Nur zwei Monate vor der WM in Katar brennt bei Weltmeister Frankreich mal wieder der Baum. Von Erpressungen ist die Rede, genauso wie von Sex-Affären und Waffen.
Bei der WM 2018 stieg Didier Dechamps mit Frankreich zum Weltmeister-Trainer auf. Er war mit der Grande Nation auf dem Höhepunkt. Zwar gewann er letztes Jahr auch die Nations League nach einem 2:1-Erfolg über Spanien. Seither vergeht aber kaum ein Tag, an welchem der 53-jährige Coach nicht als Brandlöscher agieren muss.
Dieses Wochenende muss Dechamps für die Nations-League-Spiele gegen Österreich und Dänemark auf mehr als eine halbe Mannschaft verzichten. Lucas Hernández und Kingsley Coman stehen auf der Absenzenliste, genauso wie Presnel Kimpembe, Adrien Rabiot, N'Golo Kanté und Karim Benzema. Zum Teil sind medizinische Gründe dafür verantwortlich, immer öfter geht es aber auch um Affären und Eskapaden, die sich neben dem Platz abspielen und die in den letzten Monaten von den Medien schonungslos aufgedeckt wurden.
Der Fisch stinkt vom Kopf
An der Spitze des ganzen Chaos steht der bereits 80-jährige Verbandspräsident Noël Le Graët, der spätestens seit der Sextape-Affäre um Karim Benzema und Mathieu Valbuena mehr als umstritten ist. Heuchlerisch fordert er weiterhin Benzemas Ausschluss aus der Nationalmannschaft, während er gemäss Berichten von «So Foot» eine Reihe von Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben soll. «Ich stehe auf Blondinen, wenn Sie also wollen ...?», soll in einer Nachricht zu lesen gewesen sein. «Sie sind so gut gebaut, ich hätte Sie gerne in meinem Bett ...», in einer anderen.
Parallel dazu erschien im norwegischen Online-Magazin «Josimar» eine Reportage, wonach im Verband über Jahrzehnte hinweg Fälle von sexuellem Missbrauch und sexueller Belästigung von Nachwuchsspielerinnen und -spielern systematisch vertuscht worden seien. «Josimar» berief sich auf zahlreiche Dokumente, die man habe einsehen können, sowie auf eigene Interviews. In beiden Fällen legte der Verband Anzeige wegen Verleumdung ein.
Der bizarre Erpressungsversuch von Paul Pogba
Während diese Gerichtsverfahren noch auf sich warten lassen, läuft jenes des früheren Nationalspielers Benjamin Mendy schon seit August. Acht Vorwürfe der Vergewaltigung macht die Staatsanwaltschaft im Fall des England-Söldners geltend, sowie eine versuchte Vergewaltigung und ein Vorwurf der sexuellen Belästigung von insgesamt sieben Frauen.
Ebenfalls diesen Sommer sorgte auch noch ein Fall von Paul Pogba für Aufsehen. Nach seinem Wechsel von Manchester United zu Juventus Turin brachte er einen bizarren Erpressungsversuch zur Anzeige. Sein eigener Bruder und eine Gruppe von Jugendfreunden forderten gemäss seinen Aussagen 13 Millionen Euro für «Schutzdienste». Diesen hat Pogba aus Angst zugestimmt.
Pogba gab zu Protokoll, am Rande eines Nationalmannschaftstermins von zwei maskierten Männern, die schusssichere Westen trugen, bedroht worden zu sein – mit Sturmgewehren. Er soll 100'000 Euro in bar übergeben haben – die restlichen Millionen sollten per Kryptowährung überwiesen werden. Dazu kam es aber nicht mehr. Pogba ging zur Polizei, die seinen Bruder und vier weitere Erpresser inzwischen inhaftiert haben.
Wie lange macht Dechamps das noch mit?
Was bis hierhin schon äusserst absonderlich klingt, wird sogar noch verrückter. Die Erpresser machten ihre Drohung wahr, die Öffentlichkeit über ein Treffen von Pogba und einem islamischen Schamanen zu informieren. Pogba soll diesen gebeten haben, Kylian Mbappé mit einem Fluch zu belegen.
Nun wollte es Mbappé natürlich genauer wissen und stellte Pogba zur Rede. Dieser beteuerte aber wie schon bei seinen Aussagen bei der Polizei, dass er den Schamanen nur dafür bezahlt habe, ihn vor Verletzungen zu schützen, was im Übrigen auch nicht sonderlich gut funktioniert hat. Pogba zog sich zuletzt eine Knieverletzung zu. Die Genesung läuft zwar besser als erwartet, die WM könnte für ihn dennoch vom Tisch sein.
Ob Didier Dechamps dies im Endeffekt positiv oder negativ wertet, bleibt ihm überlassen. Immerhin bleibt ihm auch beim Ausfall mehrerer Stars noch immer eine Breite absoluter Top-Spieler. Fussballerisch hat wohl auch dieses Jahr keine National-Elf mehr zu bieten, skandaltechnisch aber auch nicht.