Fünf Gründe Viel Geduld und noch mehr Kampfgeist – deshalb ist Wawrinka zurück an der Weltspitze

Luca Betschart

18.2.2019

Stan Wawrinka beweist in Rotterdam, dass er nach wie vor Turniere gewinnen kann.
Stan Wawrinka beweist in Rotterdam, dass er nach wie vor Turniere gewinnen kann.
Bild: Keystone

Erstmals seit seiner langen Verletzungspause marschiert Stan Wawrinka auf ATP-Stufe in Rotterdam bis in den Final. «Bluewin» liefert fünf Gründe, warum der Romand in Zukunft auch wieder Turniersiege einfahren wird.

Stan Wawrinka ist zurück – in Rotterdam spielt sich der Romand gegen eine starke Konkurrenz bis in den Final und bestätigt damit die Aufwärtstendenz im neuen Jahr, obwohl er das Endspiel gegen Gael Monfils in drei Sätzen verliert. Es ist Wawrinkas erster Final seit dem French Open 2017, als er mit dem Turniersieg in Genf im Gepäck auch in Paris brillierte und sich in einen Lauf spielte, der erst vom überragenden Sandhasen Rafael Nadal abrupt gestoppt wurde. Anschliessend ging es steil bergab, und Wawrinka musste einen Monat und zwei Erstrundenniederlagen (in Queens und Wimbledon) später die Saison wegen Knieproblemen beenden.

Seither kämpft er um den Anschluss an die absolute Weltspitze und rutschte dabei in der Weltrangliste in unliebsame Regionen. Seit heute Montag ist der Romand zurück in den Top 50 (ATP 41) und lieferte in den vergangenen Wochen dank starken Auftritten genug Argumente, weshalb er schon bald wieder Turniere gewinnt. «Bluewin» nennt fünf davon.


1. Viel Geduld

Mehr als ein halbes Jahr lang fehlte Wawrinka auf der ATP-Tour und musste sein Comeback gleich mehrmals verschieben. In dieser schwierigen Zeit musste er sich zwei komplizierten Knieoperationen unterziehen und begann in vielen Trainingsbereichen bei Null. Nach seinem ersten Einsatz nach der Zwangspause im Januar 2018 sagte Wawrinka, dass er sich in den letzten Jahren nach einem Spiel nie so müde gefühlt und noch einen langen Weg vor sich habe. Er sollte Recht behalten, denn bereits einen Monat später musste er dem lädierten Knie erneut eine dreimonatige Pause gönnen und daraufhin bei der erneuten Rückkehr auf die Tour einige frühe und schmerzhafte Niederlagen einstecken. Trotzdem verlor er den Glauben an sich selbst nie und kämpfte sich in der Weltrangliste stetig nach oben – mit viel Durchhaltevermögen.

Die lange Leidenszeit dürfte Wawrinka auch mental gefordert haben.
Die lange Leidenszeit dürfte Wawrinka auch mental gefordert haben.
Bild: Keystone

2. Spielpraxis

Seit seiner zweiten Rückkehr im vergangenen Mai konnte Wawrinka mehr oder weniger durchspielen, hatte keine grossen gesundheitlichen Rückfälle und sammelte regelmässig Spielpraxis. Dass es dabei insbesondere zu Beginn des Comebacks schnelle Niederlagen in frühen Phasen eines Turniers absetzte, war langfristig möglicherweise positiv. So hielten sich die Belastungen für das linke Knie meist in einem akzeptablen Rahmen, und Wawrinka konnte sich jeweils gut auf die neue Turnierwoche vorbereiten. Trotzdem spielte er regelmässig auf Wettkampf-Niveau und gewann mit zunehmender Spielpraxis und einigen Erfolgserlebnissen in umkämpften Spielen auch mehr und mehr die Siegermentalität zurück, um auch gegen absolute Top-Spieler zu bestehen.


3. Die Inspiration

Im «Seuchenjahr» 2017 beendeten mit Andy Murray, Kei Nishikori und Novak Djokovic drei Weggefährten von Wawrinka die Saison nicht. Ein Umstand, der den mit 32 Jahren ebenfalls in ein beachtliches Tennisalter gekommene Waadtländer möglicherweise zweifeln liess. Umso wichtiger war deshalb das phänomenale Comeback und die Rückkehr auf den Tennisthron von Landsmann Federer, der dies mit einer ähnlich langen Absenz und mehr Jahren auf dem Buckel schaffte. Wawrinka meinte damals, dass Federer noch einmal die Nummer 1 geworden ist, gebe ihm Motivation. Es zeige, dass man selbst in höherem Tennisalter noch Einiges erreichen könne.


4. Physische Fitness

Wawrinka gab zu, dass es nach der Operation mehrere Momente gab, in denen er dem Rücktritt nahestand. Ein Hauptgrund, weshalb er sich durchbiss, dürfte der Motivator und Fitnesstrainer Pierre Paganini gewesen sein. «Pierre kennt mich so gut. Er war eine unglaubliche Hilfe und hat dafür gesorgt, dass ich positiv bleibe.» Paganini, der ausser Trainer auch ein enger Freund von Wawrinka ist, führte seinen Schützling nach acht Wochen an Krücken physisch wieder auf ein Top-Niveau. Mittlerweile überzeugt Wawrinkas körperliche Verfassung auch an einem Grand-Slam-Turnier mit Spielen über drei Gewinnsätze.


5. Magnus Norman

Wawrinka hatte 2017 aber nicht nur körperliche Rückschläge zu verkraften. Im Herbst gab sein langjährige Erfolgstrainer Magnus Norman, unter dem er vom guten Spieler zum dreifachen Grand-Slam-Champion avancierte, den Trainerjob aus familiären Gründen überraschend auf. In Abwesenheit des Schweden fand Wawrinka wie erwähnt den Weg zurück nicht, und niemand weiss, ob ihm das auch gelungen wäre, wenn Norman die Arbeit nicht bereits im April 2018 wieder aufgenommen hätte. Aber: Seit Norman wieder in der Wawrinka-Box sitzt, geht es stetig aufwärts.

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