatz durch eine Tumorentfernung geht es uns supergut und sowas schweisst einen ja dann immer noch enger zusammen.
Und boxen Sie noch?
Ein bisschen. Ich habe neben meinem Büro einen Trainingsraum eingerichtet, in welchem ich zweimal die Woche jeweils zwei Stunden mit Freunden trainiere. Dann haue ich jeweils Vollgas in den Sandsack. Das reicht mir im Normalfall. Wenn nicht, gehe ich unter der Woche mal noch ein wenig rennen.