Tennis in Corona-Zeiten: Beim Pro Cup mit den besten Fed-Cup-Spielerinnen der Schweiz in Biel zeigt sich die mögliche neue Realität im Sport. Das gebotene Tennis ist aber sehr ansehnlich.
«Wir sind wieder mal die Musterknaben», sagt René Stammbach und lächelt wahrscheinlich unter der Schutzmaske. So kann man es zumindest erahnen. Der Präsident von Swiss Tennis ist jedenfalls zufrieden. Am Samstag gab es wieder einmal Schweizer Tennis am Fernsehen zu sehen. Beim Pro Cup spielte das komplette Schweizer Fed-Cup-Team in Biel einen Show-Wettkampf vor gut 200 handverlesenen Zuschauern – meist Angehörige und Mitglieder des Davis-Cup- und Fed-Cup-Supporterclubs.
Das Team Rot mit Belinda Bencic, Stefanie Vögele und Martina Hingis sowie Captain Severin Lüthi lag bereits nach den drei Einzeln gegen Jil Teichmann, Viktorija Golubic und Patty Schnyder uneinholbar in Führung. Die Spielerinnen, die sich auf schnelleren Hallenbelägen wohler fühlen, waren auf dem Rebound-Ace-Platz im Vorteil, doch dies war für einmal Nebensache. Schliesslich spielten Teamkolleginnen gegen Teamkolleginnen. Und das noch im ungewohnten Fast-4-Format (zwei Sätze auf vier Games). Und weil auch weniger Linienrichter als auf der Profitour üblich im Einsatz standen, sorgten vermeintliche Fehlentscheide eher für Erheiterung als Irritation. «Jetzt steht es zwei zu zwei», meinte Teichmann nach einem solchen lachend. Am meisten zu kämpfen hatten die Spielerinnen mit den Netz-Aufschlägen, nach denen das Spiel weiter geht.
Die Legenden hatten Spass
Beste Unterhaltung boten nicht zuletzt Martina Hingis und Patty Schnyder im Legenden-Einzel – auch wenn sie die eigene Leistung selber eher kritisch einschätzten. «Es machte grossen Spass, die ehemaligen Kolleginnen und die neue Halle in Biel zu sehen», freute sich Schnyder, die 2007 die letzte Begegnung der beiden langjährigen Top-Ten-Spielerinnen in San Diego für sich entschieden hatte. Diesmal behielt Hingis, die sich auf den NLB-Interclub vorbereitet, im Duell der beiden Mütter die Oberhand. «Phasenweise sah das schon noch wie Weltklassetennis aus», meinte die fünffache Grand-Slam-Siegerin im Einzel schmunzelnd. «Dazwischen funktioniert das, was wir mal konnten und immer noch wollen, aber nicht immer.» Vor allem bei den Stoppbällen und Smashes müssen sie sich gegenüber den aktuellen Spitzenspielerinnen nicht verstecken.
So waren am Ende alle zufrieden. «Es ist mega schön, wieder in der Schweiz zu sein und zu spielen», sagte Bencic, die die Corona-Pause mit ihrem Freund und Fitnesstrainer in der Slowakei verbracht hatte. «Das habe ich mega vermisst. Training und Match kann man einfach nicht vergleichen.»
Swiss Tennis wird der Anlass trotz einiger Sponsoren einen sechsstelligen Betrag kosten. Dennoch sagt René Stammbach: «Der Anlass ist ein voller Erfolg. Alle Fed-Cup-Spielerinnen, die zugesagt haben, sind auch da.» Grossen Wert legten die Veranstalter auf die Befolgung des Covid-19-Konzepts. Sobald jemand nicht auf seinem Platz sass, galt eine Maskenpflicht, die auch offensiv eingefordert wurde. Und selbst die Spielerinnen, die gerade nicht im Einsatz standen, hielten sich diszipliniert daran, einen Sitz dazwischen freizuhalten. Sogar enge Bekannte wie Bencics Vater und ihr Freund hielten die geforderte Distanz. Tennis ist zurück, Normalität ist aber noch keine eingekehrt.
Am Sonntag spielen noch die Davis-Cup-Spieler nach gleichem Format. Ab 3. August soll auch die WTA Tour wieder losgehen, noch bleiben aber viele Fragen offen.