Die Ukrainerin Marta Kostyuk gibt ihrer Gegnerin Viktoria Azarenka aus Weissrussland nach besiegelter Niederlage die Hand nicht und löst damit Diskussionen aus.
Marta Kostyuk bleibt im Duell mit Viktoria Azarenka weitgehend chancenlos und muss sich am Ende deutlich mit 3:6 und 2:6 geschlagen geben. Das Resultat wird aber beinahe zur Nebensache, denn die Ukrainerin verweigert ihrer Bezwingerin am Netz den Handschlag. Kostyuk wirft Azarenka und auch anderen weissrussischen und russischen Profis vor, sich nie öffentlich vom Einmarsch russischer Truppen in ihr Heimatland distanziert zu haben.
Die Differenzen zwischen den beiden werden bereits in der Woche vor dem Turnier in Flushing Meadows deutlich. Azarenka wird vom amerikanischen Tennisverband von einer Wohltätigkeitsveranstaltung, bei der Spenden für humanitäre Zwecke in der Ukraine gesammelt werden, ausgeschlossen. Kostyuk stört sich daran, dass Azarenka überhaupt teilnehmen will und übt deshalb Kritik an ihrer Berufskollegin.
Mit dem verweigerten Handshake nach dem Aufeinandertreffen in Flushing Meadows will Kostyuk ihre Abneigung zum Ausdruck bringen. «Ich glaube einfach nicht, dass es das Richtige ist in der Situation, in der ich mich befinde», erklärt sich die 20-Jährige später. «Es war einfach meine Entscheidung. Ich kenne keine einzige Person (aus Weissrussland), die den Krieg und die Handlungen der Regierung öffentlich verurteilt hat. Das kann ich nicht unterstützen.»
Azarenka: «Ich spiele keine politischen Spiele»
Sie respektiere Azarenka als Sportlerin. «Aber das hat nichts mit ihr als Mensch zu tun», sagt Kostyuk. Ausserdem wirft sie Azarenka vor, dass die Weissrussin in ihrer Rolle als Mitglied des WTA-Spielerrats nicht genug für die Unterstützung der Ukraine getan habe.
Azarenka soll eine führende Kraft gewesen sein, als man sich bei der WTA für die Abschaffung der Weltranglistenpunkte für das Turnier in Wimbledon entschied, nachdem weissrussische und russische Spielerinnen von der Veranstaltung ausgeschlossen worden waren.
«Bei allem Respekt, ich glaube nicht, dass sie eine Ahnung hat, was ich im Spielerrat mache, denn sie ist nicht dort», entgegnet Azarenka an der Pressekonferenz auf die Vorwürfe angesprochen. «Ich sehe sie als Tennisspielerin, als eine Kollegin. Ich weiss, dass sie viele schwierige Situationen durchmacht. Es ist nicht leicht, damit umzugehen.»
Azarenka verteidigt sich: «Ich spiele keine politischen Spiele. Ich spiele keine Medienspiele. Dafür bin ich nicht hier.» Die dreifache Grand-Slam-Siegerin zeigt sich offen für Gespräche, sagt aber auch: «Es ist wie es ist. Ich mache einfach weiter. Ich kann niemanden dazu zwingen, mir die Hand zu geben. Das ist ihre Entscheidung.» Und weiter: «Aus meiner Sicht würde ich mir wünschen, dass sie jemanden hat, der sie ein bisschen besser durch diese schwierige Zeit führt.»
Swiatek und Wilander äussern sich
Der verweigerte Handschlag löst Diskussionen aus. Iga Swiatek, aktuelle Weltnummer 1, sagt an ihrer Pressekonferenz: «Ich denke, es ist bereits zu spät. Mittlerweile ist die Situation ziemlich verkorkst.» Die Polin hatte sich erhofft, dass die ATP und die WTA etwas unternommen hätten, als der Krieg in der Ukraine begann und die Spannungen in den Umkleidekabinen spürbar waren. «Das wäre der beste Zeitpunkt gewesen.»
Swiatek will die beiden Tennisverbände aber nicht für die Spannungen auf der Tour verantwortlich machen. «Es ist leicht zu sagen, dass es vielleicht an Führung mangelte. Aber damals wusste ich auch nicht, was ich tun sollte», ergänzt die 21-Jährige. «Es liegt an den Spielern und ihren persönlichen Beziehungen, wie man damit umgeht und wie man miteinander kommuniziert.» Auch Eurosport-Experte Mats Wilander äussert sich: «Es zu einer persönlichen Angelegenheit zu machen, halte ich für sehr gefährlich.»