Der saudische Masterplan Was steckt hinter der Transferoffensive Saudi-Arabiens?

tbz

3.8.2023

Saudi Arabien auf Shopping Tour – die grössten Transfers ins Emirat

Saudi Arabien auf Shopping Tour – die grössten Transfers ins Emirat

Saudi Arabien lockt mit dem grossen Geld. Einige Stars sind dem Angebot bereits verfallen.

02.08.2023

Die Saudi Pro League interessiert dich nicht? Hier steht, warum dich der Wüstenstaat vielleicht doch bald dazu bringt, seinen Fussball zu schauen.

tbz

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Immer mehr Top-Spieler wechseln nach Saudi-Arabien. Ob damit die Zuschauerzahlen der Pro League in die Höhe schnellen, wird infrage gestellt.
  • Pep Guardiola und Jürgen Klopp warnen vor dem Einfluss des Wüstenstaats auf den europäischen Fussball. Greifen FIFA und UEFA bald ein?
  • Saudische European Super League? Mit einem geschickten System wie auf der Golf-Tour könnte Saudi-Arabien schon bald den europäischen Fussball kontrollieren und vermarkten.

Karim Benzema, Ngolo Kanté, Jordan Henderson, Fabinho, Sadio Mané. Fünf grosse Namen, fünf grosse Transfers für Saudi-Arabien. Insgesamt sind es bereits 19 Top-Spieler, die sich die Saudi Pro League für den Sommer 2023 gutschreiben lassen darf. Aber was kommt als Nächstes? Lässt sich der konventionelle Fussball-Kontinent Europa seinen Lieblingssport aufgrund mangelnder Starspieler schon bald aus dem Wüstenstaat rüber funken? Völlig unvorstellbar ... oder?

Für ManCity-Coach Pep Guardiola kein Ding der Unmöglichkeit. Im Gegenteil. «Es ist längst keine Gefahr mehr, es ist Realität», sagt der spanische Erfolgscoach in Bezug auf den Einfluss der Saudis im europäischen Fussballgeschäft. Für den 52-Jährigen ist klar: «Sie wollen eine starke Liga aufbauen. Und das können sie schaffen.»

Klopp fordert FIFA zum Handeln auf

Auch bei Liverpool-Trainer Jürgen Klopp schrillen die Alarmglocken. «Wir werden sehen, aber aktuell sieht es so aus, als wäre der Einfluss Saudi-Arabiens massiv.» Vor dem Testspiel am Mittwoch gegen den FC Bayern München warnt der deutsche Taktiker den europäischen Fussball und fordert die Verbände zu Massnahmen auf. «Am schlimmsten ist, dass das Transferfenster in Saudi-Arabien drei Wochen länger geöffnet hat als in Europa. Das hilft nicht. Die UEFA und die FIFA müssen dafür Lösungen finden!»

Karim Benzema gehörte zu den ersten Top-Spielern, die in diesem Sommer nach Saudi-Arabien wechselten.
Karim Benzema gehörte zu den ersten Top-Spielern, die in diesem Sommer nach Saudi-Arabien wechselten.
Bild: Keystone

Klopps Angst ist nicht unbegründet. Mit Jordan Henderson, Roberto Firmino und Fabinho hat Liverpool in diesem Sommer gleich drei Spieler an den Wüstenstaat abtreten müssen. Entscheidungsträger kleinerer Klubs dürften darüber hingegen schmunzeln. Schliesslich ist das Problem der ungleichen Geldverteilung im europäischen Fussball längst nichts Neues, bedient sich die englische Premier League doch seit Jahren bei Top-Vereinen anderer Länder. Das Schema der Briten unterscheidet sich derweil kaum von jenem der Saudis. Es geht um Geld. Nur hat jetzt jemand noch viel mehr davon.

Gemäss der «New York Times» ist Saudi-Arabien bereit, für die Löhne neuer Spieler bis zu einer Milliarde Dollar auszugeben. Bezahlt durch den Public Investment Fund, den Staatsfonds des Landes. Andere Quellen verweisen auf ein gesprochenes Transfer-Budget von rund 17 Milliarden Euro für neue Spieler bis ins Jahr 2030.

Neu in der Saudi Pro League zu finden

  • Karim Benzema (Real Madrid zu Al-Ittihad)
  • N'golo Kanté (Chelsea zu Al-Ittihad)
  • Ruben Neves (Wolverhampton zu Al-Hilal)
  • Kalidou Koulibaly (Chelsea zu Al-Hilal)
  • Edouard Mendy (Chelsea zu Al-Ahli)
  • Marcelo Brozovic (Inter zu Al-Nassr)
  • Jota (Celtic zu Al-Ittihad)
  • Roberto Firmino (Liverpool zu Al-Ahli)
  • Sergej Milinkovic-Savic (Lazio zu Al-Hilal)
  • Seko Fofana (Lens zu Al-Nassr)
  • Alex Telles (Manchester United zu Al-Nassr)
  • Malcom (Zenit zu Al-Hilal)
  • Jordan Henderson (Liverpool zu Al-Ettifaq)
  • Moussa Dembele (Lyon zu Al-Ettifaq)
  • Jack Hendry (Brügge zu Al-Ettifaq)
  • Riyad Mahrez (ManCity zu Al-Ahli)
  • Allan Saint-Maximin (Newcastle zu Al-Ahli)
  • Fabinho (Liverpool zu Al-Ittihad)
  • Sadio Mané (Bayern zu Al-Nassr)

Masterplan Super League?

Doch traut es der Wüstenstaat seiner Liga tatsächlich zu, eine derartige Popularität zu generieren, dass den horrenden Lohn- und Transferkosten zum Trotz dennoch ein Profit erwirtschaftet werden könnte? Diese Frage ist deshalb so schwer zu beantworten, weil nicht einmal gegeben ist, dass Saudi-Arabien mit ihrem ambitiösen Fussballprojekt überhaupt Geld verdienen möchte. Eine plausible Geschäftsidee steht allerdings im Raum.

So könnten die Spieler nur den ersten Teil des saudischen Masterplans darstellen. In einem nächsten Schritt würden dann europäische Vereine angefragt, Teil der Saudi Pro League zu werden, indem sie dort eine Franchise eröffnen. Offenbar soll es bereits solche Angebote gegeben haben. Wie spanische Zeitungen behaupten, wurde beispielsweise der FC Barcelona zu solchen Gesprächen eingeladen – in diesem Fall allerdings von der katarischen Liga.

Auf den ersten Blick erscheint diese Idee nicht viel Sinn zu ergeben, genauer betrachtet könnte die Saudi Pro League mit diesem Schema aber so etwas wie die European Super League werden. Vereine, die Teil der Liga wären, hätten keine Verpflichtung, ihre Spiele in Saudi-Arabien auszutragen, sondern könnten weiterhin in ihren Heimstadien antreten. 

Am täglichen Fussballgeschäft müsste sich möglicherweise gar nicht viel ändern. Einzig die Profite der Liga würden in den Nahen Osten fliessen. Und für wie viel Geld sich eine Liga mit Klubs wie Real Madrid, Juventus Turin und Bayern München vermarkten liesse, ist allgemein bekannt. Gleichzeitig könnte man auch das nationale Image weiter stärken und mit Klubs wie Al-Nassr, Al-Ittihad oder Al-Hilal, die bis dahin exzellente Kader besitzen dürften, gegen die traditionsreichsten Vereine der Welt antreten.

Ein ähnliches System verfolgt Saudi-Arabien aktuell im Golfsport mit LIV Golf, einer Golftour, die mit der PGA Tour und der DP World Tour konkurriert und unter anderem wesentlich höhere Preisgelder bietet.