Wüste Autobahn-Schlägereien Hat Italien ein Hooligan-Problem? Diese Bilder sagen ja

Von Martin Abgottspon

9.1.2023

Mehrere Ultras von Roma und Napoli gehen am Sonntagnachmittag aufeinander los.
Mehrere Ultras von Roma und Napoli gehen am Sonntagnachmittag aufeinander los.
Youtube / Corriere della Serra

Mitten im Rückreiseverkehr aus den Weihnachtsferien liefern sich Ultras von Napoli und Roma am Sonntag eine wilde Strassenschlacht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Ob etwas passiert, ist eine andere Frage.

Von Martin Abgottspon

Es sind grausame Bilder, die «Corriere della Serra» am Sonntag auf Youtube veröffentlicht. Zu sehen sind Ultras von Napoli und Roma, die sich auf der Autostrada del Sole niederschlagen und treten. Sie gehen mit Knüppeln aufeinader los, überall liegen Feuerwerkskörper.

Wie Recherchen italienischer Medien aufzeigen, entstand der Schauplatz der Schande nicht rein zufällig. Es war schon fast ein arrangiertes Treffen bei der Autobahn-Raststätte von Badia al Pino. Erst treffen rund 350 neapolitanische Ultras beim Autogrill ein. Die Polizei weiss um die Gefahren, sperrt den Ort umgehend ab und erhöht die Präsenz. Das hindert die römischen Hooligans allerdings nicht, ihre Autos auf dem Pannenstreifen zu parken, um sich in die Schlacht zu begeben.

Sofort fliegen Steine und Sprengkörper. Etliche Gegenstände fliegen auf die Fahrbahn. Zu diesem Zeitpunkt stehen auch viele Familien mit ihrem Auto im Rückreise-Stau aus dem Italien-Urlaub. Nur kurze Zeit später beschliesst die Polizei, auch die Strasse zu sperren. Der Stau wächst auf 13 Kilometer an. Zeitgleich gehen die Prügeleien auf der blockierten Strasse weiter.

Eine nie endende Rivalität

Die Fehde unter den Ultras ist nichts Neues. Seit Napolis Verpflichtung von Diego Maradona mitte der Achtziger-Jahre wuchs die Rivalität zwischen den Gruppierungen. Der Hass gipfelte 2014 als der römische Ultra Daniele de Santis mit fünf Schüssen den Napoli-Fan Ciro Esposito kaltblütig niederstreckte. Dieser war für das Pokalfinale nach Rom gereist und geriet rein zufällig in die Strassenschlacht.

Die Mutter des Opfers setzt sich seither auch politisch für weniger Gewalt rund um den Fussball ein. Vergeblich, wie sie auch jetzt wieder in einem Interview festhält: «Ich bin müde, Appelle zu lancieren, seit neun Jahren mache ich das, und es bringt nichts, den Institutionen ist es egal.»

«Alles Heuchelei»

Die italienischen Medien teilen diese Meinung. Die Staatsanwaltschaft teile zwar jedes Mal mit, wie schnell sie die Ermittlungen aufgenommen haben, passieren tue aber nichts. Zeitgleich empören sich Politiker und Minister. Sie bezeichnen die Ultras als Kriminelle und fordern, dass diese zur Rechenschaft gezogen werden.

«Alles Heuchelei», meint «La Repubblica». «Von den schlimmsten Ultras kennt man die Namen, Nachnamen und Wohnadressen.» Doch der Staat schaue weg, viel zu lange schon. «Für die Ultras ist der Calcio ein Ventil für ihre Brutalität, und viel zu oft kommen sie ungestraft davon.»