Nach einem Jahr Pause spielt Nick Kyrgios erstmals wieder auf der Profi-Tour. Beim Vorbereitungsturnier auf die Australian Open sorgt der Exzentriker gleich wieder für Aufregung.
In der Corona-Zeit scheint Nick Kyrgios sich zum Gutmenschen gewandelt zu haben. Der vermeintliche Bad Boy entpuppt sich während der Pandemie als mahnende Stimme der Vernunft – und als Vorbild. Während andere Tennisstars die Corona-Regeln ignorieren, kritisiert Kyrgios Spieler wie Novak Djokovic oder Alexander Zverev mit scharfen Worten. Gleichzeitig packt der 25-Jährige mit an, bietet sich als «Pöstler» an und liefert Bedürftigen Einkäufe nach Hause.
Auf dem Platz allerdings bleibt Nick Kyrgios ganz der Alte. Bei den Murray River Open spielt der Australier am Mittwoch in Runde zwei gegen Landsmann Harry Bourchier. Im zweiten Satz kommt es zu einer kuriosen Szene: Just in dem Moment, als Kyrgios aufschlagen will, greift Stuhlschiedsrichter Nacho Forcadell ein und spricht eine Verwarnung wegen Zeitspiels aus. Die Shotclock, die den Spielern zwischen den Aufschlägen 25 Sekunden Zeit gibt, war abgelaufen.
Normalerweise nehmen es die Schiedsrichter nicht so streng, wenn ein Profi mal eine oder zwei Sekunden überzieht. Forcadell nimmt es am Dienstag aber ganz genau, was Kyrgios überhaupt nicht verstehen kann. «Ich wollte doch grad aufschlagen und war schon in der Bewegung», beschwert sich der 25-Jährige – und beschliesst kurzerhand, das Spiel zu unterbrechen. «Ich spiele nicht weiter, hol ihn (Anm. d. Red.: den Supervisor) raus», sagt Kyrgios und begibt sich zur Spielerbank.
Kyrgios: «Im Tennis geht es nicht um ihn»
Da versucht die Weltnummer 47, dem Schiedsrichter zu erklären, dass er schon in der Bewegung für den Service war. «Findest du das lustig? Warum machst du das?», fragt Kyrgios und schüttelt den Kopf: «Es ist immer das Gleiche.»
Oberschiedsrichter Cedric Mourier betritt schliesslich den Court und versucht, den australischen Heisssporn zu beruhigen. Kyrgios beschwert sich: «Im Tennis geht es nicht um ihn (Schiedsrichter Forcadell; Anm. d. Red.). Er ist hier, um den ganzen Sch*** reibungslos über die Bühne zu bringen, also warum macht er das?» Der Supervisor hat auch nicht wirklich eine Erklärung für das Handeln des Schiedsrichters und bittet Kyrgios, auf den Platz zurückzugehen und weiterzuspielen.
Der Aussie scheint sich dann endlich beruhigt zu haben, fragt Mourier aber noch, ob er für seine Reaktion bestraft wird. «Nein», lautet die klare Antwort des Oberschiedsrichters. «Ich bleibe hier und werde zuschauen.» Mourier sieht schliesslich, wie Kyrgios sich klar in zwei Sätzen mit 6:2, 7:6 gegen Bourchier durchsetzt und in die Achtelfinals einzieht, wo er am Freitag auf Borna Coric trifft – vorausgesetzt, in Melbourne kann nach einem positiven Corona-Test wieder gespielt werden.