Sofern das Wetter mitspielt, wird von Mittwoch bis Sonntag auf der Lenzerheide die Ski-Saison abgeschlossen. Neun Prüfungen in fünf Tagen stehen auf dem Programm. Das Saisonfinale war schon oft Schauplatz aufsehenerregender Entscheidungen. Wir blicken zurück.
Die Region Lenzerheide hat sich in den vergangenen 40 Jahren mit der Ausrichtung von Ski-Weltcuprennen einen Namen geschaffen. Die Wettbewerbe boten oft spektakulären Sport und waren geprägt von Stürzen, Absagen und persönlichen Dramen. Bei der Premiere in Parpan 1983 siegte Steve Mahre im Slalom. Ein Jahr später aber unterlief dem Amerikaner an gleicher Stätte ein folgenschweres Missgeschick. Er verwechselte seine und die Startnummer seines Zwillingsbruders Phil. Die Jury bemerkte nach dem ersten Lauf den Irrtum. Die beiden Mahres durften zwar zum zweiten Lauf antreten, wurden aber nachträglich disqualifiziert. Dabei hätte Steve Mahre mit Bestzeit eigentlich gewonnen … den Sieg erbte Marc Girardelli.
Ein Rückblick auf weitere unvergessene Lenzerheide-Momente:
2005 – Der Hitchcock-Final
Der erste Weltcupfinal auf der Lenzerheide bot Dramatik pur. Bis zum letzten Tor kämpften Anja Pärson und Janica Kostelic um den Sieg im Gesamtweltcup. Die Schwedin musste sich im abschliessenden Riesenslalom mit Platz 17 begnügen. Dies hätte ins Auge gehen können, denn im Final bekommen nur die 15 besten Punkte. Pärson sicherte sich dennoch die grosse Kristallkugel, weil ihre Herausforderin auf Platz 8 landete. Drei Punkte entschieden zugunsten von Pärson und gegen Kostelic.
Bei den Männern war der Final ähnlich spannend. Bode Miller gewann den Gesamtweltcup, dank seines Siegs im Super-G. Dadurch hielt er die beiden Österreicher Benjamin Reich und Hermann Maier auf Distanz.
Notiz am Rande: Dem Schweizer Team blieb auch beim Saisonfinale das Nachsehen. Es war der erste Winter seit Einführung des Weltcups, bei dem die «Skination Schweiz» keinen einzigen Sieg herausfuhr. Als Konsequenz der sportlichen Misere musste Frauen-Cheftrainerin Marie-Theres Nadig ihren Posten räumen. Männer-Chef Martin Rufener durfte bleiben und führte das Team in der Folge aus der Krise.
2007 – Das Ende einer grossen Karriere
Der zweite Final begann mit einer Schrecksekunde. Bruno Kernen knallte in der Abfahrt mit hohem Tempo in die Fangnetze, beim heftigen Aufprall erlitt er schmerzhafte Schürfungen und Prellungen am ganzen Körper, dazu eine Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch und einen Innenbandriss. Erst bei einer späteren Untersuchung stellten die Ärzte auch noch einen Knorpelschaden im Knie fest. Das war zu viel für den Abfahrts-Weltmeister von 1997. Vier Monate nach dem fatalen Sturz auf der Lenzerheide trat Kernen, gerade 35-jährig geworden, vom Rennsport zurück.
Die Beltrametti-Piste
Der Weltcupfinal in der Lenzerheide ist eng mit Silvano Beltrametti verbunden. Der Bündner aus Valbella zählte Ende der 90er-Jahre zu den grössten Schweizer Ski-Talenten. Am 8. Dezember 2001 stürzte er in der Weltcup-Abfahrt von Val d’Isère mit hoher Geschwindigkeit, die Skis durchtrennten Abweisplane und Sicherheitsnetze. Der 22-jährige Beltrametti prallte heftig auf den mit Steinen durchsetzten Waldboden auf. Er zog sich beim Unfall schwere Rückenmarksverletzungen zu, seither ist er querschnittgelähmt.
Im November 2003 stimmten die Bürger der Gemeinde Vaz/Obervaz, zu der auch die Dörfer Lenzerheide und Valbella gehören, dem Bau einer Weltcup-Piste am Parpaner Rothorn zu. Die Realisierung der «Silvano-Beltrametti-Piste», deren Steilhang ein Gefälle von bis 70 Prozent aufweist, kostete 5,88 Millionen Franken. Mit dem Weltcupfinal 2005 wurde sie eingeweiht. Im Herbst 2007 übernahm Beltrametti das Präsidium des OKs, das er neun Jahre lang ausgeübt hat. Seiner Heimat ist Beltrametti verbunden geblieben. Seit 2008 führt er zusammen mit seiner Frau Edwina das Hotel Tgantieni mitten im Skigebiet.
Die Entscheidungen im Gesamtweltcup fielen erst an den letzten beiden Finaltagen. Mit Siegen im Slalom und Riesenslalom überholte die Tirolerin Nicole Hosp die bis dahin in der Gesamtwertung führende Teamkollegin Marlies Schild. Noch mehr Dramatik herrschte bei den Männern. Mit drei Siegen auf der Lenzerheide (Abfahrt, Super-G, Riesenslalom) sicherte sich Aksel Svindal den Gesamtweltcup. Benjamin Raich blieb – wie seiner Lebenspartnerin und heutigen Ehefrau Marlies Schild – nur der zweite Platz.
2011 – Die zerbrochene Freundschaft
Schlechtes Wetter prägte die Final-Ausgabe 2011, die Hälfte der Rennen musste aus Witterungsgründen abgesagt werden. Nutzniesserin davon war Maria Höfl-Riesch, die als erst dritte Deutsche den Gesamtweltcup gewann. Dies zum Ärger von Lindsey Vonn, die wegen des Ausfalls des abschliessenden Riesenslaloms den Rückstand von drei Punkten nicht mehr wettmachen konnte. Lindsey Vonn zeigte wenig Verständnis für die Absage. Ihr Verhalten führte sogar zum Bruch der Freundschaft der einst «besten Freundinnen» im Weltcup. Vonn gratulierte Maria Höfl-Riesch nicht zum Erfolg und liess Wochen später gar deren Hochzeit aus, zu der sie eingeladen gewesen wäre (es hiess sogar als Trauzeugin).
Bei den Männern krönte der charismatische Kroate Ivica Kostelic seine erfolgreichste Saison mit dem Sieg im Gesamt- und im Slalom-Weltcup. Sehr zur Freude seiner Fans, die ihren «Helden» lange und lautstark feierten.
2013 – Der Allzeit-Rekord
Tina Maze dominierte die Weltcupsaison 2012/13 beinahe nach Belieben. Mit einem Sieg startete sie in die Saison, mit einem Sieg im Riesenslalom auf der Lenzerheide schloss sie ihren brillanten Winter ab. Als erste Slowenin gewann sie den Gesamtweltcup – mit dem noch heute gültigen Rekord-Total von 2414 Punkten. Dazu kamen elf Saison-Siege, der WM-Titel im Super-G und zwei weitere WM-Medaillen. Mehr ist kaum möglich.
Wie zwei Jahre zuvor beeinträchtige auch schlechtes Wetter die Austragung 2013. Die Abfahrten mussten abgesagt werden, ebenso der Frauen-Super-G, nachdem zuvor der Männer-Super-G abgebrochen worden war. Das Wetter störte zumindest den Dominator bei den Männern nicht. Marcel Hirscher holte sich zum zweiten Mal souverän den Gesamt-Weltcup. Einer seiner Herausforderer, Felix Neureuther fand schon damals, Hirscher sei «ein Übermensch». Mit seiner Einschätzung lag Neureuther nicht falsch. Hirscher ist mit acht Erfolgen in Serie der unangefochtene Rekordhalter an Gesamtweltcup-Siegen. Diese Leistung wird so schnell auch nicht mehr übertroffen werden.
2014 – Die Salzburger Premiere
Drei Jahre nach dem «Drama» um die einst «besten Freundinnen» (siehe 2011) standen wieder zwei Freundinnen beim Final im Mittelpunkt: Lara Gut, die zur Freude des zahlreich erschienenen Schweizer Publikums in Abfahrt und Super-G triumphierte, und Anna Fenninger (heute Anna Veith). Die Salzburgerin krönte ihren herausragenden Winter mit dem Gesamtweltcup-Sieg, nachdem sie zuvor in Sotschi schon Olympiasiegerin im Super-G geworden war. Im Gegensatz zu Vonn und Höfl-Riesch freuten sich die Schweizerin und die Österreicherin aber über die jeweiligen Erfolge der anderen. Die freundschaftliche Beziehung der beiden hält bis heute.
Bei den Männern dagegen blieb (fast) alles wie es war: Obschon Marcel Hirscher mit nur vier Punkten Vorsprung auf seinen engsten Verfolger Aksel Svindal auf die Lenzerheide gereist war, setzte sich der Österreicher in der Gesamtwertung erneut durch. 131 Punkte trennten ihn nach der Final-Woche von Svindal. Damit sorgte Hirscher zusammen mit der gleichaltrigen Anna Fenninger für eine historische Premiere: Das Bundesland Salzburg stellte erstmals im gleichen Jahr beide Gesamtweltcupsieger.
Das Restprogramm im Überblick
Wichtig zu wissen: Kann ein Rennen nicht ausgetragen werden, wird es beim Final nicht auf einen anderen Tag verschoben, sondern ersatzlos gestrichen. Was allenfalls zum Nachteil der Schweizer Hoffnungsträger Lara Gut-Behrami und Marco Odermatt werden könnte, denn beide haben noch Chancen auf den Gesamtweltcup-Sieg.
Männer
- Mittwoch, 17. März, 9:30 Uhr: Abfahrt
- Donnerstag, 18. März, 11 Uhr: Super-G
- Freitag, 19. März, 12 Uhr: Nationen Cup
- Samstag, 20. März, 9 und 12 Uhr: Riesenslalom
- Sonntag, 21. März, 10:30 und 13:30 Uhr: Slalom
Frauen
- Mittwoch, 17. März, 11 Uhr: Abfahrt
- Donnerstag, 18. März, 9:30 Uhr: Super-G
- Freitag, 19. März, 12 Uhr: Nationen Cup
- Samstag, 20. März, 10:30 und 13:30 Uhr: Slalom
- Sonntag, 21. März, 9 und 12 Uhr: Riesenslalom