Brisante Details kommen ans Licht Darum hätte es das Verfahren gegen Mathias Flückiger gar nie geben dürfen

Von Linus Hämmerli

28.10.2024

Urteil des Verfahrens: Mathias Flückiger ist unschuldig.
Urteil des Verfahrens: Mathias Flückiger ist unschuldig.
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Wenige Tage nach dem endgültigen Freispruch von Mountainbiker Mathias Flückiger kommen brisante Details ans Licht. Die A-Probe lag vor der Untersuchung im Labor stundenlang in einem privaten Kühlschrank und war gar nie positiv. blue Sport hat das Urteil vorliegen.

Linus Hämmerli

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mathias Flückiger wurde fälschlicherweise des Dopings bezichtigt.
  • Seine Urinprobe wurde von der zuständigen Stiftung als positiv bewertet. Die erforderlichen Zusatzprüfungen wurden jedoch nicht vorgenommen.
  • Im Oktober wurde Flückiger freigesprochen.

Er ist unschuldig: Mathias Flückiger wurde fälschlicherweise des Dopings bezichtigt. Die A-Probe war nie positiv und grundsätzlich unverwertbar. Hinzu kommt, dass es die provisorische Sperre, die am 18. August 2022 gegen ihn ausgesprochen wurde, gar nicht hätte geben dürfen. Doch warum? blue Sport hat das Urteil vorliegen und rollt auf.

Wir schreiben den 5. Juni 2022. Flückiger gibt an der Schweizermeisterschaft in Leysin um 17.29 Uhr eine Urinprobe ab. Ab diesem Zeitpunkt ist die Probe in den Händen von Swiss Sport Integrity, kurz SSI, eine unabhängige Stiftung, welche Doping, ethisches Fehlverhalten und Missstände im Sport bekämpft.

Die Probe trifft drei Tage später, am 8. Juni, beim Labor in Lausanne ein. Im Urin werden daraufhin 0,3 Nanogram Zeranol pro Milliliter ausgewiesen. Rund zweieinhalb Monate später, am 18. August 2022, heisst es, Flückiger sei gedopt. Er wird provisorisch gesperrt. Später stellt sich heraus: Die Schlussfolgerung und die daraus resultierende Massnahme sind falsch.

Fälschlicherweise als positiv gewertet

Die A-Probe Flückigers war ein sogenanntes atypisches Resultat, weil sie unter dem Grenzwert der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) von 5 Nanogram pro Milliliter lag. Will heissen: Sie galt vorerst als nicht positiv.

Mathias Flückiger (mitte) posiert am 5. Juni 2022, am Tag der Probeabgabe, mit der Goldmedaille an der Schweizer Meisterschaft.
Mathias Flückiger (mitte) posiert am 5. Juni 2022, am Tag der Probeabgabe, mit der Goldmedaille an der Schweizer Meisterschaft.
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In einem solchen Fall hat die WADA zehn Schritte definiert, die die Kontrollinstanzen abzuarbeiten haben, um die Beweislast zu erbringen und ein Verfahren zu eröffnen. Diese Zusatzprüfungen wurden von SSI jedoch nicht vorgenommen – oder zumindest nur ungenügend. Die Instanz schloss Kontamination aus, ohne davor Rücksprache mit Flückiger zu halten. So blieb nur noch eins: Aus dem atypischen Resultat machte SSI fälschlicherweise ein positives.

Probe lag stundenlang in einem privaten Kühlschrank

Hinzu kommt: Die Probe von Flückiger hätte schon gar nicht erst verwertet werden dürfen. SSI hat den Auftrag, Proben so schnell wie möglich ins Labor zu bringen. Doch die zuständige Kontrolleurin nahm die Probe nach eigener Aussage mit zu sich nach Hause und hortete diese bis zum Versand in ihrem Kühlschrank.

Das Entscheidende: Zwischen Probeabgabe vom 5. Juni 17.29 Uhr und dem Postversand vom 7. Juni 8 Uhr fehlt jegliche Information zur Aufbewahrung der Probe. Die Kontrolleurin versäumte es während 38,5 Stunden, den Aufbewahrungsort zu dokumentieren. Dies ein weiterer Grund, warum die Probe ungültig war.

Flückiger will Verfahrenskosten zurück

Die ungültige Probe ist aber nur die Spitze des Eisbergs, weil das Verfahren gegen Flückiger schon gar nicht erst hätte eröffnet werden dürfen. Vor wenigen Tagen wurde der 36-Jährige endgültig freigesprochen.

Wichtige Stütze beim Verfahren um Mathias Flückiger: Anwalt Thilo Pachmann.
Wichtige Stütze beim Verfahren um Mathias Flückiger: Anwalt Thilo Pachmann.
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Trotz des Freispruchs bleibt ein gewisser Schaden bestehen. Unter anderem auf Seiten der Reputation und der Finanzen. Während der Sperre stellten gewisse Sponsoren ihre Zahlungen ein, potenziell neue Sponsoren liessen sich gar nicht erst auf eine Partnerschaft ein und die Wettkampfprämien fielen ohnehin weg.

Flückigers Ausgaben schnellten wegen seiner Verteidigung in die Höhe. Kostenpunkt rund 150'000 Franken. Die Disziplinarkammer sprach ihm 43'000 Franken zu, Flückiger will auch den Rest des Geldes zurück und wird SSI einklagen, damit zumindest auf finanzieller Seite der Schaden ausgeglichen wird.

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