Die Schweiz dominiert den Ski-Zirkus fast schon nach Belieben. Im Weltcup und auch an der Weltmeisterschaft kommen die Fahrer*innen von Swiss-Ski kaum aus dem Feiern heraus. Bernhard Russi weiss, woran das liegt.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Im Ski-Zirkus dominieren die Fahrerinnen und Fahrer von Swiss-Ski schon seit einigen Jahren.
- Bernhard Russi warnt, dass man nicht meinen sollte, dass es immer so bleibt.
- Der ehemalige Ski-Star erklärt, warum die Schweiz derzeit so erfolgreich ist: «Es scheint so, als wären wir eine Einheit.»
Bernhard Russi, ist der Schweizer Ski-Sport auf einem Allzeithoch?
Bernhard Russi: Aufgrund der Resultate müsste man das fast sagen. Das ist schon einmalig. Allzeithoch ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Wir müssen aber auch zurückblicken auf die 87-er Jahre mit Zurbriggen und Kompanie. Das war auch eine gewaltige Armada. Nicht nur bei den Herren, sondern auch bei den Frauen. Man muss immer aufpassen, wenn man von Allzeithoch spricht, das hängt immer auch sehr davon ab, wie stark die Gegner gerade sind. Und es scheint schon so, als wäre Österreich im Moment – sagen wir in den letzten zwei Jahren – ein wenig in einer Krise. Aber man darf nicht meinen, dass es immer so bleibt.
Hat Österreich konkret etwas falsch gemacht, dass sie jetzt in einer Krise sind?
Falsch nicht, aber es ist oft so, dass wenn du solche Überflieger hast, wie zum Beispiel Marcel Hirscher, dann blockiert das ein wenig den Weg für die jüngeren Fahrer, das ist automatisch so. Ich weiss nicht, wo genau das Problem liegt, ich denke aber, es ist weniger ein Problem der Österreicher, sondern viel eher die Tatsache, dass in der Schweiz super gearbeitet wird.
Was hat Swiss-Ski denn gemacht, um sich von der Konkurrenz so abzuheben?
Swiss-Ski hat unter der Leitung von Urs Lehmann – der halt einfach alles mitbringt, sowohl das sportliche, als auch das wirtschaftliche – geschafft, dieses Team zu bilden und alles richtig zu organisieren. Zudem hat man aus den Regionen eine Einheit gebildet. Früher hatten wir die Walliser, die Berner Oberländer, die Bündner und die Zentralschweizer. Die waren nicht immer gleicher Meinung, hatten nicht die gleiche Technik. Heute scheint es aber so, als wären wir eine Einheit. Wenn wir hier wieder auf Österreich blicken, das könnte dort ein bisschen ein Problemfall sein. Da hast du die Tiroler und Kärntner und so weiter. Ich glaube, die sind noch ein bisschen differenzierter.
Die Schweiz ist ja auch bekannt für die gute Stimmung im Team …
… und wer macht die Team-Stimmung? Da muss man ein Kompliment an Marco Odermatt schicken. Er hat es verstanden, dieses Team um sich herum zu bilden. Nicht nur um das Team stärker zu machen, sondern auch, um sich selbst stärker zu machen. Er ist ein geerdeter Mensch, einer, der ganz natürlich unterwegs sein will. Er braucht dieses kumpelhafte, kann es selbst auch brauchen und gleichzeitig hat er eine starke Mannschaft um sich herum gebildet.
Er schafft es aber auch, diese Lockerheit zu behalten. Kann sich beim Feiern auch mal gehen lassen.
Ich glaube, das ist ganz entscheidend. Der Spitzensport ist so hart, vor allem wenn du im Speed-Bereich bist. Dann ist es jeden Tag ein Gefälle zwischen unheimlichen Glücksgefühlen, aber auch einem gewissen Respekt, um nicht zu sagen Angst. Die Verletzungsgefahr ist natürlich extrem gross, da brauchst du zwischendurch schon mal einen Moment, bei dem du richtig durchatmen kannst.
Was war für dich bisher der schönste Moment des Schweizer Ski-Winters?
Die WM ganz allgemein, aber für mich persönlich war es die Abfahrt. Es war so gewaltig, das mitzuerleben. Dass ein junger Verrückter auf einer Abfahrt, auf der man zuerst dachte, sie sei leicht, dann jeden Tag schwieriger wurde, gewinnen kann. Dass wir dazu noch eine Bronze-Medaille gewinnen. Aber effektiv der geilste Moment war, als ich die gesamte Mannschaft in der ersten Reihe bei der Siegerehrung gesehen habe. Ob sie geschoren waren oder nicht, ist nicht so wichtig, aber wie sie als Einheit dort unten gestanden sind und wirklich das Team gezeigt haben.