Erstmals seit 2019 wird an den Swiss Indoors in Basel, dem wichtigsten und grössten alljährlichen Schweizer Sport-Event, wieder aufgeschlagen.
Die Nach-Roger-Federer-Ära ist eingeläutet. Turnierdirektor Roger Brennwald spricht von einem Sprungbrett in die Zukunft.
Eigentlich hätte das Turnier diese Woche nochmals im Zeichen von Roger Federer stehen sollen. Die Basler Gallionsfigur zeigte dem Turnier beim Abschied aber die kalte Schulter. Zelebriert wurde am Laver Cup in London; an den Swiss Indoors sieht sich Federer mental noch nicht bereit für eine Schweizer Verabschiedung. Brennwald räumt ein, dass das Turnier bei Roger Federers Rücktritt «auf dem falschen Fuss» erwischt worden ist. So ganz überraschend kam das aber nicht.
Dennoch nützt Brennwald den Moment für Würdigungen. Es fällt kein schlechtes Wort. «Demut nicht Wehmut» sei angesagt. Schliesslich profitierten die Swiss Indoors mit ihrem 18-Millionen-Budget während eines Vierteljahrhunderts extrem von der Marke «RF». Federer bescherte dem Turnier in den besten Jahren Reingewinne in der Höhe von mehr als 5 Millionen Franken. Zuletzt aber, wegen der Turnierausfälle 2020 und 2021 (Corona-Pandemie), schrieb das Turnier zweimal Betriebsverluste von rund zwei Millionen Franken.
Das Comeback der Swiss Indoors in dieser Woche – das Revival – soll wieder eine gesunde Zukunft lancieren. «Eine neue Ära wird diese Woche eingeläutet», so Roger Brennwald, «die neue Spielergeneration ist auf dem Vormarsch.»
Schon vor zehn Jahren
Diese neue Ära wollte Brennwald schon vor zehn Jahren einleiten. Der 71-jährige Basler erkannte früh die Gefahr, das Turnier zu sehr auf die einheimische Gallionsfigur zu fokussieren. In den 70er-Jahren sorgte Björn «Iceborg» Borg für die erste Tennis-Hysterie in Basel. Später begeisterten John McEnroe, Andre Agassi, Stefan Edberg, Pete Sampras oder Yannick Noah die Massen. In den letzten Jahren wollten die Zuschauer in der St. Jakobshalle aber nur noch Roger Federer sehen.
Das Turnier unterstützte diesen Volkswillen, in dem es in den besten Federer-Jahren beim Startgeld für die Konkurrenz sparte, so dass in den 2000er-Jahren die Breite des Feldes nicht annähernd so stark war wie diesmal. Später wollten die Swiss Indoors dann bei Federer Startgeld sparen, um die Zuschauer auch auf die anderen Grössen (wie Nadal und Djokovic) zu sensibilisieren.
Das war vor zehn Jahren, als niemand ahnte, dass Federer bis 41 spielen würde und noch weitere drei Grand-Slam-Titel holen würde. Fünf der letzten sechs Swiss-Indoors-Turniere gewann Federer. Jetzt aber stehen gezwungenermassen wieder die internationalen Stars im Fokus. Hätte nicht Rafael Nadal in den letzten Wochen noch den zweiten Weltranglistenplatz zurückerobert und Casper Ruud auf Platz Nummer 3 zurückgedrängt, die Swiss Indoors hätten wie 1998 und 1999 die Nummern 1 (Carlos Alcaraz) und 2 am Start gehabt.
Standortfrage
Trotz der Euphorie über die grandiose Klasse des aktuellen Teilnehmerfeldes, ziehen am Horizont auch Wolken auf. Der Vertrag des Turniers mit der St. Jakobshalle läuft noch bis und mit 2023. Brennwald droht, diesen Kontrakt zu den aktuellen Bedingungen nicht mehr verlängern zu wollen. Wie die allermeisten Sport-Events und -Spitzenklubs haben auch die Swiss Indoors ein angespanntes Verhältnis zur Stadt Basel und ihrer rot-grünen Regierung. Die Miete der Halle kostet das Turnier rund 700'000 Franken. Und die vor vier Jahren fertig-sanierte und modernisierte St. Jakobshalle löste die Probleme der Swiss Indoors nicht. Der Aufbau der Tribünen kostet alljährlich weitere rund zwei Millionen Franken. In diesem Sommer kamen mit zwei Kantonen (Basel-Stadt und Basel-Land) Diskussionen um Fluchtwege auf – mit der Folge, dass das Turnier die Kapazität um 480 Sitzplätze reduzieren musste.
Für 2024 holten die Swiss Indoors Alternativ-Offerten ein. In Frage kommen noch in Genf der Palexpo und die Zuger Eishalle. Ein Umzug nach Genf wäre wirtschaftlich lukrativ, aber schwierig zu vollziehen, weil Genf bereits ein ATP-Turnier beherbergt und die Tour eine Konkurrenzierung dieses mittlerweile starken Sand-Events (mit der Tiriac-Gruppe im Rücken) kaum genehmigen würde. So stehen in der Standort-Diskussion vorerst nur Drohungen im Raum. Roger Brennwald stellte im Interview mit der Basler Zeitung klar: «Wir setzen alles daran, das Turnier in unserer Stadt Basel fortzuführen. Wir wollen das Turnier auf dem bisherigen Niveau halten und weiterführen.»
sda