Djokovic plaudert aus dem Nähkästchen «War mental stärker als Federer» – «Nadals Verhalten hat mich angepisst»

Tobias Benz

12.12.2023

Roger Federer gratuliert Novak Djokovic zum Gewinn des Wimbledon-Titels nach einem spektakulären Finalspiel im Jahr 2019.
Roger Federer gratuliert Novak Djokovic zum Gewinn des Wimbledon-Titels nach einem spektakulären Finalspiel im Jahr 2019.
Bild: KEYSTONE

In einem ausführlichen Interview mit dem US-amerikanischen TV-Sender CBS spricht Novak Djokovic über den Wimbledon-Final 2019 gegen Roger Federer, verrät seine Tricks bei Psychospielchen und erklärt seinen Standpunkt in der Impf-Debatte.

Tobias Benz

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Novak Djokovic glaubt, dass er den historischen Wimbledon-Final gegen Roger Federer 2019 deshalb gewinnen konnte, weil er «mental stärker» als der Schweizer gewesen sei. Das erzählt der Serbe in einem Interview mit CBS.
  • Djokovic verrät auch, dass er sich zu Beginn seiner Karriere über das Verhalten von Rafael Nadal vor einer Partie aufregte.
  • Für den 24-fachen Grand-Slam-Sieger haben Psychospielchen mit dem Gegenüber einen entscheidenden Einfluss auf ein Match im Tennis. Anhand des Verhaltens seines Gegners liest der 36-Jährige viel für sein Spiel ab.
  • Djokovic nimmt auch Stellung zur Impfthematik rund um das Australian Open 2022. Seiner Meinung nach soll jeder selber entscheiden dürfen, ob er sich impfen lassen will oder nicht.

Im Finale von Wimbledon 2019 sticht Novak Djokovic mitten ins Schweizer Herz und besiegt Roger Federer nach fast fünf Stunden mit 7:6, 1:6, 7:6, 4:6 und 13:12. Es ist die wohl bitterste Niederlage in der Karriere der Maestros, der zwei Matchbälle vergab. Nun verrät der Serbe in einem ausführlichen Interview mit dem US-amerikanischen TV-Sender CBS, was er glaubt, sei der Grund für seinen Triumph gewesen.

«Ich habe alle meine Sätze im Tiebreak gewonnen. Wenn man die Statistiken anschaut, war er klar der bessere Spieler. In allen Aspekten», gesteht Djokovic im Rückblick auf das historische Tennis-Match. «Aber ich habe das Spiel gewonnen, weil ich genau dann am besten gespielt habe, wenn es darauf angekommen ist.»

Mental stärker als Federer?

Grund dafür sei der mentale Aspekt seines Spiels gewesen. «2019 im Finale von Wimbledon war ich mental stärker als Roger Federer», so der Serbe. Es sei eine Eigenschaft, für die er hart gearbeitet habe. «Mentale Stärke ist kein Geschenk. Es kommt mit Arbeit. Ich komme vielleicht ruhig rüber, aber in mir drin ist ein Sturm. Der grösste Kampf ist in einem drin. Ich habe meine Zweifel und Ängste, die ich in jedem Spiel spüre.»

Nebst mentaler Stärke können auch die Psychospielchen mit dem Gegner entscheidenden Einfluss auf eine Partie haben, erklärt Djokovic und verrät einige seiner Tricks: «Es gibt keinen körperlichen Kontakt im Tennis. Aber es gibt viel Augenkontakt, wenn man die Seite wechselt, oder wenn man auf der Bank sitzt.»

So analysiere er beispielsweise seine Gegner, wenn deren Gesicht während eines Matches auf einem Bildschirm zu sehen sei. «Ich schaue dann: Wie trinkt er das Wasser? Schwitzt er mehr als sonst? Wie atmet er? Wie kommuniziert er mit seinem Team? Alle diese Elemente haben einen grossen Einfluss auf das Spiel.»

Novak Djokovic versucht während Tennis-Matches in den Kopf seiner Gegner vorzudringen.
Novak Djokovic versucht während Tennis-Matches in den Kopf seiner Gegner vorzudringen.
Bild: imago

«Nadals Verhalten hat mich angepisst»

Nebst Roger Federer war und ist auch Rafael Nadal ein grosser Gegner Djokovics. Mit dem Spanier hatte der Serbe vor allem zu Beginn seiner Karriere seine liebe Mühe. «Als ich gegen Rafael Nadal in Roland Garros gespielt habe, hat mich sein Verhalten angepisst. Seine Umkleide war direkt neben mir. Dann macht er diese Sprünge in der Kabine, die er vor Spielen macht und ich höre sogar die Musik, die er vor dem Spiel hört», erinnert sich Djokovic und beichtet: «Das hat mich angepisst und gleichzeitig eingeschüchtert.»

Wenn er sich aufrege, spiele er aber sein bestes Tennis, erklärt der Serbe weiter. «Der Stress ist viel höher, wenn das Publikum gegen dich ist. Für mich war das die meiste Zeit meiner Karriere so. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen und mich in einer solchen Umgebung zu entfalten.»

Djokovic übers Impfen: «Ich bin für Entscheidungsfreiheit»

Mühe hatte Djokovic hingegen während der Covid-Pandemie, als er zum «Bösewicht der Welt» heraufbeschworen wurde, wie er sagt. «Die Welt war gegen mich. Ich war der grosse Bösewicht. Ich kannte das vom Tennisplatz, aber so kannte ich das nicht.»

Der 36-Jährige war im Frühjahr 2022 vor den Australian Open in Melbourne das Visa entzogen worden, weil er nicht gegen Covid-19 geimpft war. Im Nachhinein beschwichtigt der Serbe, der damals auch für das Veranstalten von Partys im Rahmen der von ihm ins Leben gerufenen «Adria Tour» kritisiert wurde.

«Ich war nicht gegen die Impfung. Ich wollte sie einfach nicht für mich selbst», so Djokovic. «Ich bin nicht für oder gegen Impfungen, ich will einfach, dass die Leute selber entscheiden dürfen, ob sie sich impfen lassen oder nicht. Ich stehe für die Entscheidungsfreiheit.»

Einen 13-minütigen Ausschnitt des Interviews findest du auf dem YouTube-Kanal von CBS: