Ex-Coach Annacone «Roger hat neue Wege finden müssen, um gegen Nadal zu bestehen»

Syl Battistuzzi

28.11.2024

Paul Annacone und sein früherer Schützling Roger Federer.
Paul Annacone und sein früherer Schützling Roger Federer.
KEYSTONE

Paul Annacone gehört zu den renommiertesten Trainern auf der Tennis-Tour. Der US-Amerikaner betreute unter anderem auch die beiden Schweizer Roger Federer und Stan Wawrinka. Kürzlich war er Gast bei «Tennis Channel».

Syl Battistuzzi

Als Spieler schaffte es Paul Annacone Mitte der 80er Jahre auf Platz 12 der Weltrangliste. Eine grössere Karriere machte der US-Amerikaner als Trainer. So betreute er Pete Sampras (1995–2002) und Tim Henman (2003–2007), ehe er 2010 Roger Federer trainierte. 2013 trennten sich die Wege der beiden. 2017 engagierte ihn Stan Wawrinka. Seit 2018 gehört er zum Betreuerstab von Taylor Fritz, der es dieses Jahr bis ins Endspiel der ATP Finals schaffte, dort aber der Weltnummer 1 Jannik Sinner unterlag.

Annacone zollt dem Italiener im Podcast bei «Tennis Channel» Tribut und macht drei Gründe aus, bei denen sich der 23-Jährige gesteigert hat: «Sinner kommt nun viel besser aus den Ecken heraus – er ist inzwischen ein sehr offensiver Verteidiger, was er früher nicht war. Jetzt verteidigt er mehr wie Novak (Djokovic). Sein zweiter Aufschlag ist nun eine grosse Waffe, seine Erfolgsquote ist die beste auf der Tour. Früher konnte man ihn da attackieren. Ausserdem hat er keine Angst mehr, die Punkte am Netz abzuschliessen.»

Annacone kritisert Weltrangliste

Carlos Alcaraz ist der zweite Spieler auf der Tour, der dieses Jahr zwei Grand-Slam-Triumphe einheimsen konnte. «Es braucht grosse Spieler, um sich gegenseitig zu pushen. Alcaraz ist derzeit nicht so beständig wie Sinner, aber er hat ihn schon besiegt (...), also weiss, was er in wichtigen Momenten tun muss, sonst hätte er auch nicht vier Majors vorzuweisen.»

In der Weltrangliste ist der Spanier aber nicht der erste Verfolger von Sinner, sondern Alexander Zverev. Der Deutsche habe zwar «unglaubliches Tennis» gespielt und Punkte würden nicht lügen, so der 61-Jährige. «Aber ein anderer hat zwei Grand Slams gewonnen – und ist nicht mal die Nummer zwei in der Welt.» Sein Fazit: «Da ist ein Fehler im System.»

Ein Thema im Podcast ist auch das Vermächtnis von Sand-König Rafael Nadal. Annacone musste als Trainer von Federer herausfinden, wie man den Spanier besiegen kann. In seiner Funktion habe er es genossen, gegen den vielleicht besten Wettkämpfer aller Zeiten eine Lösung für das Problem zu finden, beschreibt er die Situation. «Grossartige Athleten mögen Herausforderungen, sie sehen es nicht als einen Nachteil, sondern sehen es als Ansporn an», glaubt Annacone. «Roger hat neue Wege finden müssen, um gegen Nadal zu bestehen.» Und Nadal habe später das Gleiche tun müssen, um gegen Novak zu gewinnen. Das Resultat: «20 Jahre Brillianz» im Tennis.