Fünf GründeDeshalb ist Djokovics Comeback ein Segen für den Sport
René Weder
14.7.2018
Novak Djokovic steht wieder da, wo er hingehört: Im Endspiel eines Grand-Slam-Finals. Fünf Gründe, weshalb das eine grandiose Sache ist.
1. They never come back – yes they do
Die Liste missglückter Comeback-Versuche ist lang – «They never come back» lautet ein ungeschriebenes Gesetz, das nur wenige brechen. Oft scheitern ehemalige Dominatoren einer Sportart beim Versuch zurückzukehren und erneut dem Sport den Stempel aufzudrücken. Egal ob sie von einer schweren Verletzung, einem Motivationstief oder den Rücktritt vom Rücktritt geben: Nur Wenige – die ganz Grossen eben – trotzen dem Widerstand, den sie von allen Seiten erfahren. Bei Djokovic war – wie bei Federer – sicher auch die Verlockung da aufzuhören. Er hatte alles gewonnen und die Familie hätte es ihm bestimmt auch nicht verübelt, hätte er sich von der Bühne verabschiedet. Was es bedeutet, aus einem Tief zurückzukehren und den Glauben an den Erfolg nicht zu verlieren, zeichnet nur die Grössten aus. Djokovic ist einer von ihnen. Hut ab!
2. Die Rivalität lebt!
Der umkämpfte Sieg von Djokovic gegen einen starken Nadal zeigt auch: Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern, bis die Ära Federer / Nadal / Djokovic von den jungen Wilden wie Thiem, Nishikori oder Zverev abgelöst wird. Auch wenn sie, ebenso wie etwa Del Potro, Goffin oder Coric nicht mehr ganz so jung sind: Für den Sport sind diese Rivalitäten der «Oldies» ein Segen. Man braucht sich nur das Interesse in den Stadien und an den erwähnten Spielern anzuschauen. Alle sind froh, wenn es mit den «Big Four» – vielleicht kehrt ja auch Murray zurück – noch eine Weile weitergeht. Nichtzuletzt die Vermarkter der ATP- und Grand-Slam-Turniere.
3. Sympathie-Punkte für den «Geduldeten»
Djokovic konnte in der Vergangenheit tun und lassen, was er wollte. Nie erreichte er trotz des sportlichen Erfolgs die Relevanz auf der Beliebtheitsskala eines Federers oder eines Nadals. Er verteilte Herzchen nach einem Sieg oder Schokolade an Journalisten auf Pressekonferenzen. Doch das stand jeweils in krassem Gegensatz zu den gezeigten Emotionen auf dem Court. Wie etwa heute, als er nach einem der zahlreichen versemmelten Breakpunkte sein Racket mehrfach auf seinen Schuh hämmerte. Das wirkt echt – und Echtheit gewinnt. Auch in der Gunst der Zuschauer. Die Herzchen kann sich Djokovic eigentlich sparen – solange er die Fairness, die er immer hatte, beibehält.
4. Ab ins Pfefferland, Imaz!
Am Ursprung von Djokovics Tief stand für viele die steigende Einflussnahme von «Wunderheiler» Pepe Imaz – und die Trennung von Langzeit-Coach Marián Vajda. Ein Yoga-Guru mit zweifelhafter Ausstrahlung und fragwürdigem Renommee sollte Djokovic an der Spitze halten – ein Himmelfahrtskommando! In diesem Wimbledon-Jahr hat man Imaz nicht in Djokovics Box gesehen. Da wirkte er ohnehin immer wie ein Fremdkörper. Nun wird der Serbe wieder von seiner Frau und Coach Vajda, mit dem er neben Boris Becker seine grössten Triumphe feierte, angefeuert. Solche Storys liefern die Emotionen, nach denen die Fans lechzen. Und die Leute aus dem nächsten Umfeld geben «Nole» nach all den gesundheitlichen Rückschlägen und dem mentalen Loch wieder die Stütze, die er braucht, um Tennis auf Weltklasse-Niveau spielen zu können.
5. Motivationsspritze für alle, die hart arbeiten
Gewiss: Die Verletzung von Djokovic am Ellenbogen lässt sich kaum mit beispielsweise Wawrinkas Knie-Operationen vergleichen. Und dennoch ist das Comeback ein Signal an alle, die mit Rückschlägen zu kämpfen haben. Nur wer diese Philosophie verinnerlicht, wird es schaffen, wieder zurückzukehren. Es ist das tättowierte Zitat auf Wawrinkas Unterarm – und trifft heute auch auf die Leistung von Novak Djokovic zu, der erstmals seit den US Open 2016 wieder in einem Grand-Slam-Endspiel steht: «Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Versuch es wieder. Scheitere wieder. Scheitere besser.»
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