An den Paralympics in Paris wollen die Schweizer so erfolgreich sein wie 2021. Dank dem Leichtathletik-Team – aber auch andere wie die Para-Cycling- und Schwimm-Delegation haben Edelmetall zum Ziel.
Am Gare de Lyon im Zentrum von Paris herrscht dieser Tage wieder einmal Hochbetrieb. Gut zwei Wochen nachdem die Olympischen Spiele mit einer spektakulären Abschlussfeier im Stade de France in Saint-Denis zu Ende gegangen sind, reisen Athletinnen und Athleten aus der ganzen Welt in die französische Hauptstadt, um Teil der 17. Paralympischen Spiele zu sein.
Obwohl Paris in diesem Jahr zum dritten Mal nach 1900 und 1924 Veranstaltungsort der Olympischen Spiele war, ist es für den prestigeträchtigsten Sportanlass für Para-Athletinnen und Para-Athleten, der 1960 in Rom erstmals ausgetragen wurde, eine Premiere.
Swiss Paralympic ist mit 27 Athletinnen und Athleten vor Ort, so vielen wie seit 2008 in Peking nicht mehr, als die Delegation sogar 28 Teilnehmende umfasste. Als Erste werden die beiden Badminton-Spielerinnen Ilaria Renggli und Cynthia Mathez ins Geschehen eingreifen. Die 24-jährige Aargauerin Renggli ist eine von neun Athletinnen im Schweizer Team, die erstmals ihr Können auf paralympischer Bühne zeigen kann. Ihre 38-jährige Doppelpartnerin hatte in Tokio ihre Premiere und schaffte es mit der danach zurückgetretenen Karin Suter-Erath auf Rang 4.
Die beiden träumen von einer Medaille, allerdings müssen sie dafür als einziges europäisches Gespann drei asiatische Duos hinter sich lassen. «Es ist eine herausfordernde Auslosung, aber eine Medaille ist nicht unmöglich», sagt Sportchef Andreas Heiniger. Im Einzel stehen die Chancen weniger gut. Mathez (WH1) und Renggli (WH2) treffen in ihren Kategorien unter anderen auf die jeweilige Weltnummer 1.
Erfolgreiches Quartett
Deutlich grösser sind für die Schweiz die Medaillenchancen in der Leichtathletik. Mit Marcel Hug, Manuela Schär, Catherine Debrunner und Elena Kratter ist ein Quartett erneut im Aufgebot, das in Japan zwölf der insgesamt 14 Schweizer Medaillen holte. Swiss Paralympic orientiert sich bei der Zielsetzung dieser Spiele an der Ausbeute von vor drei Jahren. Entsprechend sind auch die Hoffnungen gross, dass die Leichtathletinnen und Leichtathleten in Paris ihre Medaillensammlungen erweitern.
«Dass wir in der Leichtathletik grosse Ambitionen haben, ist kein Geheimnis», sagt Heiniger, ohne sich auf eine Anzahl Medaillen festlegen zu wollen. Der Fakt, dass das erfolgreiche Quartett von Tokio auch im Stade de France am Start stehen wird, gibt ihm Zuversicht dafür, an diese Erfolge anknüpfen zu können.
WM-erprobtes Trio
Eine weitere Sportart, in der Swiss Paralympic sich Medaillenchancen ausrechnet, ist das Para-Cycling. Anders als 2021 in Tokio ist die Schweiz diesmal nicht nur im Handbike am Start, sondern auch auf dem Rennvelo und Dreirad. Und mit Flurina Rigling, Franziska Matile-Dörig und Celine van Till sind im siebenköpfigen Cycling-Kader drei Athletinnen dabei, die in ihren Wettkampfklassen schon mehrere WM-Medaillen gewinnen konnten.
Auch wenn an Paralympics teils Startklassen zusammengelegt werden und die Konkurrenz entsprechend stärker ist, traut Olivia Stoffel dem Cycling-Team durchaus etwas zu: «Eine Medaille liegt sicher drin», sagt die stellvertretende Chef de Mission. «Mindestens eine.»
Debütierendes Duo
Insgesamt werden an den Paralympics zwischen dem 29. August und dem 8. September nicht weniger als 549 Medaillensätze vergeben. Swiss Paralympic ist in neun der 22 Sportarten vertreten, wobei Heiniger und Stoffel auch im Schwimmen Potenzial sehen für einen Platz in den Top 3. Nora Meister holte vor drei Jahren Bronze über 400 m Crawl, aber auch der 20-jährige Leo McCrea, der Jüngste der Delegation, setzt sich über 100 m Brust eine Medaille als Ziel. In Tokio klassierte er sich im 5. Rang.
Und dann gibt es im Schweizer Team mit Carmen Brussig und Claire Ghiringelli zwei Athletinnen, welche dafür sorgen, dass die Schweiz in zwei Sportarten erstmals an Paralympics vertreten ist. Judoka Brussig hat vor ihrem Nationenwechsel für Deutschland einen kompletten paralympischen Medaillensatz gewonnen, die im Süden von Paris wohnhafte Ruderin Ghiringelli kennt die Anlage in Vaire-sur-Marne bestens. Auch der Sportschützin Nicole Häusler trauen Heiniger und Stoffel einen Exploit zu. «Wer weiss, es ist alles möglich», sagt Stoffel. Und Heiniger ergänzt: «Es wäre top, wenn wir die Marke von Tokio egalisieren könnten. Alles andere ist Zugabe.»
sda